Es ist eine Frage, die oft klingt wie ein Vorwurf oder sogar mitleidig: "Warum bist du noch Single?" – Als wäre das Single-Sein ein Mangel, eine vorübergehende Fehlfunktion, die es schnellstmöglich zu beheben gilt. Demnach wäre es auch merkwürdig, wenn man einfach ... glücklich ist? Mit sich selbst, ganz ohne Partner:in?
Michael Nast, was stimmt nicht mit mir, wenn ich als Single glücklich bin?
Alles stimmt mit mir! Wenn man Single ist, scheint viele intensiv zu beschäftigen, warum man eigentlich Single ist. "Wird schon", sagen sie. "Du hast doch noch Zeit", sagen sie. "Du findest bestimmt noch jemanden", sagen sie. Manchmal denke ich, sie nehmen an, dass Singles einsam und unglücklich sein müssen. Ganz tragische Figuren, die sich in einer Übergangsphase auf dem Weg in eine Paarbeziehung befinden. Eigentlich dürften Singles gar nicht glücklich sein.
Aber genau das ist ein Missverständnis, das dazu führt, dass Menschen nur eine Beziehung führen wollen, um eine Beziehung zu führen. Obwohl wir von unzähligen Gegenbeispielen umgeben sind, kultivieren viele ein vorgefertigtes Glück, dessen Zutaten immer noch Ehe, Kind und Eigenheim sind. Ein Glück, bei dem man nur mitmacht, weil alle mitmachen. Das ist die Rechtfertigung. Aber wäre es nicht viel wichtiger, sich zu fragen, was dieses "Glück" eigentlich mit einem selbst zu tun hat? Aber viele fragen sich gar nicht, ob es sie glücklich macht. Sie setzen es voraus.
Pass dich an und du bist glücklich. Es ist dieses Verständnis des Erwachsenseins, das in mir fade Gefühle entstehen lässt. Es ist schon tragisch, was so passieren kann, wenn einem gesagt wird, was einen glücklich machen soll – und man es glaubt.
Wenn man eine Beziehung nur führt, um eine Beziehung zu führen, kann man sich in dieser sehr schnell fremd fühlen. Um dieses Gefühl einzudämmen, kann man in eine neue Wohnung ziehen, ein Haus bauen oder sich neu einrichten, man kann sich in die Arbeit stürzen oder bekommt noch ein Kind. Aber das alles hilft nur vorübergehend.
Irgendwann ist die Fremdheit wieder da. Es geht nicht darum, dass man eine Beziehung führt, es geht darum, wie und warum man sie führt. Weil man nicht mit sich allein sein kann. Weil Freunde und Familie Druck machen. Oder weil man nicht glücklich ist. Alles Gründe, die keine gute Voraussetzung sind, um eine Beziehung einzugehen. Wenn man nicht glücklich ist, dann wird einen eine Beziehung auch nicht glücklich machen.
Ich kenne eine Frau, die nie Single ist. Seitdem ich sie kenne, springt sie von einer Beziehung in die nächste. Ihr Freunde haben mir immer irgendwie Leid getan. Sie erschienen so austauschbar. Der Frau ging es nicht um sie als Menschen, es ging ihr um den Zustand, in einer Beziehung zu sein. Die Männer waren ein Mittel zum Zweck. Die Frau flüchtete sich in Beziehungen, um nicht allein sein zu müssen.
Der erste Schritt ist doch, mit sich allein sein zu können. Als Single mit sich selbst im Reinen zu sein. Denn man kann nur eine gesunde Beziehung zu anderen aufbauen, wenn man eine gesunde Beziehung zu sich selbst hat.
Wenn ich als Single glücklich sein kann, geht es mir nicht mehr um den Zustand, in einer Beziehung zu sein, dann geht es mir um den Menschen.
"Warum bist du eigentlich Single?" Wenn mir wieder mal die Frage gestellt wird, beantworte ich sie mit einer Gegenfrage. "Warum bist du eigentlich in einer Beziehung?" Die Frage wird viele kalt erwischen, darum kann ihre Antwort sehr aufschlussreich sein.
Probierts doch mal aus.
Was denkst du dazu? Siehst du es anders als Michael Nast oder stimmst du ihm zu?
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