Seit mehr als einer Dekade steigen die Baukosten in Deutschland stetig an. Grund dafür sind unter anderem eine wachsende Bevölkerung, ein knappes Angebot an Immobilien sowie niedrige Zinsen zu steigenden Preisen. Die Folgen der Corona-Pandemie und der andauernde Krieg in der Ukraine haben diese Entwicklung noch verschärft.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum spricht das Statistische Bundesamt von einer Preissteigerung der Baukosten von 17,7 Prozent. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft "PWC" sind sogar Steigerungen von über 20 Prozent für die kommenden beiden Jahre realistisch. Dem Preisdruck muss sich nun auch der Discounter Lidl beugen.
Laut Informationen der "Lebensmittel Zeitung" ("LZ") sah sich der Discounter wegen der gestiegenen Preise gezwungen, die meisten laufenden Bauarbeiten auf Eis zu legen. Außerdem sollen bis auf wenige Ausnahmen keine Bauleistungen mehr ausgeschrieben werden.
In der Folge kommt ein wichtiges Projekt des international tätigen Discounters ins Stocken: die Expansion im Kampf um Marktanteile. Lidl wird deutlich weniger Neueröffnungen in Deutschland verbuchen können – auch Modernisierungsprojekte müssen hinten angestellt werden. Aufgrund der immensen Kostensteigerungen rechnen sich einige Vorhaben schlicht nicht mehr.
Lidl selbst hat sich hingegen noch nicht zum Vergabestopp geäußert. "Wir sind in unserer Geschäftstätigkeit grundsätzlich nicht auf eine kurzfristige Entwicklung ausgerichtet, sondern denken langfristig und wirtschaftlich", betonte das Unternehmen auf eine "LZ"-Anfrage. Laut eigenen Angaben beschäftigen sie sich weiterhin mit der Umsetzung von Bauprojekten.
Wie ein Insider der "LZ" berichtet, sei der Ausschreibungsstopp allerdings nicht ausschließlich ein Zeichen der finanziell prekären Lage des Discounters. Es sei außerdem als ein Signal an den Markt gedacht, dass die aktuell kursierenden Preise überzogen seien.
Auch in der Immobilienbranche lobt man das Vorpreschen der Supermarktkette. "In den Preisen war auch viel Spekulation drin. Dem hat Lidl einen Riegel vorgeschoben", befindet ein Projektentwickler.
In Bezug auf die Sicherung von Grundstücken und die Schaffung von Baurecht kann Lidl jedoch weiterhin den geplanten Expansionen nachgehen. Lidl betreibt derzeit 12.000 Filialen in 31 Ländern und ist damit zahlenmäßig der größte Discounter-Konzern der Welt. Im vergangenen Geschäftsjahr konnte Lidl in Deutschland noch 450 Millionen Euro an Investitionen in Immobilien verbuchen – für das kommende Jahr wird man einige Einbußen hinnehmen müssen.