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Streaming-Plattform Kick: Warum sie gefährlicher ist als Twitch

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Die neue Plattform Kick macht dem beliebtesten Streaminganbieter Twitch Konkurrenz.bild: pexels / RDNE Stock project
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Streaming-Plattform Kick: Was sie besser macht als Twitch und warum sie gefährlich ist

30.07.2023, 11:1630.07.2023, 13:04
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Die Plattform Twitch hatte hierzulande bisher eine Monopolstellung im Bereich Streaming inne. Doch nun ist mit Kick ein Konkurrent aufgetaucht, um den Markt aufzumischen.

Seit 2014 gehört Twitch zu Amazon, die Plattform wird vor allem für Videospiel-Streams genutzt. Der Clou dabei: Zuschauer:innen können mit den Streamer:innen interagieren, während sie zusehen. Inhalte sind grundsätzlich kostenlos, Fans können die Streamer:innen aber mit Spenden unterstützen.

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Twitch war bisher die erfolgreichste Streamer-Plattform in Deutschland.Bild: IMAGO/ingimage

Neben Gaming gibt es auf Twitch auch Streams zu Musik, Kochen, Kunst und Politik. Glücksspiel ist seit Oktober 2022 auf Twitch verboten, und genau da setzt der neue Anbieter Kick an. Watson hat die wichtigsten Fakten zur neuen Streamingplattform zusammengetragen und erklärt, warum du bei der Nutzung von Kick vorsichtig sein solltest.

Worin unterscheidet sich Kick von Twitch?

Gambling, also das Online-Glücksspiel, ist bei Kick nicht nur erlaubt, sondern sogar die beliebteste Kategorie. Verwunderlich ist das nicht, ist doch einer der Gründer der Plattform, Ed Craven, auch Mitgründer des Online-Krypto-Casinos Stake.com.

Durch die Livestreams erreichte Stake vor dem Verbot bei Twitch vor allem die junge Zielgruppe, was zur Vermutung führt, dass dies die Hauptmotivation für die Gründung von Kick war.

Ein weiterer Punkt, der diese These stützt, ist die Rolle eines der bekanntesten Glücksspiel-Streamer Tyler Faraz "Trainwreck" Niknam bei Kick: Laut der "Washington Post" hat er eine Beraterrolle bei der neuen Plattform inne. Nach eigener Aussage verdient er Beträge im dreistelligen Millionenbereich mit Online-Casino-Werbung und ließ nach dem Glücksspielverbot bei Twitch verlauten, er habe vor, eine eigene Streaming-Plattform zu gründen.

Wo liegen die Gemeinsamkeiten?

Neben der Zielgruppe ist vor allem eine Gemeinsamkeit hervorstechend: Das User-Interface beider Streamingplattformen ist, inklusive der Funktionen, nahezu identisch. Der tiefgreifendste Unterschied ist die Farbe: Twitch ist in Lila gehalten, Kick setzt auf Neongrün.

Was macht Kick besser?

Der Unterschied zu Twitch zeigt sich bei Kick vor allem für die Streamer und weniger für die User:innen. Vor allem beim Verdienst für die Streamer:innen zeigt sich Kick großzügig: Während Twitch 50 Prozent der Einnahmen aus den Abonnements für sich beansprucht, nimmt Kick nur fünf Prozent.

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Doch das allein ist nicht der Grund, warum Twitch sich bei vielen Streamer:innen in letzter Zeit unbeliebt gemacht hat. Eine Änderung der Werberichtlinien sorgte vor einigen Wochen für Unmut in der Szene. Vor dem Stream aufgezeichnete Video- und Audiowerbungen, die von den Streamern selbst eingeblendet werden, wurde von Twitch verboten. Auch sollten Logos von Sponsoren nicht mehr als drei Prozent der Bildschirmgröße ausmachen.

Kurz nach der Bekanntgabe der neuen Richtlinien zog Twitch diese plötzlich wieder zurück und verkündete auf Twitter, es sei nicht beabsichtigt, die Beziehungen der Streamer:innen mit ihren Sponsoren einzuschränken. Zurück blieb aber der Eindruck, man könne sich nicht auf die Verantwortlichen bei Twitch verlassen.

