Schonmal darüber nachgedacht, auf eine einsame Insel zu ziehen? Oder darüber nachgedacht, dahinzuziehen, wo es ganzjährig warm ist? Verständlich, wenn man zurzeit aus dem Fenster überwiegend Grau-Töne sieht.
Eine winzige Insel im Südpazifik eilt mit einem Vorschlag der besonderen Art zur Rettung: Staatsbürgerschaft zum "Schnäppchenpreis". Eine zusätzliche Heimat zwischen Palmen, türkisfarbenem Meer und den Top-Temperaturen rund um 27 Grad im Durchschnitt soll dabei auch noch Gutes tun.
Der Inselstaat "Nauru" ist mit 21 Quadratkilometern acht Quadratkilometer kleiner als das Steinhuder Meer in Niedersachsen. Auch davon noch nie gehört? Nun ja, die Insel ist eben auch wirklich klein.
Bei der Ortung hilft ein Blick in die Umgebung: Die Insel befindet sich im Südpazifik, rund 3000 Kilometer von Australien entfernt, umgeben von den Marshallinseln im Norden und Kiribati im Osten.
Doch Nauru hat große Probleme und genau hier kommt der "Goldene Pass" ins Spiel. So wird eine Staatsbürgerschaft genannt, die eine visumsfreie Einreise erlaubt. In über 80 Länder der Welt, darunter Großbritannien und Hongkong, kann der Aufenthalt dadurch erheblich erleichtert werden. Der Preis? 105.000 US-Dollar.
Mit der Maßnahme der "Staatsbürgerschaft for sale" erhofft sich die kleinste Republik der Welt eine zusätzliche Einnahmequelle. Allein im ersten Jahr sollen mit 66 erfolgreichen Bewerbungen 5,7 Millionen US-Dollar eingenommen werden. Insgesamt hofft das Land auf 500 neue Staatsbürger:innen, die 43 Millionen USD bezahlen – und so den Staatshaushalt um 20 Prozent zusätzlich entlasten.
Denn auf die 13.000 Einwohner:innen kommen harte Zeiten zu. Die Insel ist überwiegend eben, der innere Teil befindet sich gerade einmal 20 bis 30 Meter über dem Meeresspiegel. In Zeiten des menschengemachten Klimawandels sind etwa 90 Prozent der Bürger:innen vom steigenden Meeresspiegel bedroht und müssen dringend ins Landesinnere umsiedeln.
Die Kosten für dieses Vorhaben werden auf 60 Millionen US-Dollar berechnet. Geld, welches der Inselstaat nicht mal eben parat hat.
Die Geldknappheit herrscht nicht seit jeher im Inselstaat. Einst galt Nauru sogar als eine der reichsten Nationen der Welt – im Verhältnis zur kleinen Einwohner:innenzahl.
Phosphat, einer der begehrtesten Rohrstoffe der Welt, war auf der Insel früher üppig vorhanden und zeitweilig so wertvoll wie Gold.
In den 90er Jahren schließlich war fast alles von der Geldquelle abgebaut und 80 Prozent des Landes unbewohnbar. Seither kämpft das Land um neue Finanzierungsmöglichkeiten.
So ergab es sich auch, dass das Land für Dutzende Millionen Dollar Deals mit der australischen Regierung abschloss. Diese Abkommen beinhalten, dass Flüchtlinge, die in Australien Asyl suchen, in Nauru unterkommen sollen.
Amnesty International bezeichnet es daher als "Freiluftgefängnis" und stufte den Umgang mit Geflüchteten 2016 als "Folter" nach internationalem Völkerrecht ein. Die leitende Amnesty-Forscherin Anna Neistat erklärte damals gegenüber der "Zeit", dass das vermeintliche Ziel sei, Geflüchtete so menschenunwürdig zu behandeln, dass es sie vor dem Asyl in Australien abschrecke. Die Einreise für Journalist:innen auf die Insel ist gleichzeitig streng begrenzt.
2023 urteilte auch das höchste australische Gericht, die Abschiebepraxis als "unlawful" gegenüber der Konstitution. Das neue Programm der Insel Nauru kann also auch als Schritt gesehen werden, sich aus der australischen Abhängigkeit zu befreien.
Es ist nicht der erste Versuch des Landes, Staatsbürgerschaften zum kleinen Preis zu verkaufen und so die heimische Wirtschaft anzukurbeln. 2003 wurden in Asien sechs Terroristen, darunter zwei von al-Qaida, festgenommen, welche die Staatsbürgerschaft mutmaßlich für die visumfreie Einreise in bestimmte Länder erworben hatten.
Daraus ziehe der Staat diesmal klare Folgen. Edward Clark ist der Leiter des neuen Wirtschafts- und Klimaresilienz Staatsbürgerschaftsprogramm von Nauru. Gegenüber "Guardian" erklärte er, Nauru würde dieses Mal Pässe nur an Gleichgesinnte vergeben, die "die strengsten und gründlichsten Verfahren" bestehen.
"Dieses Programm geht nicht nur darum, einen weiteren Pass zu erwerben", erklärte Clark. "Es geht darum, Teil einer Gemeinschaft zu werden, die sich der Entwicklung bahnbrechender Lösungen für globale Herausforderungen verschrieben hat".