Kindervergewaltigungen, Spycam-Videos von duschenden Frauen, Rachepornografie, rassistische und frauenfeindliche Inhalte. Pornhub hat in den vergangenen Jahren immer wieder negative Schlagzeilen verursacht. Die Porno-Streaming-Plattform war etwa regelmäßig mit dem Vorwurf in die Kritik geraten, sexuelle Ausbeutung zu fördern.
Dabei ist die Verantwortung, die die Seite trägt, groß. Sie gehört zu den Porno-Seiten mit den meisten Klicks, auch in Deutschland – und gilt gar als eine der drei größten Pornoplattformen weltweit. Ein Artikel der "New York Times" im Jahr 2020 rückte die Vorwürfe in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Damals kündigte der Betreiber Mindgeek an, mehr gegen besagte Probleme tun zu wollen. Überzeugend waren die Bemühungen bis dato nicht.
Nun soll ein neuer Eigentümer dem Porno-Imperium helfen, aus den negativen Schlagzeilen zu kommen. Doch wer ist der neue Betreiber und was wird sich nun ändern?
Watson liefert die wichtigsten Antworten zur Charme-Offensive von Porhub.
Die Vorwürfe, mit denen Pornhub in der Vergangenheit konfrontiert wurde, hatten es in sich. Wie die "New York Times" im Jahr 2020 herausgefunden haben will, sollen auf Pornhub fragwürdige und illegale sexuelle Inhalte verbreitet worden sein. Demnach seien dort Videos kursiert, die etwa Missbrauchsinhalte und sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zeigten. Die Vorwürfe blieben nicht ohne Konsequenzen.
Es folgte eine massive Empörungswelle. So sammelte eine Anti-Pornhub-Petition mehr als zwei Millionen Unterschriften, Politiker:innen planten strengere Gesetze, mehrere Kanzleien klagten gegen den Konzern. Besonders schwer traf die Entscheidung der Zahlungsdienstleiter Visa und Mastercard die Plattform: Sie verweigerten Pornhub zwischenzeitlich ihre Dienste.
Pornhub musste einen Großteil der Videos löschen und einiges ändern: Der Upload neuer Videos war etwa nur noch für verifizierte Nutzer:innen möglich. Doch nicht alle Probleme konnten behoben werden – und das angekratzte Image hat sich nie ganz erholt. Nicht zuletzt wegen des fragwürdigen Vorgehens der damaligen Betreiber.
Hinter Pornhub steckt der Konzern Mindgeek. Das Unternehmen betreibt nicht nur Pornhub, sondern unter anderem auch die Porno-Streaming-Webseiten Youporn und Redtube.
Wer die Köpfe hinter dem Betreiber waren? Daraus machten sie lange ein Geheimnis. Mindgeek gehörte dem öffentlichkeitsscheuen Investor Bernd Bergmair aus Österreich. Seine Existenz wurde nur durch Investigativrecherchen von Journalist:innen aufgedeckt. Auch die restlichen Mindgeek-Bosse, Feras Antoon und David Tassilo, äußerten sich lange Zeit gar nicht zu den Vorwürfen. Sie reagierten erst darauf, als das kanadische Parlament sie zu einer Anhörung vorlud.
Ob das in Hinblick auf die massiven Vorwürfe das richtige Vorgehen war, um den Konzern ins positive Licht zu rücken? Fraglich. Im Juni 2022 trat der damalige Mindgeek-CEO Antoon von seiner Position in der Firma zurück. Kurz zuvor hatte "The New Yorker" eine Recherche über die Geschichte Pornhubs unter Antoons Führung veröffentlicht.
Nun steht Pornhub ein Imagewandel bevor. Denn: Mindgeek hat einen neuen Besitzer. In einer Pressemitteilung teilte die kanadische Beteiligungskapitalgesellschaft Ethical Capital Partners (ECP) mit, den Konzern übernommen zu haben. Die Strategie: Von nun an soll auf der Plattform alles mit rechten Dingen zugehen. Das wird jedenfalls so kommuniziert.
