Wer in der Hauptstadt urlaubt, bringt seiner Familie gerne mal eine Flasche des klaren Pfefferminzlikörs mit. In der Klubszene Berlins und darüber hinaus genießt Berliner Luft so etwas wie Kultstatus. Der Geschmack erinnert an eine Mundspülung, erfrischt damit nicht nur den Atem, sondern hält auch den Pegel.
Das Marketing hinter dem hochprozentigen Kult-Getränk hat bisher offenbar gut funktioniert. Sechs Millionen Flaschen und ein Jahresumsatz von 25 Millionen Euro erzielte das Unternehmen laut eigenen Angaben im vergangenen Jahr. Wegen seines vergleichsweise milden Geschmacks sind die meisten "Luft-Trinker" unter 30. Immer wieder lässt sich der Hersteller Schilkin etwas Neues einfallen. Ob andere Designs der Flaschen und der Etiketten oder neue Geschmacksrichtungen. Am beliebtesten ist und bleibt jedoch der Standard-Pfefferminz-Geschmack.
Nun hat der Hersteller mit einem Marketing-Coup eine heftige Debatte ausgelöst. Dass auf dem Etikett einiger Flaschen nun ein neuer Name zu lesen ist, schmeckt einigen wohl gar nicht.
Dabei war der Name des Pfefferminzlikörs schon Anfang dieses Jahres geändert worden. Auf 500.000 Flaschen prangt seitdem statt Berliner Luft nun Berlinner*innen Luft
Offenbar war die Änderung auf dem blau-türkisen Etikett nicht auf einer spontanen Eingebung begründet. Sie soll eine Message aussenden: Unter dem neuen Schriftzug ist das Rote Rathaus abgebildet, in Regenbogenfarben. Dazu der Slogan: "Toleranz und Vielfalt". Passt zu Berlin. Und passt zur Marketing-Philosophie des Unternehmens. "Auffallen oder untergehen", so lautet laut "Spiegel" das Motto des Spirituosenherstellers, der schon in der DDR produzierte.
Das ist dem Unternehmen mit der Berliner*innen Luft nun offenbar gelungen. Denn: Wo gegendert wird, lässt der Gegenwind bekanntlich nicht lange auf sich warten. Auch hier, wie ein Blick in die sozialen Netzwerke verrät.
Neben den bei solchen Debatten üblichen Hass-Kommentaren gegen das Gendern an sich, findet sich dort auch konstruktive Kritik. So stellen einige User:innen die Sinnhaftigkeit des Ausdrucks Berliner*innen Luft infrage.
Eine Person schreibt auf Twitter etwa: "Aber wieso? Ich dachte Berliner Luft = Luft aus Berlin sozusagen? Und nicht 'die Luft von Berlinern und Berlinerinnen'." Ein anderer User sieht das ganz ähnlich und urteilt schlicht: "Ergibt keinen Sinn. Gendern, bis sich die Balken der deutschen Rechtschreibung biegen."
Um diese Argumentation zu verdeutlichen, zieht ein Twitter-Nutzer einen kuriosen Vergleich. Er schreibt: "Und aus Radler wird Radler:innen".
Damit haben Kritiker:innen gar nicht so unrecht. Woher der Name stammt, darüber hatte die "Taz" in einem früheren Interview mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Erlfried Baatz gesprochen. Konkret heißt es in dem Artikel:
Dass sich der Name des Getränks auf die Stadt Berlin und nicht auf deren Einwohner:innen bezieht, ist also sehr wahrscheinlich. Das dürfte den Köpfen hinter dem Marketing-Coup jedoch ziemlich egal gewesen sein. Dieser Meinung ist jedenfalls ein weiterer Twitter-User, der befindet: "Jeder weiß, was ich von Gendern halte, aber das ist einfach nur geniales Marketing."