Gamerin beim Zocken
Bei den Streamern hat sich Twitch in letzter Zeit unbeliebt gemacht.bild: pexels / rdne stock project

Ein weiterer Punkt, der für Misstrauen gegenüber Twitch sorgte, war die Gestaltung des neuen Partner-Plus-Programms. Dies sollte Streamer:innen mit Partnervertrag erlauben, statt der bisherigen 50 Prozent künftig 70 Prozent ihrer Einnahmen durch Abonnements zu behalten. Doch laut der ESports-Branchenwebseite StreamsCharts erreicht nur ein sehr geringer Teil, nämlich 2,5 Prozent der mit Twitch verpartnerten Streamer:innen überhaupt die Vorgaben, die es für das neue Programm zu erfüllen gilt.

Eine weitere Bedingung dürfte vor allem den Superstars nicht gefallen: Für das Partner-Plus-Programm gilt es einen maximalen Verdienstbetrag von 100.000 Dollar pro Jahr. Alles, was darüber verdient wird, fällt weiterhin unter die 50 Prozent-Regel. In Deutschland kommen schätzungsweise die 30 erfolgreichsten Streamer:innen über diesen Betrag.

Wie lautet die Kritik an Kick?

Der deutsche Streamer Dracon fasst seine Kritik an Kick in der "Zeit" so zusammen: "Ich werde nicht zu Kick gehen. Durch die Nähe zu Stake ist es sehr wahrscheinlich, dass Kick durch die Verluste von Spielsüchtigen finanziert wird." Doch in der deutschen Streamer-Szene gibt es auch jene, die sich dennoch einen Wechsel zu Kick vorstellen könnten, sofern das Wechselangebot hoch genug sei.

So verteidigt Karl "Dekarldent" Krey seine Ansicht in einem Video mit der Argumentation, auch bei Twitchs Mutterkonzern Amazon würden moralisch fragwürdige Arbeitsbedingungen herrschen.

Auch wenn Kick aktuell Twitch noch nicht das Wasser reichen kann, was die Zuschauerzahlen betrifft: In einem Tweet feierte Kick Ende Juni das Erreichen zehn Millionen registrierter Accounts. Das Konzept scheint also im Moment noch aufzugehen.

Doch ob dieses sich langfristig als finanziell tragbar erweist, sieht Streamer Dracon in der "Zeit" kritisch. Die Investoren von Kick würden irgendwann Rendite aus ihrer Anlage ziehen wollen. "Daher denke ich, dass Kick nicht langfristig 95 Prozent der Abonnement-Einnahmen an die Streamer weitergeben kann", sagt er.

Doch möglicherweise war es nie das Ziel von Kick, profitabel zu werden, sondern nur, eine Werbeplattform für das Online-Casino Stake zu sein: Manche Creator mutmaßen darüber in ihren Streams.

Warum User bei Kick vorsichtig sein müssen

Glücksspiel-Inhalte in Streams bergen stets die Gefahr, dass Jugendliche und sogar Kinder durch eingeblendete Rabatt-Codes und Werbeangebote in den Streams auf die Webseite der Betreiber gelockt werden.

Prof. Martin Dietrich, dem kommissarischen Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), sagt in einer Pressemitteilung, Online-Glücksspiel sei – im Vergleich zu anderen Glücksspielarten – mit einem erhöhten Suchtrisiko verbunden: "Das erhöhte Suchtrisiko ist dadurch bedingt, dass Online-Glücksspiele rund um die Uhr immer und überall gespielt werden können. Die BZgA-Studiendaten zeigen auf, dass nahezu jeder fünfte Spielende von Online-Casinospielen ein problematisches oder abhängiges Spielverhalten zeigt."

Junge Frau mit Spielkarten
Online ist die Hürde zur Sucht beim Glücksspiel niedriger.bild: pexels / matheus bertelli

Bei einer Plattform, deren Geschäftsmodell bisher verstärkt auf der Verbreitung von Online-Glücksspiel-Inhalten basierte, müssen User:innen daher um so vorsichtiger sein, welche Streams sie regelmäßig konsumieren und welchen Angeboten sie folgen. Denn Streamer:innen sind Influencer:innen, und diese beeinflussen durch ihre Inhalte. So warnte Glücksspielforscher Tobias Hayer in einem früheren Gespräch mit watson:

"Wenn ein Jens Knossalla ('Knossi') oder ein Montana Black mit einer Million Plus Follower streamen, wie sie beim Zocken von Glücksspielen wie Online-Casino gewinnen und das entsprechend abfeiern, dann machen die hier direkt, Werbung für echtes Glücksspiel. Sie normalisieren das, schüren Hoffnungen, verzerren Gewinnerwartungen."
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