
Über Deutschland braut sich etwas zusammen: Starke Niederschläge werden durch die Erderhitzung noch extremer.Bild: www.imago-images.de / imago images
Analyse
29.09.2023, 17:0229.09.2023, 20:25
Die Erderhitzung verändert die Welt – und mit ihr auch unser tägliches Leben. Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen – auch die Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse nehmen weiter zu. Der Grund dafür ist simple Physik: Warme Luft dehnt sich aus und kann mehr Wasser speichern. Pro Grad Erwärmung etwa sieben Prozent.
Heißt: In einer bestimmten Zeitspanne verdunstet nicht nur mehr Wasser – es fällt auch in kürzerer Zeit mehr Regen. Die Gefahr von Unwettern steigt also, je wärmer es ist.
Welche Risiken durch die Erderhitzung auf uns zukommen und was dabei hilft, das Klimaproblem zu lösen, darüber haben zahlreiche Expert:innen auf dem Extremwetterkongress in Hamburg gesprochen.

Im Osten Chinas haben zwei Tornados etliche Menschen schwer verletzt und getötet.Bild: Zhang
Im Gespräch mit watson haben die bekannten Wettermoderatoren Özden Terli (ZDF) und Frank Böttcher erklärt, welches die größten Wetter-Risiken sind – und warum.
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Starkregen-Ereignisse
"Mit zu den größten Risiken zählen tatsächlich diese Extremwetter-Ereignisse, die vor zehn Jahren vielleicht noch nicht so heftig waren wie jetzt", sagt ZDF-Meteorologe Özden Terli im Gespräch mit watson. Dadurch, dass die Ereignisse "so derartig an Wucht" zugenommen hätten, würden auch die Folgen weitaus dramatischer ausfallen. Als Beispiel dafür nennt er in Deutschland etwa die Starkregen-Ereignisse im Ahrtal, aber auch die Unwetter in Griechenland und Libyen vor Kurzem.

184 Menschen kamen durch die Flut im Ahrtal ums Leben. Bild: dpa / Boris Roessler
Die starke Aufheizung der Ozeane und Meere, wie wir sie allem voran in diesem Jahr beobachten konnten, wirkt auf das Wetter. Die wärmere Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf und wenn sich Wolken bilden, wird bei der Kondensation zusätzliche Wärme frei, die die weitere Entwicklung des Gewitters verstärkt. Auch regnet es mehr.
Wie viel Regen auf einzelne Regionen einprasselt, hängt mitunter aber auch davon ab, wie schnell Wetterlagen über das Land hinwegziehen. Der Motor hinter vorbeiziehenden Tief- und Hochdruckgebieten ist in unseren Breitengraden der Jetstream. Doch der wird aufgrund der Erderhitzung immer schwächer. Mit gravierenden Folgen: Schwere Hitzeperioden dauern länger an, sturzflutartige Regenfälle ebenfalls.
Zwar ist die Erderhitzung nicht für jedes Extremwetter-Ereignis verantwortlich, aber aus Klimamodellen und Beobachtungen geht klar hervor, dass die Klimakrise bestimmte Extremwetter-Ereignisse wahrscheinlicher oder aber stärker macht.
Hitzewellen und Dürren
Aber nicht nur extreme Regenfälle werden aufgrund der Erderhitzung zum Problem, auch Hitzewellen und Dürren werden laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) weiter zunehmen.
Durch das Klimaproblem steigt nämlich nicht nur die mittlere Temperatur, auch die Extremwerte nehmen zu. Heißt: Tendenziell gibt es mehr heiße Tage und weniger Frosttage, wodurch sich auch das Risiko für Hitzewellen, Dürren und Waldbrände erhöht.

Obwohl trockenresistente Hirse angepflanzt wurde, hat die langanhaltende Trockenheit die Ernte vernichtet. Bild: ZUMA Press Wire / Patricio Murphy
Forschende aus den USA errechneten, dass sich selbst in unseren gemäßigteren Breiten die Tage mit gefährlicher Hitze bis 2050 mehr als verdoppeln werden. Bis 2100 könnten es sogar drei bis zehn Mal so viele Tage mit extremer Hitze sein als im Vergleichszeitraum zwischen 1979 und 1998.
Die Klassifizierung "gefährlich" stammt dabei aus dem Hitzeindex des nationalen Wetterdienstes der USA, der nicht nur die Effekte von Hitze, sondern auch von Luftfeuchtigkeit auf den Menschen berücksichtigt. Dabei gelten Temperaturen ab 39,4 Grad als gefährlich, ab 51,1 Grad gelten sie als extrem gefährlich. Hierbei kann es binnen weniger Stunden zum Hitzschlag kommen – oder sogar dem Tod.
Und wo es Phasen extremer Hitze gibt, gibt es schnell auch extreme Trockenheit – und damit Dürren. Der Weltklimarat IPCC geht davon aus, dass die Intensität und Häufigkeit von Dürren als Folge des Klimaproblems auch in Deutschland weiter zunehmen wird.
"Wir haben auf jeden Fall besondere Herausforderungen bei Dürren", sagt der Meteorologe und Fernsehmoderator Frank Böttcher gegenüber watson. "Die werden uns zukünftig intensiver beschäftigen." Er ergänzt:
"Wir werden längere Phasen mit Hochdruck-Einfluss haben, wodurch es dann längere Zeit keinen Regen gibt. Gleichzeitig müssen wir damit rechnen, dass wir häufiger Starkregen-Ereignisse bekommen, die dann punktuell in kurzer Zeit viel zu viel Regen bringen im Vergleich zu dem, was der Boden aufnehmen kann. Dadurch verlieren wir kostbares Wasser."
Das hat gravierende Folgen auf immer größere Teile der Gesellschaft: Denn sind die Böden zu trocken, steigt auch das Risiko von Ernteeinbußen oder gar Ausfällen. Auch Wasserknappheit könnte zum Problem werden und die menschliche Sicherheit und Lebensgrundlagen gefährden. Dazu kommt: Mit zunehmender Trockenheit steigt auch das Risiko von Waldbränden.
Ein Teufelskreis.
Wirbelstürme werden stärker
Hurrikane, Tornados, Taifune und Zyklone haben eines gemein: Sie wirbeln heute mit höheren Windgeschwindigkeiten, als noch vor 30 Jahren. Ihre Zerstörungskraft steigt. Der Grund dafür ist wieder einmal: die Erderhitzung. Zu diesem Fazit jedenfalls kamen Forschende um den Atmosphärenwissenschaftler Guihua Wang von der Fudan-Universität in Shanghai im Fachjournal "Nature".
"Selbst die USA kommen ja mit diesen gewaltigen Stürmen nicht klar, das kostet richtig viel Geld und auch Leben."
ZDF-Meteorologe Özden Terli
Der Grund dafür liegt in den steigenden Meerestemperaturen: Erhitzen sich die Ozeane, können Wirbelstürme mehr Energie abzapfen und sich mit mehr Luftfeuchtigkeit vollsaugen. Die Folge: stärkere Stürme, größere Schäden. Wissenschaftler:innen erwarten einen Anstieg der maximalen Windgeschwindigkeit von bis zu elf Prozent. Die Niederschlagswerte könnten um bis zu 20 Prozent ansteigen. Der ZDF-Meteorologe Özden Terli erklärte gegenüber watson:
"In den Gebieten, in denen tropische Wirbelstürme vorkommen, müssen wir bedenken, dass die stärksten Stürme immer stärker werden – und vor allem, dass sie sich in kürzester Zeit verstärken."
Terli zufolge könne sich ein Tropensturm binnen 24 Stunden zu einem Sturm der Kategorie 3 oder 4 entwickeln. Das bedeutet Windgeschwindigkeiten von178 bis 208 km/h bei Stufe 3 und 209 bis 251 km/h bei Stufe 4. "Das birgt natürlich riesige Gefahren."

Hurrikan Ian ist über Florida hinweggezogen und hat ein Bild der Zerstörung hinterlassen. Bild: AFP / RICARDO ARDUENGO
Das Gleiche gelte auch für Taifune im Pazifik, wo vor allem sehr viele arme Menschen getroffen würden. "Aber noch einmal zurück zu den Hurrikans und den USA: Selbst die USA kommen ja mit diesen gewaltigen Stürmen nicht klar, das kostet richtig viel Geld und auch Leben". macht Terli deutlich.
Alle Autofahrer:innen sollten sie dabei haben – die Warnweste. Auch beim Fahrrad oder Motorrad fahren kann sie gerade in der dunklen Jahreszeit hilfreich sein. Mit den in Gelb oder Orange leuchtenden Accessoires wird man selbst bei schlechten Lichtverhältnissen im Straßenverkehr nicht übersehen.