Nicht nur die Inflation belastet die Wirtschaft. Die fehlenden Lieferungen von russischem Gas und die damit zusammenhängende Energiekrise lässt Produzenten, Händler und Verbraucher:innen verzweifeln. Die Krise setzt auch die Hersteller von Hygienepapier zunehmend unter Druck. So sehr, dass Branchenverbände jetzt vor den Folgen warnen.
Die Papierindustrie hat ein Problem. Denn: Sie gehört zu den fünf energieintensivsten Branchen überhaupt. Die Papiererzeugung verbraucht etwa ähnlich viel Energie wie die Stahl- oder Chemieproduktion. Das ist in der momentanen Situation für die Hersteller kaum stemmbar. Darüber berichtete zunächst die "Lebensmittelzeitung".
Nun ist wegen der immer weiter steigenden Energiepreise offenbar eine kritische Grenze überschritten, wie der Branchenverband Die Papierindustrie beklagt. Denn: Die Kosten können nicht mehr an den Markt und damit an die Verbraucher:innen weitergegeben werden. Wie kritisch die Situation ist, zeigt sich auch am deutschen Toilettenpapierhersteller Hakle, der kürzlich Insolvenz angemeldet hat.
"Hygieneprodukte, Verpackungsprodukte, Papier für die Druckindustrie – all diese Produkte bedeuten auch eine Mehrbelastung für den Verbraucher", sagte der Präsident des Branchenverbands Die Papierindustrie, Winfried Schaur, der Deutschen Presse-Agentur. "Allerdings wurde in vielen Bereichen mittlerweile eine kritische Grenze überschritten, bei der die gestiegenen Energiekosten nicht mehr am Markt weitergegeben werden können." Er warnt: Die Wirtschaftlichkeit der Produktion werde nun zunehmend in Frage gestellt.
Besonders für Toilettenpapier werde die Situation zunehmend kritisch: Den Großteil ihres Umsatzes macht die Papierindustrie nicht mit Hygieneprodukten, sondern eben mit Papier, Karton und Pappe für Verpackungen.
Schaur zeigt sich dennoch hoffnungsvoll, dass die jüngst beschlossenen Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung auch der Branche helfen werden. "Wenn das Entlastungspaket die Erwartungen erfüllt – also wenn der 'Doppelwumms' tatsächlich eintritt – wird es auch für die energieintensiven Grundstoffindustrien eine Entlastung bringen", sagt er. Das allein reiche allerdings nicht. Auch mittelfristig müssen laut ihm strukturelle Maßnahmen her.
Damit spielt er vor allem auf die Abhängigkeit russischer Energieimporte an. "Deutschland benötigt kurz- und mittelfristig zur Überbrückung der Versorgungslücke dringend mehr grundlastfähige Erzeugungskapazitäten am Strommarkt, die unabhängig von russischen Energieimporten sind." Was er fordert, dürfte Umweltschützer:innen jedoch nicht gefallen. So müssten stillgelegte Stein- und Braunkohlekraftwerke "schnellstmöglich wieder ans Netz".
Und: Er unterstützt den Vorschlag, dass Kernkraftwerke temporär weiter genutzt werden sollen, also deren Betrieb verlängert wird. Das darf laut Schaur kein Tabu sein. Dass das keine Dauerlösung sei, ist dem Branchenverbands-Präsidenten aber durchaus bewusst.
Deshalb müsste parallel dazu der Aus- und Zubau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Mit Nachdruck und "starker Beschleunigung der Genehmigungsverfahren". So sollen die fossilen und nuklearen Energieträger schnellstmöglich wieder abgelöst werden, betont Schaur. Doch auch die Industrie selbst arbeite stetig an einer Entlastung, wie etwa an Produktionstechniken, um den Energieverbrauch und damit die Kosten zu reduzieren.