Die Preise vieler Lebensmittel steigen rasant. Das hat auch mit der Klimakrise zu tun.Bild: dpa / Sven Hoppe
Analyse
04.02.2024, 14:2506.02.2024, 13:15
Bei beinahe jedem Gang in den Supermarkt muss man schwer schlucken: Der Einkauf wird teurer, und das gefühlt mit jeder Woche. Ob Olivenöl, Zucker, Orangensaft, Kaffee oder Kakao – die Preise sind fast überall in die Höhe geschossen. Und das nicht nur ein bisschen, sondern enorm.
Olivenöl ist Ende 2023 beinahe 50 Prozent teurer als noch im Oktober 2022. Die Zuckerpreise befinden sich auf dem weltweit höchsten Stand seit 13 Jahren. Orangensaft ist um 66 Prozent teurer geworden, der Kakao-Preis ist um immerhin 40 Prozent gestiegen.
Ernteausfälle sorgen für Preisschock im Supermarkt
Viele Expert:innen führen den Preisanstieg auf die Folgen der Klimakrise zurück: 2023 war das heißeste Jahr seit 125.000 Jahren – und die durch die Erderhitzung begünstigten Dürren und hohen Temperaturen schaden nicht nur unserer Gesundheit, sondern auch der Landwirtschaft. Dazu kommt noch das Wetterphänomen El Niño, das schwere Dürren und Wassermangel begünstigt.
Aufgrund von Hitze und Dürre bleiben Ernten aus.Bild: Aniket Gawade / Climate Visuals Countdown
So ist etwa die Zuckerernte in Indien, wo rund zwölf Prozent des weltweiten Zuckers produziert werden, im vergangenen Jahr um mehrere Millionen Tonnen eingebrochen. Der Grund: Der für den Anbau notwendige Regen ist ausgeblieben.
"Die Reichen – auch die reichen Landwirte – passen sich an. Die Armen sterben, verlieren ihr gesamtes Hab und Gut."
Klima-Ökonom Gernot Wagner
Ganz ähnlich sieht es beim Olivenöl aus, das vorwiegend aus Spanien, Griechenland und Italien, aber auch der Türkei kommt: Die Trockenheit und Hitzewellen der letzten Jahre haben den Bäumen zugesetzt – und ohne Wasser keine Oliven. Zudem befürchten viele Expert:innen, dass heftige Regenfälle und Pflanzenkrankheiten den Ernten schaden können.
Die Folge: Ernten brechen ein, oder bleiben ganz aus – die Preise für unsere Produkte im Supermarkt steigen. "Climateflation" nennt sich diese Entwicklung, die deutlich macht: Die Klimakrise wirkt sich schon jetzt auf unser aller Leben aus, auch an der Supermarktkasse.
Aber was bedeutet das für uns? Müssen wir aufgrund der Klimakrise mit weiteren Preiserhöhungen für unser Essen rechnen?
Dürre, Frost und Wassermangel zerstören die Ernte.Bild: dpa / Marcelo Aguilar
Ja, meint Claudia Kemfert. Sie ist Klima-Ökonomin und leitet die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Gegenüber watson sagt sie:
"Der Klimawandel wird künftig immer mehr zum Preistreiber werden, wenn es nicht gelingt, ihn einzudämmen und die Landwirtschaft besser an den Klimawandel anzupassen. Ein ungebremster Klimawandel ist ein gravierendes Problem, da Überflutungen und Dürren samt Waldbränden zu Ernteausfällen führen können und dadurch die Lebensmittelpreise erhöhen."
Hilflos ausgeliefert sind wir den Folgen der Klimakrise allerdings nicht, denn es gibt Möglichkeiten, diese einzudämmen – und dafür müsse alles getan werden, betont Kemfert. Statt weiter fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, sollten besser die erneuerbaren Energien genutzt und zudem mehr Energie eingespart werden.
Doch dass unsere Lebensmittel im Supermarkt teurer werden, hängt nicht nur mit Ernteausfällen zusammen, sondern auch mit den teurer werdenden Versicherungen. Die steigenden Preise für Versicherungen hängen letztlich aber ebenfalls mit dem Klimawandel zusammen, denn: Weil das Risiko von Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen zunimmt, steigt auch das Wagnis der Risikoträger, also der Versicherer.
Die Folge: Die Kosten für Versicherungen von Landwirtschaftsbetrieben steigen, was dann anteilig an die Kund:innen im Supermarkt weitergegeben wird.
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Trotzdem dürfe man die Preisentwicklung nicht allein auf die Klimakrise und Extremwetter schieben, meint Gernot Wagner. Der Klima-Ökonom lehrt und forscht an der Columbia Business School und sagt gegenüber watson, dass ein großer Teil der Preissteigerungen bei Lebensmitteln in der letzten Zeit auch auf die teurer werdende Energie zurückzuführen sind:
"Das Faszinierende daran ist: Einerseits ist es die Climateflation – also Preisanstiege durch den Klimawandel. Und andererseits ist es die Fossilflation – der direkte Preisanstieg durch die Verteuerung der fossilen Energiepreise."
Steigt also der Preis für Öl, Kohle und Gas wie in den letzten Jahren verteuern sich Lebensmittel, deren Produktion energieintensiv ist, weil sie etwa in beheizten Gewächshäusern angebaut, oder monatelang gekühlt werden müssen. Ein Teufelskreis – denn das Verbrennen der fossilen Energien würde den Klimawandel natürlich weiter anheizen, wie Wagner bemerkt.
Das Problem: "Am meisten gefährdet sind, wie so oft, die Ärmsten", sagt Wagner. "Die Reichen – auch die reichen Landwirte – passen sich an. Die Armen sterben, verlieren ihr gesamtes Hab und Gut."
Durch Extremwetter erleiden die Ärmsten noch mehr Hunger.Bild: dpa / Brian Inganga
Das zeigt auch eine Studie der Europäischen Zentralbank und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK): Demnach hat bereits der extreme Hitzesommer 2022 in Europa die Inflation bei Lebensmitteln in den Monaten danach um rund 0,6 Prozent erhöht. Was nach nicht viel klingt, hat große Auswirkungen: Der Studie zufolge könnten die steigenden Temperaturen bis 2035 die jährliche Inflation bei Lebensmitteln um bis zu 1,18 Prozent ansteigen lassen.
Dementsprechend wichtig sei es, nicht nur aus den fossilen Energien auszusteigen, sondern auch Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen. Claudia Kemfert betont gegenüber watson:
"In Deutschland wird sich das Klima deutlich wandeln, es werden zukünftig eher klimatische Verhältnisse wie heute etwa in Südfrankreich vorherrschen. Daher sollten Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen samt Methoden entsprechend angepasst werden."
Die Modewelt hat sich lange von den Farben, Texturen, Fellen und Häuten der Tierwelt inspirieren lassen. Bei der Inspiration alleine blieb es bekanntermaßen nicht – Tierhäute landen immer noch auf Taschen und werden zu Gürteln gemacht; Felle zieren nach wie vor so manche Mäntel und die Federn von Gänsen polstern Winterjacken, während die Federn von bunten Vögeln Kragen von extravaganten Jacken zieren.