Mit dem Wechsel soll eine neue Ära eingeleitet werden. Pornhub will der Saubermann der Porno-Branche sein. Zumindest lautet so die Botschaft des neuen Betreibers. Das zeigt sich schon am Namen des Unternehmens: "Ethical Capital Partners" (ECP). Passend zum Wort "ethical" heißt es auf der Webseite des Konzerns, dass die Ethik über allem stehe.
Statt eines Versteckspieles der Betreibenden geht der Konzern offen mit den Personen an der Spitze um: Nun präsentiert sich ein diverses Team mit Namen, Fotos und Funktion auf der Webseite. Und: ECP hat sich einen Beirat aus sechs Expert:innen verpasst. Darunter auch Frauen mit Funktionen, die zum Imagewandel passen. Etwa Valerie Webber von der kanadischen Dalhousie Universität, sie hat mehrere Paper über Sexarbeit und Sexualität verfasst. Oder die Bodybuilderin Kortney Olson, die sich unter anderem für Empowerment von Mädchen und Frauen einsetzt.
Mit mehr Transparenz möchte Pornhub auf der Beliebtheitsskala nach oben klettern und sein Image aufpolieren. Dazu gehört nicht nur der offene Umgang mit den Personen hinter der Webseite. In der Pressemitteilung zur Übernahme von Mindgeek durch ECP sind etwa auch die bisherigen Transparenzberichte der Plattform verlinkt. Während der Bericht aus dem Jahr 2020 lückenhaft ist, hat Pornhub inzwischen nachgebessert und auch Daten zu nicht-einvernehmlichen Uploads geliefert.
8730 Videos und 4591 Fotos hat Pornhub demnach im vergangenen Jahr gelöscht, weil sie als nicht-einvernehmlich eingestuft wurden. Zusätzliche 3604 Videos und 5984 Fotos zeigten Inhalte mit Minderjährigen, weshalb sie gelöscht wurden. 79 Prozent von ihnen habe Pornhub selbst entdeckt. Laut Pressemitteilung will der Konzern weiterhin massiv gegen fragwürdige Inhalte vorgehen. Etwa mithilfe von Erkennungstechnologie von Microsoft, Google und Thorn.
Inwiefern die neue Charme-Offensive Substanz hat oder nur heiße Luft ist, wird sich erst zeigen. Denn der neue Betreiber kommt quasi wie aus dem Nichts. Über die Kosten der Übernahme hüllt man sich bei EPC in großes Schweigen. Und auch wie einflussreich der diverse Beirat tatsächlich ist, bleibt fraglich.
Dennoch: Die neue Offenheit ist für die Branche ungewöhnlich. Zumindest bei den größten Porno-Streaming-Plattformen der Welt. Pornhubs Vorgehen steht im Gegensatz zur größten Webseite XVideos aus Tschechien oder der Plattform xHamster aus Zypern. Beide reagieren auf die internationale Kritik mit der Strategie "Kopf in den Sand" statt wie Pornhub jüngst mit einer Imagewandel- und Transparenz-Strategie.
Der Konzern betont, "dass das Internet für alle sicher sein sollte – mit Kinderschutz, Sicherheit von intimen Bildern und digitaler Selbstbestimmung als Kern unserer Werte". Zudem müsse Mindgeek eine führende Rolle im Kampf gegen illegale Inhalte im Internet spielen.
Klar ist: Sex sells. Die Pornografie ist eine der prägendsten Unterhaltungsindustrien im Internet. Kein Wunder, dass Porno-Streaming-Seiten im Ranking der meistbesuchten Webseiten weltweit gut abschneiden. Doch die Industrie wurde bisher zu wenig reguliert. Pornhubs Wandel könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein. Und so auch andere Porno-Plattformen unter Zugzwang setzen.