An diesem Freitag war es wieder so weit. Es war der 13. globale Klimastreik von Fridays for Future. Unter dem Motto "End Fossil Fuels" gab es weltweit zahlreiche Demonstrationen der Aktivist:innen, allein in Deutschland waren es mehr als 240 Protestmärsche.
Denn auch wenn sich seit der Entstehung der Klimabewegung viel getan hat – ausreichen tut das noch lange nicht. Im Gegenteil. Die Krisen überschlagen sich, eine Unwetterkatastrophe folgt der nächsten, ein Waldbrand auf eine Überschwemmung, ein Hitzerekord auf heftigen Hagelschauer.
"Wenn man sich umschaut, sieht man, dass gerade alles um einen herum eskaliert", sagt Fridays-for-Future-Sprecherin Annika Rittmann im Gespräch mit watson. Inmitten von Extremwetter und eskalierender Klimakrise würden sich die Menschen zunehmend alleingelassen fühlen. "Umso wichtiger ist es, jetzt beim globalen Klimastreik den Druck auf die Politik weiter hochzuhalten."
Denn: Die Bundesregierung habe derzeit keine klare Vision, wie Annika erläutert. "Es geht immer nur darum, hier ein bisschen mehr zu machen, und da ein paar mehr Wärmepumpen einzubauen".
Zwar würden auch diese Schritte mit in die Transformation reinspielen, entscheidend sei aber eine klarere Vision und die richtige Kommunikation dieser. Sie ergänzt:
Der entscheidende Punkt, der bei dieser Thematik immer wieder vergessen werde, sei die politische Erzählung, die mit dem Für und Wider von Klimaschutz einhergehe. Repräsentative Umfragen, wie etwa die groß angelegte Umweltbewusstseinsstudie, zeigen, dass die Klimakrise zwar für viele Menschen ein wichtiges Thema ist, sie aber gleichzeitig Angst vor den durch Klimaschutzmaßnahmen einhergehenden Änderungen haben.
"Die Erzählung, die derzeit von manchen Politiker:innen verkündet wird, ist eher abschreckend und klingt nach: 'Ihr werdet euch das alles nicht leisten können''', sagt Annika im Gespräch mit watson. Zwar gibt es Maßnahmen der Ampel-Regierung, die im Ansatz in die richtige Richtung gingen, wie etwa das Heizungsgesetz. Aber noch immer gibt es zu viele Politiker:innen, die Stimmung machen gegen erneuerbare Energien, höhere Benzin- oder Fleischpreise. Und um zu zeigen, dass Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen, also niemand hinten runter fallen soll, bringe die Klimabewegung die Menschen zum Streik zusammen.
Ihre Forderung: Konsequenter Klimaschutz. Und zwar mit dem im Koalitionsvertrag vorgesehenen Klimageld und weiteren sozialen Mechanismen. Denn Klimaschutz funktioniert nur dann, wenn alle mitgenommen werden.
Deswegen bestehe die große Aufgabe der Regierung, aber auch von Fridays for Future darin, eine andere Geschichte zu erzählen. Ein Bild zu malen von einer Welt, die besser, gesünder und sozialer ist als heute. Das Bild einer Welt, in der Klimagerechtigkeit herrscht.
Dass Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammengehören, würde Fridays for Future Annika zufolge auch seit den gemeinsamen Demonstrationen mit den Gewerkschaften im März zeigen. Sie sagt:
Auch bei diesem globalen Klimastreik wieder.
Aus diesem Grund hat sich die Klimabewegung für den 13. globalen Klimastreik unter anderem mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zusammengetan. Die Organisation hilft allem voran sozial Benachteiligten sowie Betroffenen von Ungleichheit und Ausgrenzung dabei, ihre Interessen durchzusetzen.
Dazu gehört unter anderem der Einsatz und die Forderung nach dem im Koalitionsvertrag versprochenen Klimageld, für das momentan weder Geld eingeplant, noch vorgesehen ist. Und das, obwohl der CO2-Preis ab 2024 um ein Drittel steigen soll. Ein Unding, wie sowohl die Klimabewegung als auch zahlreiche Verbände, Organisationen und Initiativen finden. Schließlich würden unter der finanziellen Mehrbelastung vor allem die Ärmeren leiden.
Dazu kommt: Mit jedem Klimastreik steigt auch die Wichtigkeit einer schnellen und effektiven Klimapolitik. Denn obwohl sich der Deutsche Bundestag vorgenommen hat, bis 2045 klimaneutral zu sein – also nicht mehr CO2 auszustoßen, als wieder absorbiert werden kann – sind die Emissionen weiter zu hoch.
Erst kürzlich kamen Expert:innen zweier voneinander unabhängiger Studien zu dem Ergebnis, dass Deutschland seine Klimaziele aller Voraussicht nach reißen wird – wenn die Bundesregierung nicht nennenswert nachsteuert.
Mit Blick auf den weltweiten CO2-Ausstoß sieht die Lage noch schlimmer aus: 2022 sind die Emissionen erneut um 0,9 Prozent, also 321 Millionen Tonnen gestiegen. Damit wurde ein neuer Negativ-Rekord in Höhe von über 36,8 Milliarden Tonnen aufgestellt, wie die Internationale Energieagentur (IEA) Anfang des Jahres mitteilte.
Welch katastrophale Folgen das nach sich zieht, wird in diesem Jahr deutlicher denn je. Eine Katastrophe jagt die nächste.
In einer neuen Studie, die am Mittwochabend in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlicht wurde, kommen Forschende um den Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Johan Rockström, (erneut) zu einem beängstigenden Ergebnis: Sechs von insgesamt neun planetaren Grenzen sind bereits überschritten. Die Erde befindet sich in einer Hochrisiko-Zone.
Und damit auch wir Menschen.
Aber noch ist es nicht zu spät, zu handeln. Das betont auch die Klimabewegung Fridays for Future immer und immer wieder. "Gerade in diesen anstrengenden Zeiten bringen wir die Menschen wieder zusammen, um gemeinsam für eine konsequentere und sozial gerechte Klimapolitik auf die Straße zu gehen", betont Fridays-for-Future-Aktivistin Annika Rittmann gegenüber watson.
Doch dafür müssen die Emissionen sinken.
In Deutschland, so fordert die Bewegung, solle dies unter anderem mit der Einhaltung des bereits geltenden Klimaschutzgesetzes sowie den "lange überfälligen" Sofortschutzmaßnahmen im ÖPNV gelingen. Dazu gehören auch entsprechende Investitionen in neue Schienennetze, die Taktung der Fahrpläne sowie mehr Mitarbeitende.