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Griechenland verzeichnet enormen Urlauber-Boom – ausgerechnet aus der Türkei

Sonnenschirme und Liegen am Strand, t
Griechenlands Inseln bei vielen Urlaubern hoch im Kurs.Bild: iMAGO/McPHOTO
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Griechenland verzeichnet Urlauber-Boom – ausgerechnet aus der Türkei

01.08.2024, 18:02
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Die Türkei und Griechenland gehören regelmäßig zu den beliebtesten Urlaubszielen der Deutschen. Beide glänzen mit Strand, gutem Essen und erschwinglichen Preisen. Außerdem sind die beiden Nachbarstaaten an der sonnenverwöhnten Ägäis nur eine kurze Flugreise entfernt. Historisch trennt die beiden einst verfeindeten Mittelmeeranrainer allerdings einiges.

Denn spätestens seit der Vorgängerstaat der Türkei, das Osmanische Reich, den hellenischen Nachbarn jahrhundertelang als Kolonie besetzte, herrscht böses Blut zwischen den beiden. Noch im Oktober 2022 rasselte der türkische Präsident Erdogan mit den Säbeln.

Seit dem vergangenen Jahr haben sich die einstigen Erzfeinde allerdings in mehrerlei Hinsicht angenähert. Dass griechische Hotels nun aber von einer Welle türkischer Tourist:innen profitieren, war so vor Monaten nicht abzusehen.

Türken entdecken griechische Insel: Spezielles Visum sorgt für Boom

Während auf zehn griechischen Ägäisinseln ein unverhoffter Tourismus-Boom ausgebrochen ist, herrscht mitten in der Hauptsaison vielerorts in türkischen Urlaubs-Hotspots gähnende Leere. Der Erfolg des einen hängt mit dem Misserfolg des anderen direkt zusammen.

Denn noch immer wirkt die Inflation als Hemmschuh auf die türkische Tourismusindustrie. Zwar fällt die Teuerungsrate im Juni 2024 geringer aus als noch im Vormonat oder im vergangenen Sommer, dennoch herrscht eine Preissteigerung von über 70 Prozent.

Die anhaltende Preisexplosion beschränkt sich aber nicht auf den Alltag der Türken. Denn auch die Hoteliers und Restaurantbetreiber:innen in den Ferien-Hotspots Alanya, Bodrum und Belek müssen gestiegene Kosten für Verpflegung, Energie und Gehälter an ihre Gäste weiterreichen.

Türkei: Inflation stürzt Hotels immer tiefer in die Krise

Dem österreichischen Medium "Der Standard" klagte ein Vertreter des türkischen Reiseverbands (Türsab) sein Leid. "Gegenüber 2023 haben sich die Hotelpreise in der Türkei im Schnitt um 50 Prozent verteuert", beschrieb Hamit Kuk die Lage.

Nicht nur deutsche Urlauber:innen meiden in der Folge die türkische Riviera. Das Fernbleiben der türkischen Mittel- und Oberschicht schmerzt besonders. Denn die einheimischen Gäste gelten als besonders spendabel.

"Sollen sie doch die Preise wie ein Mann senken."
Türkischer Tourist klagt über türkische Hoteliers

Profiteure von der türkischen Flaute sind die Gastronom:innen und Hoteliers auf den nahegelegenen griechischen Inseln. Dank des vergleichsweise stabilen Euro-Kurses erscheinen die Preise auf Lesbos, Kos, Rhodos und sieben weiteren Inseln plötzlich erfreulich niedrig.

Auf dem Kurznachrichtendienst X lässt sich der plötzliche Gesinnungswandel vieler türkischer Urlauber:innen nachvollziehen. Zahlreiche Besucher:innen posten Fotos von günstigen Speisekarten und verhöhnen die Gastwirte in der Heimat.

Ein Nutzer schreibt: "Warum sollte ich Geld für die Ladenbesitzer in Bodrum verdienen, wenn diese Preise in Griechenland gelten? Sollen sie doch die Preise senken."

Erdogan drohte mit Krieg – nun machen Türken Urlaub auf Kos

"Wir kommen plötzlich in der Nacht", hatte Erdogan noch vor zwei Jahren martialisch gedroht. Die meisten Türk:innen kommen nach Griechenland mittlerweile aber ganz regulär am Tag, per Schnellboot oder Fähre. Die Nachfrage ist gewaltig, die meisten Linienschiffe sind ausgebucht, wie das "RND" schreibt.

Während die erschwinglichen Kosten die Triebfeder für den unerwarteten Zustrom sind, war der Türöffner eine politische Annäherung der einstigen Erbfeinde. Denn seit Ende März erprobt Griechenland einen diplomatischen Sonderweg. Ein siebentägiges Urlaubervisum ermöglicht es nun exklusiv türkischen Staatsbürger:innen, über die Ägäis zu schippern.

Wie erfolgreich die griechische Strategie ist, zeigen die Zahlen. Laut "RND" verdoppelte Rhodos das türkische Aufkommen auf 6000 in den ersten zehn Gültigkeitstagen. Neunmal mehr Besucher:innen verbucht Samos als im Vorjahreszeitraum. Rund 21.000 türkische Tourist:innen waren es insgesamt.

Griechenland: Wirtschaftlicher Gewinn und diplomatischer Erfolg

Für nur 60 Euro stehen den Urlauber:innen die Routen zu zehn griechischen Inseln frei. Bei Preisen um die zwanzig Euro sind auch die Fährpreise keine Abschreckung. Dafür ist die Weiterreise aufs Festland oder westlich gelegene Inseln nicht gestattet.

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Insofern bleibt den Türk:innen zwar die Reise nach Athen und Kreta verwehrt. Sparen können sie sich aber den Gang aufs Amt zur Beantragung des Schengenvisums mit all seinen bürokratischen Hindernissen.

Den neuen Tourismus-Boom darf sich Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis auf die Fahnen schreiben. Der Pragmatiker schaffte es nicht nur, der Türkei seine Urlauber:innen und damit Millioneneinnahmen streitig zu machen. Gleichzeitig gelang ihm eine dringend benötigte Entspannung gegenüber dem militärisch aufgerüsteten Nachbarn.

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