Italien ist seit jeher eines der beliebtesten Reiseziele für Sommerurlauber aus aller Welt. Mit seinen malerischen Küsten, schönen Seen und historischen Städten bietet das Land eine Fülle von Attraktionen für Erholungssuchende. Doch hinter der Postkartenidylle verbergen sich beunruhigende Entwicklungen: Die Qualität der Badegewässer an vielen beliebten Urlaubsorten lässt zunehmend zu wünschen übrig.
Die Wasserqualität an zahlreichen Stränden und Seen des Landes hat sich in besorgniserregender Weise verschlechtert. Dies zeigt der aktuelle Bericht der Umweltorganisation Legambiente, die mit ihren Kampagnen "Goletta Verde" und "Goletta dei Laghi" die Qualität von Meer- und Binnengewässern untersucht. Die Ergebnisse sind alarmierend.
Insgesamt wurden zwischen Juni und Anfang August 394 Proben aus 19 Regionen Italiens entnommen. Davon überschreiten 36 Prozent die zulässigen Grenzwerte. Besonders bedenklich, wie "legambiente" berichtet: 101 Messpunkte wurden demnach als "stark verschmutzt" und weitere 39 als "verschmutzt" eingestuft. Vor allem das Meer ist betroffen. Im Durchschnitt findet sich alle 76 Kilometer Küste ein verunreinigter Bereich.
Der Trend zeigt eine besorgniserregende Entwicklung: Während 2022 noch 31 Prozent der Proben die Grenzwerte überschritten, waren es 2023 bereits 36 Prozent und in diesem Jahr 37 Prozent.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Mündungen von Flüssen, Kanälen und anderen Gewässern, die ins Meer oder in Seen münden. Hier wurden 185 der insgesamt 394 Proben entnommen. 59 Prozent dieser Messungen überschritten die gesetzlichen Grenzwerte. Dagegen schnitten die Proben aus den Seen und Meeren in touristisch stark frequentierten Gegenden oder in der Nähe von kritischen Punkten besser ab: "Nur" 14 Prozent der dortigen Proben wurden als negativ bewertet.
Eine Neuerung der diesjährigen Kampagne war die gezielte Überwachung von 18 historisch belasteten Punkten. Diese liegen sowohl an der Küste als auch an vier Seen: dem Lago Maggiore, dem Lago d'Orta, dem Lago Trasimeno und dem Lago di Bolsena. Dort wurden von März bis Juni zusätzliche Proben entnommen. Die Ergebnisse sind ernüchternd: 69 Prozent der 45 Proben lagen bereits vor der Hauptsaison über den gesetzlichen Grenzwerten. Legambiente prüfe nun, ob Anzeigen bei den zuständigen Behörden eingereicht und verstärkte Kontrollen gefordert werden sollten.
Neben illegalen Einleitungen und unzureichender Abwasserreinigung macht die Klimakrise den Gewässern zunehmend zu schaffen. Heftige Regenfälle setzen die Abwassersysteme unter Druck und verschärfen die Verschmutzung. Darüber hinaus führen die veränderten Bedingungen im Mittelmeer, insbesondere in der Adria, zur Ausbreitung invasiver Arten wie den Blaukrabben.
Die anhaltende Dürre im Süden Italiens hat an vielen Orten die Wasserstände der Seen dramatisch sinken lassen.
Angesichts dieser bedrohlichen Entwicklungen hat Legambiente konkrete Forderungen geltend gemacht. In Rom präsentierte die Organisation ihre Vorschläge für einen nationalen Schutzplan, der auf vier Säulen basiert: der Modernisierung der Abwassersysteme, der Umsetzung von Klimaanpassungsplänen, dem Ausbau von Schutzgebieten bis 2030 und einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere der Offshore-Windenergie.
"Die Mündungen von Flüssen und Kanälen, die ins Meer und in die Seen führen, sind nach wie vor eine der Hauptquellen für Verschmutzung, was auf eine mangelhafte oder fehlende Abwasserreinigung zurückzuführen ist", sagt Stefano Ciafani, Präsident von Legambiente. Es sei höchste Zeit, dass Italien einen umfassenden Plan zum Schutz der Meere und Seen umsetze, der sowohl die Klimakrise bekämpfe als auch den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibe.