Das erste Pandemie-Jahr und der erste Lockdown kam unerwartet. Plötzlich gab es statt der Anwesenheit in Uni, Schule oder Arbeit die Pflicht, zu Hause zu bleiben. Beinahe das gesamte alltägliche Leben musste in den eigenen vier Wänden stattfinden. Kein Wunder, dass viele Menschen die neue Situation und die Langeweile zum Anlass nahmen, um das eigene Zuhause aufzuhübschen. Werkeln, dekorieren und Basteln waren noch nie so beliebt wie in der Hochphase der Pandemie.
Nun hat sich die Situation beruhigt, der Lockdown ist zumindest in Deutschland Geschichte. Trotzdem: Der Heimwerker-Trend ist nach wie vor da, wie eine aktuelle Studie zeigt. Seit Pandemiebeginn werkeln die Deutschen mehr am Haus, in der Wohnung oder im Garten als zuvor, wie eine Konsumentenbefragung des Marktforschungsinstitutes Yougov im Auftrag des "Handelsblatt" zeigt.
Diese bringt überraschende Ergebnisse. Für die repräsentative Studie haben Verbraucher:innen 953 Marken anhand von Preis-Leistungs-Verhältnis, Qualität und Kundenzufriedenheit bewertet. Es zeigt sich: Die Pandemie hat den früheren Spitzenreiter Lego von seinem Thron verdrängt.
Stattdessen haben es gleich drei Marken aus dem Heimwerkerbereich in die Top 10 der Gesamtbewertung geschafft: Makita, Bosch und Kärcher.
Der japanische Werkzeughersteller Makita belegt Platz sieben der beliebtesten Marken. "Dass eine Marke einen solchen Kultstatus erreicht, lässt sich auf ein gutes und langfristig angelegtes Marketing zurückführen", sagt Marktforscher Felix Leiendecker gegenüber dem "Handelsblatt".
Makita setzt auf Akku, hat im Frühjahr alle benzinbetriebenen Geräte eingestellt. Laut eigenen Angaben aus Umweltgründen. Neben Werkzeugen hat Makita auch einige für die Branche eher untypische Produkte im Sortiment – etwa akkubetriebene Baustellenradios, Kaffeemaschinen, Wasserkocher und Thermobecher. Das meiste davon ist im selben Design gehalten wie das Werkzeug: Makita-Blau mit dem Firmenschriftzug.
Die andere beiden Marken aus dem Heimwerkerbereich sind deutsche Traditionsunternehmen: Die Firma Kärcher etwa. "'Made in Germany' ist für viele Verbraucher noch immer ein Gütekriterium", sagt Studienleiter Felix Leiendecker, Head of Products Team im deutschsprachigen Raum bei Yougov.
Kärcher ist vor allem als Erfinder des Hochdruckreinigers bekannt und ist aus dem Bereich kaum noch wegzudenken. Das Verb "kärchern" hat es sogar in den Duden geschafft. Neben Hochdruckreinigern gibt es im Sortiment des Familienunternehmens aus dem schwäbischen Winnenden unter anderem Gartengeräte, Fenstersauger oder sogar Autowaschanlagen. Mittlerweile gibt es über 3000 verschiedene Kärcher-Produkte.
Der absolute Gewinner aus dem Segment Home & Gardening ist aber der Technologiekonzern Bosch, er belegt Platz zwei unter allen Marken. Das Unternehmen bietet zwei verschiedene Farben an Werkzeugen an. Blau im Profi-Bereich und Grün im Heimwerker-Bereich.
Auch Bosch ersetzt das Stromkabel zunehmend durch den Akku. Um für Kund:innen alles komfortabel zu machen, hat sich das Unternehmen mit anderen Herstellern in der "Power for All"-Allianz zusammengeschlossen. Mittlerweile lassen sich dadurch mehr als 100 Geräte von zehn Marken mit ein und demselben Akku betreiben.
Übrigens: Alle anderen Marken von Platz eins verdrängt hat der Zahlungsdienstleister Paypal. Seit 2004 ist die Marke am deutschen Markt vertreten und durch die Pandemie nochmals deutlich gestärkt worden. "Wir haben insgesamt in den Jahren 2020 und 2021 weltweit mehr als 120 Millionen Kunden hinzugewonnen", sagt Paypal-Sprecherin Christina Stechel.
Allein in Deutschland gibt es heute rund 32 Millionen aktive Kundenkonten. Und: Paypal baut seinen Marktanteil weiter aus. Kein Wunder: Immer mehr Menschen zahlen beim Online-Shopping am liebsten via Paypal. Im vergangenen Jahr haben die Deutschen ihren Einkauf im Internet am liebsten per Rechnung oder via Paypal bezahlt, wie eine Erhebung des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI ergab. Auch die Möglichkeit, Freunden unkompliziert und in Echtzeit Geld zu schicken, erfreut sich großer Beliebtheit.
Die Nachhaltigkeit hat in Anbetracht der Krisen allerdings gelitten, wie die Studie zeigt. So haben zumindest Marken mit Fokus auf ökologische Herstellung und Nachhaltigkeit verloren, besonders im Lebensmittelsektor. Anbieter wie Andechser Natur und dm Bio lagen im Jahr 2021 noch weit vorne in der Gesamtbewertung. Mittlerweile punkten sie nur noch in ihrer Sparte.
Viele Menschen sind in finanzieller Bedrängnis. Das ist auch die mögliche Ursache für den Nachhaltigkeits-Verlust. Laut dem Yougov-Experte Leiendecker verändert die derzeitige Krisenstimmung und die Inflation die Kaufentscheidungen von Verbraucher:innen. "Je häufiger ein Kunde etwas kauft, desto relevanter ist für ihn der Preis", erläutert der Marktforscher. Der Lebensmittelsektor leide hierunter besonders.