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Online- versus Präsenz-Unterricht: was dabei jeweils erstmal zu Chaos führte

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Erste Kontakte in der Uni knüpfen oder Leute an der Hochschule wiedersehen: Das geht nach eineinhalb Jahren Corona-bedingtem Online-Unterricht nun wieder.Bild: iStockphoto / Drazen Zigic
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Es geht wieder los: Unis starten durch mit Präsenzunterricht und damit bricht erstmal Chaos aus

27.10.2021, 16:5527.10.2021, 17:31
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"Also, am Campus war ich bislang eigentlich nur, wenn ich mein Semesterticket für den Nahverkehr validiert habe", äußert sich Carlo gegenüber watson. Er ist gebürtiger Baden-Württemberger und seit 3 Jahren in Berlin. Zum Wintersemester 2019/2020 fing er ein Studium an der Berliner Hochschule für Technik (BHT) an. Seine Mitstudierenden hat er bis zur vorletzten Woche noch nie persönlich gesehen.

Mit dieser Situation ist er nicht allein: in ganz Deutschland konnten durch die Corona bedingten Schließungen (angehende) sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Studierende nicht mehr live am Unterricht teilnehmen. An den Hochschulen und Universitäten wurde versucht, die Kurse stattdessen online anzubieten. Nun öffnen sich die Tore und Türen der akademischen Einrichtungen wieder und starten mit Präsenzkursen. Da hierzu noch keine einheitlichen Regelungen vorliegen, löst dies im ersten Moment zum Teil Chaos aus.

Nach Semesterstart steht fest: Räume sind zu klein für die vielen Teilnehmenden

An der TU Berlin gibt es beispielsweise dieses Semester ein Wechselangebot von Präsenz- und Onlinelehre. Für die Seminare vor Ort gilt die 3G-Regel und alle müssen sich mit einer der gängigen Apps registrieren. Allerdings fand die Zuteilung der Räume zur jeweiligen Veranstaltung vor Semesterbeginn statt. Die Anmeldungen für die Kurse folgten dann erst zum Unistart und viele Dozierenden mussten feststellen, dass der zugewiesene Raum die Kapazitäten der Kursteilnehmenden bei Einhaltung der Abstandsregeln nicht gewährleisten kann.

"Clubben ist Corona-konform, aber in einem überfüllten Lehrsaal mit zig anderen Studierenden in Stochastik einzutauchen ist zu riskant."
Lara, 27

"Es hätte vorher eine Limitierung der Plätze geben müssen, denn folglich müssen entweder Studierende aus dem Kurs geworfen werden oder man macht eben doch wieder digitalen Unterricht", so teilt Lara, eine Studentin der Universität, ihre Meinung hierzu mit. Durch die Nachverfolgung in den Apps müssen Lehrende, die mehr Menschen in den Saal lassen als erlaubt, ernsthafte Konsequenzen fürchten. "Für uns Studierende ist das unverständlich", äußert sich Lara.

"Wir alle waren in den letzten Wochen schon in den wiedereröffneten Clubs unterwegs und können deshalb in dieser Regelung nur sinnlose Willkür erkennen. Anscheinend ist es Corona konform, mit hunderten verschwitzten Menschen auf der Tanzfläche diverse Körperflüssigkeiten auszutauschen, aber mit mehr als 25 anderen Studis 90 Minuten in Stochastik einzutauchen, ist zu riskant."
Lara, 27, Studentin der TU Berlin

Bereits vor dem neuen Semesterstart zum Wintersemester 2021/22 wurden den Semesterferien vorausgehend die Studierenden an einigen Hochschulen und Universitäten zu ihrer Meinung befragt: Wie sollten die Seminare und Vorlesungen nach den Ferien aussehen, wenn die Corona-Bedingungen einen Präsenzunterricht wieder erlauben?

Ob online- oder Präsenz-Unterricht gewünscht wird, hängt ganz von den Dozierenden ab

An den technisch geschulten Universitäten, wie der Technischen Hochschule (BTH) und der Technischen Universität (TU) stellte sich heraus, dass die Umstellung auf digitalen Unterricht während Corona hervorragend funktioniert hat. An Hochschulen wie der Freien Universität Berlin (FU) oder der in Brandenburg liegenden Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) wurden hingegen Studiengänge um ganze Semester bis auf weiteres auf Eis gelegt, weil sich hier ein Umdenken von analog auf digital als schwierig bis hin zu nicht möglich herausstellte.

