Die Ernährung hat einen enormen Einfluss auf unsere Gesundheit. Das ist kein Geheimnis, sondern wissenschaftlicher Konsens. Immer mehr Menschen in Deutschland achten darauf, sich gesund zu ernähren. Dies zeigen aktuelle Statistiken und Umfragen. Dabei spielt das Einkommen offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Die Zahl derer, die bewusst und regional einkaufen, nimmt demnach ebenfalls zu.
Den Gesundheitstrend in Sachen Ernährung machen sich Lebensmittelhersteller gerne zunutze, um ihre Produkte zu bewerben. Ob Protein-Puddings oder Eiweiß-Brot: In den Supermarkt-Regalen finden sich zahlreiche Artikel, die durch einen hohen Anteil von Proteinen vermarktet werden. Doch ein Report von foodwatch zeigt: Oft verstecken sich dreiste Marketing-Lügen hinter der Bewerbung von Protein-Produkten. Die Verbraucherorganisation nennt einige Fälle gar "dreiste Abzocke".
Der hohe Anteil von Proteinen in verarbeiteten Produkten soll besonders für Sportler:innen gesund sein, so häufig das Marketing-Argument der Unternehmen. In der Tat liegt der Bedarf bei Menschen, die viel Sport betreiben, etwas höher. Allerdings gibt es bei Protein-Produkten einen Haken, wie ein Marktcheck von foodwatch zeigt.
Demnach sind die Produkte, die mit ihrem hohen Protein-Anteil werben, oft deutlich teurer als Vergleichsprodukte. Gleichzeitig sind sie aber häufig auch völlig unnötig. Die Verbraucherorganisation kritisiert diese Form des Marketings scharf. Denn: Auch ungesunde und hoch verarbeitete Produkte werden künstlich mit Proteinen angereichert, dadurch aber nicht gesünder. "Die Lebensmittelindustrie nutzt den Fitness-Trend aus und dreht Verbraucher:innen nutzlose und völlig überteuerte Protein-Produkte an", kritisiert Laura Knauf von foodwatch.
Eine Marketing-Strategie, die also besonders sportlichen und gesundheitsbewussten Menschen falsche Versprechen gibt und ihnen das Geld aus der Tasche zieht. Knauf sagt dazu:
Foodwatch hat mehrere Produkte miteinander verglichen. Negativ aufgefallen ist etwa das "Seitenbacher Protein Müsli". Es ist 86 Prozent teurer als das Fitness-Müsli des gleichen Herstellers. Das Eiweiß-Brot von Mestemacher kostet 145 Prozent mehr als ein vergleichbares Brot. Dreimal so viel kostet der "High Protein Vanille Pudding" von Dr. Oetker. Verbraucher:innen müssen hier sogar 224 Prozent mehr bezahlen als für einen herkömmlichen Pudding des Konzerns.
Um ihre Produkte mit einem höheren Proteingehalt bewerben zu können, legen die Hersteller teils eine dreiste Praxis an den Tag. Laut foodwatch setzen sie etwa bei Milchprodukten ein billiges Abfallprodukt aus der Käseherstellung ein: Molkeneiweiß. Und obwohl der Rohstoff billig ist, treiben die Unternehmen die Preise der Produkte in die Höhe, wie Knauf kritisiert: "Der Protein-Hype ist eine Gelddruckmaschine für Lebensmittelhersteller: Durch den Zusatz von billigem Eiweißpulver lässt sich der Pudding für den dreifachen Preis verkaufen."
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine tägliche Proteinzufuhr von 0,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht. Sportler:innen müssen tatsächlich mehr Proteine zu sich nehmen als jemand, der sich wenig bewegt. Das bestätigt auch Ingo Froböse, Sportwissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln, gegenüber foodwatch: "Der Proteinbedarf von Hobby- und Ausdauersportler:innen liegt bei rund 1 bis 1,2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, bei Kraftsportler:innen bei rund 2 Gramm."
Aber: Ein breites Spektrum natürlicher Lebensmittel ohne Zusatzstoffe sei die beste Wahl, um den körpereigenen Proteinbedarf zu decken. Er sagt: "Um unsere Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern, spielt die Qualität unserer Lebensmittel eine große Rolle: je natürlicher, desto besser."
Als Beispiel nennt er Hülsenfrüchte, die etwa einen Proteingehalt von 30 Prozent aufweisen. Mit einer ausgewogenen Ernährung könne man dem Organismus alles bieten, was er braucht – sowohl beim Sport als auch im Alltag. Auch in Nüssen, Fisch, Fleisch und Milchprodukten finden sich Proteine. Laut der Nationalen Verzehrstudie II im Auftrag des Bundesernährungsministeriums konsumieren Menschen in Deutschland eher zu viel Protein als zu wenig.