Kaum ist die ärgste Hitzewelle vorbei, zieht es die Menschen wieder in die Berge. Schließlich ist der Spätsommer perfekt für eine schöne Wanderung. Seit einigen Jahren ist Wandern ein zunehmend beliebter Trendsport für Menschen jeden Alters. Leider kommt es auch immer wieder zu tödlichen Unfällen, wie die Meldungen in den vergangenen Wochen zeigten.
Watson sprach mit Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein (DAV) darüber, warum es immer wieder zu Unfällen und Abstürzen in den Bergen kommt und wie man sich am besten auf eine Wanderung vorbereiten sollte.
Die häufigste Ursache für Unfälle auf dem Berg sind nicht etwa mangelnde Ausrüstung, sondern ganz banal: Stolpern. "Die Leute bleiben irgendwo hängen, zum Beispiel an einer Wurzel oder an einem Stein oder sie rutschen auf einem labilen Untergrund aus, also Kies, Geröll oder Nässe, im Hochgebirge ist es manchmal auch Schnee", sagt Winter.
Das kann durch Unachtsamkeit passieren, aber auch durch eine falsche Technik oder Kraftverlust. Die falsche Ausrüstung spiele eher eine untergeordnete Rolle bei Unfällen: Zwar komme so etwas schon einmal vor, aber "die große Masse ist schon mit passablem Schuhwerk unterwegs."
Viele Tourist:innen unterschätzten die Entfernungen und Schwierigkeit des Wanderweges. Gerade Herz-Kreislauf-Probleme spielen laut Winter immer wieder eine Rolle bei Bergunfällen – vor allem bei großer Hitze oder weil die Wandernden nicht körperlich fit genug sind.
Er sagt:
Worauf es also ankommt, sei eine gute Vorbereitung auf den Wanderausflug, meint der Experte.
Folgende Punkte empfiehlt Winter für den Wandertrip:
Der DAV stellt immer wieder fest, dass gerade ungeübte Leute oder Tourist:innen Schwierigkeiten haben, eine passende Tour zu finden. Denn die Auswahl an Touren im Internet und durch Anbieter sei extrem groß. "Die Touren schauen natürlich alle toll aus und sind sehr anziehend. Man will dann unbedingt diese eine Hütte besuchen, aber bis zum Watzmannhaus hoch zum Beispiel, ist es nicht so ganz nah", sagt Winter.
Er stellt fest: "Diese Ziele werden nicht selten unterschätzt in ihrem Anspruch. Und die persönliche Fitness und das eigene Können wird nicht selten überschätzt damit." Schlechtestenfalls komme es dann zu einem Unfall.
Den Trend, mit Wanderstöcken auf den Berg zu gehen, sieht Winter positiv. Diese gäben "zusätzliche Stabilität" und "verteilen das Gewicht auch noch auf die Arme". Deshalb seien sie aus gesundheitlichen wie aus technischen Gründen gut. Nur beim Abstieg, engen Stellen oder einem Sturz müsse man etwas aufpassen, damit man sich noch mit den Händen abstützen könne. Einige Wanderer:innen benutzen die Stöcke bei steilen Abstiegen daher lieber nicht. Und welche Ratschläge hat der Experte für das Wandern mit Kindern?
Für Kinder ist Wandern dagegen meist keine Gefahr. "Die sind sehr spielerisch und intuitiv unterwegs und oft geschickter als die Erwachsenen." Wichtig sei nur, die Geschwindigkeit und Strecke beim Wandern mit Kindern an seine Erwartungen anzupassen. Während Erwachsene gerne längere Strecken am Stück gingen, würden Kinder immer wieder stehenbleiben. Das empfänden viele Erwachsene als anstrengend.
Winter rät für das Wandern mit Kindern: "Grundsätzlich könnte man sagen, die Strecke und Höhenmeter auf jeden Fall halbieren und auch zwischendrin viele Pausen einlegen und sich auf die Bedürfnisse des Kindes einstellen."
Auch ein spannendes Ziel wie eine Hütte mit leckerem Essen oder ein Wildbach mit Picknick seien motivierende Ziele für Kinder.
Falls doch mal ein schwerer Unfall passiert und die Bergwacht alarmiert werden muss, zahlt die Krankenkasse in der Regel die Bergung. Auch, wenn dafür ein Hubschrauber nötig werden sollte. Wichtig zu wissen: Die Bergungskosten werden nur von der Krankenkasse übernommen, wenn man sich verletzt hat und ein Arzt notwendig ist. Wer sich nur am Berg verirrt und gerettet werden muss, muss selber zahlen.
Gerade wenn man vorhat, im Ausland zu wandern, empfiehlt Winter noch, unbedingt die eigene Versicherungslage zu klären: "Wenn man Mitglied beim DAV ist, dann sind auch Hubschrauber-Rettungen im Ausland inkludiert über den Mitgliedsbeitrag." Wenn nicht, solle man lieber noch einmal in der eigenen Police nachschauen und gegebenenfalls eine Zusatzversicherung abschließen.