Deshalb fiel etwa die Umfrage an Studierende des Studienganges "Geoinformatik" an der BTH so aus, dass sich der als gut funktionierend erwiesene online-Unterricht weiterhin gewünscht wurde. An der HNE sind die Studierenden des Faches "Nachhaltige Regionalentwicklung (M.Sc.)" hingegen dankbar, überhaupt wieder Unterricht zu haben. Die Wahl fällt hier eindeutig auf Präsenz, da der Online-Unterricht bei den Studienfächern, bei welchen die Dozierenden technisch nicht geschult waren, einfach gar nicht stattgefunden hatte.

"Ich muss sagen, dass der Online-Unterricht durchaus attraktiv war. Ich konnte vom Bett aus in die Vorlesung starten und hatte keinen langen Anfahrtsweg zur Uni. Wir sind aber eine technische Hochschule, bei der das Umstellen auf Online-Kurse super geklappt hat. Das war an anderen Unis, glaube ich, dann eher ein Problem."
Carlo, 31, Student der TH Berlin

Die Lösung könnte Hybrid-Unterricht heißen

Milan, 33, bestätigt das Problem der Raumbelegung zum Semesterstart. Er berichtet von seinem ersten Vorlesungstag an der Uni, bei dem die Studierenden lange Warteschlangen vor den Sälen erwarteten.

"Als ich ankam, sah ich schon eine lange Schlange im Flur vor dem Raum. Ich fragte mich durch und erfuhr, dass der Raum zu klein für die Menge an Studierenden war. Deswegen wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Nacheinander durften wir mit langer Wartezeit dazwischen die Vorlesung wahrnehmen. Das war schon sehr nervig, weil wir uns ja online in den Kurs eintragen mussten und es damit schon einen groben Überblick gab, wie viele Studierenden zur Veranstaltung kommen werden. Diese Woche entfällt eine Vorlesung, weil der Raum nicht mehr zur Verfügung steht und wir bekommen ständig E-Mails, in denen wir auf Raumänderungen hingewiesen werden. Es macht den Anschein, als wäre die Raumbelegung nicht ordentlich geplant gewesen."
Milan, 33, Student an einer Hochschule in Berlin

Die Lösung für alle Startschwierigkeiten an den Unis und Hochschulen könnte Hybrid-Unterricht heißen. Hybrid bedeutet in diesem Fall, dass Seminar oder Vorlesung im Hörsaal abgehalten und währenddessen mit einer Kamera aufgenommen und online übertragen werden. Damit besteht die Wahl, live vor Ort teilzunehmen, direkt oder auch zeitversetzt online zugeschaltet zu sein. Es entfällt hierbei auch das Problem, dass zu viele Personen live teilnehmen, Räume überfüllt sind und die Maßnahmen bezüglich Corona nicht eingehalten werden könnten. Denn bei gelungener Organisation sollten sich somit die Studierenden gleichmäßig auf die Live- und Online-Teilnahme aufteilen.

Um das Leben zurück in die Hörsäle zu holen, braucht es eine bessere Organisation

Um das Leben zurück in die Lehrsäle zu holen und dabei die Bedingungen Corona-kompatibel zu halten braucht es wohl noch etwas Übung und gezielte Organisation vonseiten der Hochschulen und Universitäten. Abgesehen von den anfänglichen chaotischen Verhältnissen kommt bei einigen Studierenden jedoch auch aufgeregte Freude auf. So auch bei Marie-Sophie, 28, Studierende an der Freien Universität Berlin.

"Mein erstes Semester an der FU Berlin hat noch in Präsenz stattgefunden, ich habe mit Kommilitoninnen gequatscht, in der Mensa gegessen, in der Bibliothek gelernt. Dann folgten drei ernüchternde Digital-Semester, die sich gar nicht wie echtes Studieren angefühlt haben. Dementsprechend aufgeregt war ich vor meinem ersten Tag des neuen Semesters, das endlich wieder in Präsenz angeboten wurde. Über einen QR-Code musste ich mich für den jeweiligen Raum anmelden, unserer Dozentin hatte ich nicht etwa die Hausaufgaben, sondern meinen Impfnachweis vorzulegen und selbst während des Seminars saßen wir uns alle nur mit Maske gegenüber. Im Unterricht fiel mir auf, dass ich das Gesicht meiner Sitznachbarin bereits in einigen Zoom-Veranstaltungen gesehen hatte. Nun konnte ich ihr das erste Mal live „Hallo“ sagen."
Marie-Sophie, 28, Studierende an der FU Berlin
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