Es gibt Dinge, die teuer sind, weil sie echte Kostbarkeiten sind, deren Wert in ihrer Seltenheit liegt. Doch es gibt auch Dinge, die ihren Preis nicht aus Rarität, sondern aus Verheißung ziehen.
Im Falle von Wellness-Smoothies ist es das Versprechen, sich nach dem Verzehr besser zu fühlen und einen gesünderen Körper zu haben. Ein Glas, schillernd in leuchtenden Farben, gefüllt mit exotischen Zutaten, geschmückt mit edlen Schlagworten, wird zum Schaubild eines Wundermittels.
So wird Gesundheit schnell zum Luxusgut, Pseudomedizin zum wohlfeilen Marketing, und der vermeintlich heilende Smoothie zum Statussymbol der Reichen und Schönen.
Dabei spricht das bunte Wundermittel eine klare Sprache: Die Besitzer:innen haben das Privileg, ihren Körper durch diesen teuren, kunstvoll inszenierten Drink mit prominenter Rückendeckung etwas Gutes zu tun. Doch steckt wirklich eine Investition in wahre Gesundheit dahinter? Oder ist es vor allem das berauschende Gefühl, sich etwas leisten zu können, was andere nicht haben?
So verspricht auch Supermodel Hailey Bieber mit dem Verzehr ihres "Strawberry Glaze Skin Smoothie" von Luxus-Supermarkt Erewhon ein gesünderes Hautbild. Der angebliche Grund dafür: Die besonders guten Inhaltsstoffe, angereichert mit Kollagenpeptiden, Seemoos-Gel und Hyaluronsäure.
Mit einem Preis von 20 US-Dollar wurde es zum Verkaufsschlager, offenbar rückten 40.000 dieser Smoothies monatlich über die Kassentheke. Auch Kendall Jenner, Sabrina Carpenter und viele weitere Prominente kooperierten mit Erewhon und kreierten einen Luxus-Smoothie.
"Smoothies im Erewhon-Stil vereinen Wellness-Trends mit einer hochwertigen Ästhetik. Sie bieten nährstoffreiche, sorgfältig zusammengestellte Getränke, die vor allem Menschen ansprechen, die nach praktischen, gesundheitsorientierten Optionen suchen", analysiert Belle Amatt, Ernährungsexpertin bei W-Wellness, gegenüber dem "Independent".
Fast alle Wellness-Smoothies beinhalten eine rotierende Rezeptliste gefüllt mit Kollagenpeptiden, Hyaluronsäure, Seemoos-Gel, Löwenmähnen-Pilz, Adaptogenen, Proteinpulver, Präbiotika und zuckerreichen Fruchtbasen. Auf dem Papier: Superfoods, Schönmacher, Stimmungsaufheller.
In Wahrheit: Zutaten mit einem Gesundheitsversprechen, das mal mehr, mal weniger der Realität entspricht.
Viele der üblichen verkauften Smoothies verwendeten Inhaltsstoffe, die zwar durchaus voller Vorteile im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung seien, "doch die damit verbundenen Gesundheitsversprechen sind oft eher suggestiv als wissenschaftlich belegt", erklärt Belle Amatt dem "Independent".
Ernährungsberaterin Stephanie Moore ergänzt: "Die Mengen an Matcha, Maca oder Lion’s Mane sind meist so gering, dass sie vermutlich nur dann Wirkung zeigen würden, wenn man sie täglich konsumiert – und selbst dann ist fraglich, ob die Dosis therapeutisch relevant wäre."
Ernährungswissenschaftlerin Jo Travers steht zusätzlich den Inhaltsstoffen mancher Getränke skeptisch gegenüber: "Das Erste, was mir aufgefallen ist, war der Begriff 'funktionelles Protein' – dieser Ausdruck ist schlicht bedeutungslos!"
Einzelne Zutaten wie Kollagen oder Hyaluronsäure könnten zwar durchaus positive Wirkungen entfalten, doch Travers weist darauf hin, dass es "keinerlei Hinweis" darauf gebe, dass in dem jeweiligen Smoothie tatsächlich hochwertiges Kollagen verwendet wird. "Ähnlich bei der Hyaluronsäure: Die potenziellen Vorteile sind bekannt – aber Qualität und Menge sind entscheidend."
Manchmal sind sie zudem so sehr mit Zucker gesüßt, dass der teuer erkaufte Gesundheitskick als süßer Genuss auf der Zunge nachhallt und zum Wiederholen verführt. "Dieser Konsum untergräbt die angestrebten Effekte, fördert Blutzuckerspitzen und konterkariert Ziele wie ein ausgeglichenes Energieniveau oder klare Haut", sagt Dr. Lena Rebecca Larsen gegenüber dem "Independent".
Auch Stephanie Moore zeigt sich kritisch: "Wenn man bedenkt, dass wir idealerweise nur etwa einen Teelöffel Zucker im Blut haben sollten, ist das eine gewaltige Menge Glukose – die entweder verbrannt oder als Körperfett gespeichert werden muss."
"Diese Drinks sollte man genießen, weil man sich eben mal etwas gönnen möchte", erklärt Moore. "Aber nicht in dem Glauben, dadurch automatisch gesünder zu werden."
"Es gibt deutlich kosteneffizientere und wissenschaftlich besser belegte Strategien und Produkte, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern", sagt Larsen. Statt sich auf hübsch verpackte Versprechen in Smoothie-Form zu verlassen, plädiert sie für gezielte Haut-Supplemente mit wissenschaftlich belegter Wirkung.
Doch Ernährungsexpertin Amatt macht unmissverständlich klar, dass weder Supplements noch hippe Smoothies die wirklich wichtigen Basics ersetzen können: "Eine Ernährung, reich an Antioxidantien und gesunden Fetten, fördert das allgemeine Wohlbefinden", resümiert sie dem "Independent".
"Und nicht zuletzt – häufig übersehen, aber essenziell – ist guter Schlaf. Er spielt eine entscheidende Rolle für körperliche Regeneration und die Erneuerung der Haut."