Weihnachten ist das Fest der Liebe, sagt man. Die Idealvorstellung vieler Menschen sieht so aus: An den Feiertagen kommt die Familie zu einem besinnlichen Fest zusammen, es gibt Geschenke und Raum für gemeinsame Traditionen. Es geht um Versöhnung, um Einkehr – um Liebe eben.
So sehen es zweifelsohne auch die Veranstalter:innen des Weihnachtsmarktes am Berliner Nollendorfplatz. Bei ihnen hat das Fest der Liebe jedoch zusätzlich auch eine körperliche, eine sexuelle Dimension. Seit 2019 veranstaltet die "Christmas Avenue" in Berlin-Schöneberg einen entsprechenden Weihnachtsmarkt von und für die queere Community.
Es gibt dort erotische Kunst, Drag-Shows, Livemusik und natürlich auch Klassiker wie Glühwein und gebrannte Mandeln. Auch die Stände des Marktes bleiben dem Motto treu und verkaufen Erotikkerzen oder Schmuck mit Vulva-Motiven.
Doch nicht jedem gefällt die Freizügigkeit auf dem Weihnachtsmarkt am Nollendorfplatz. So regte sich zuletzt unter anderem in den Google-Rezensionen Protest – der nun sogar handfeste rechtliche Konsequenzen hat.
Der Markt sei kein kinderfreundlicher Ort, heißt es hier vermehrt. "Für Kinder absolut ungeeignet", schreibt ein User und kritisiert die "anstößigen Ausstellungsstücke an manchen Ständen". In den Kommentaren meldet sich auch ein User, der angibt, ein Vertreter der queeren Community "BerlinEntscheider" zu sein. "Familien mit Kindern sind anscheinend hier nicht willkommen. Wir als LGBTIQ+-Organisation können nur noch mit dem Kopf schütteln", schreibt er.
Die Kritiker:innen des Weihnachtsmarktes scheinen nun auch rechtliche Schritte gegen die "Christmas Avenue" eingeleitet zu haben. Auf der Instagram-Seite der Veranstaltung heißt es: "Jugendschutz vor erigierter gezeichneter Kunst. Mütter schützen ihre Kinder mit Anzeigen bei Behörden vor menschlichen Körperteilen", schreiben die Betreiber:innen hier.
Sich von den rechtlichen Folgen der Anzeigen die Stimmung vermiesen lassen, das wollen sie bei "Christmas Avenue" allem Anschein nach lieber vermeiden. Denn in dem Beitrag heißt es weiter:
Das ironische Statement bei Instagram lässt bereits erahnen, dass die Betreiber:innen nicht unbedingt glücklich mit der Maßnahme sein dürften. Auch der künstlerische Leiter der Veranstaltung, Stefan Kuschner, äußerte sich wenig erfreut darüber. Die Alterskontrolle werde vorerst nach Aussehen beurteilt und nur im Zweifel direkt kontrolliert, zitiert ihn der "Tagesspiegel". Kuschner steht selbst bei der Drag-Show als Marie Mondieu auf der Bühne.
Der schlüpfrige Weihnachtsmarkt in Berlin hat ein berühmtes Vorbild: den Weihnachtsmarkt Santa Pauli auf der Hamburger Reeperbahn. Auf Deutschlands berühmtester Rotlichtmeile werden ebenfalls Sex-Toys und andere erotische Accessoires verkauft, es gibt zudem ein Stripzelt und Drag-Shows.
Und auch Santa Pauli hat durch sein freizügiges Konzept bereits Probleme bekommen: Weil der Erotik-Weihnachtsmarkt gegen die strengen Richtlinien von Google verstößt, ist er auf Maps nur noch unter dem harmloseren Namen Spielbudenplatz zu finden.