Ticket Splitting bei der DB: Alle können sparen – nur ich nicht
Wer eine Fernbeziehung innerhalb Deutschlands führt, führt indirekt auch eine Dreiecksbeziehung mit der Bahn. Denn was für andere der Drink am Freitag nach einer harten Arbeitswoche ist, ist für mich der Sprint zum nächsten Bahnhof, um noch rechtzeitig meinen Zug zu erwischen. Oder meinen Partner abzuholen.
Eines kann ich auf jeden Fall garantieren: Der Drink am Freitag kommt definitiv günstiger als meine Ticketkosten. Denn Bahnfahren ist zwar bequem und effizient, geht aber richtig ins Geld. Hier in Zukunft ein wenig sparen zu können, wäre nicht schlecht. So ist dann vielleicht ein Freitagabend-Drink auch noch drin und ich muss auf nichts mehr verzichten.
Sparen durch Ticket Splitting
Aktuell macht eine noch wenig bekannte Methode die Runde: der Ticket-Splitting-Trick. Anstatt ein durchgehendes Ticket für die gesamte Strecke zu buchen, teilen Reisende ihre Fahrt in mehrere Teilabschnitte auf. Dabei bleiben sie mitunter im gleichen Zug sitzen und erreichen ihr Ziel zur selben Zeit, zahlen dafür jedoch oft deutlich weniger.
Bundesweit bekannt wurde der Spartrick kürzlich durch den Softwareentwickler und Youtuber Lukas Weihrauch. Bei der Planung einer eigenen Reise entdeckte er die Vorteile von Ticket Splitting und entwickelte eine App, um den Trick nutzbar zu machen.
Seine App "Better Bahn" wird jedoch vorerst nicht öffentlich verfügbar sein. Denn um alle Verbindungen vergleichen zu können, müsste die App auf Schnittstellen der Deutschen Bahn zugreifen, was derzeit nicht ohne Weiteres gestattet ist.
Der App-Entwickler hat laut "Spiegel" schon zweimal eine Anfrage an die Deutsche Bahn gestellt, jedoch ohne Rückmeldung. Demnach sei man grundsätzlich offen für Kooperationen, sagt eine Sprecherin. "Wichtig ist aber, dass die Vertriebspartner dabei das DB-eigene Vertriebsnetz ergänzen oder erweitern. Das trifft auf Split-Ticketing-Apps nicht zu."
Ticket Splitting: das verlockende Beispiel
Auch wenn die Deutsche Bahn nicht zustimmt, niemand kann mich daran hindern, meine Fahrt über den DB-Navigator aufzusplitten.
Denn das Beispiel von Lukas Weihrauch klingt für mich zu gut, um wahr zu sein. Alles begann mit einer überraschenden Entdeckung bei der Reiseplanung: Da er regelmäßig von Magdeburg nach Oldenburg fährt, kennt er die hohen Bahnpreise auf dieser Strecke nur zu gut – ein reguläres Ticket kostet derzeit über 85 Euro.
Eines Tages stellte er jedoch fest, dass es auf dem Abschnitt von Magdeburg nach Bremen zahlreiche Sparpreis-Angebote gibt, eines davon sogar für nur 12,99 Euro. Also kaufte er ein Ticket nur für diesen Teil der Strecke.
Die restliche Verbindung von Bremen nach Oldenburg hätte regulär 10,50 Euro gekostet, doch diesen Betrag musste er nicht zahlen, da dieser Abschnitt bereits durch sein Deutschlandticket abgedeckt war, wie er dem "Spiegel" erklärt.
Ein Deutschland-Ticket habe ich auch, also let's go!
Der watson-Selbstversuch
So euphorisch ich auch war: Nach gut zwei Stunden rumtesten, bin ich wieder auf dem Boden der Realität angekommen. Glaubt mir, wenn ich sage, dass ich so gut wie JEDE Möglichkeit für mein Reiseziel getestet habe und meist sogar teurer herauskam, als einfach den Preis für ein durchgehendes Ticket zu bezahlen.
Um das zu veranschaulichen, hier ein paar Beispiele:
Für eine Fahrt von Berlin nach Hamburg an einem Freitag kostet das reguläre Ticket 59,99 Euro. Splittet man das Ticket, beispielsweise in Stendal, landet man im Gesamtpreis bei 60,89 Euro. Kosten für die Nerven, die das Rumgesuche benötigt, exklusive.
Berlin-Hamburg im Test
Gut, so schnell gebe ich nicht auf. Also neues Beispiel, aber gleiches Problem: Auch auf dem Weg von Köln nach Stuttgart, mit einer Teilung in Mannheim, steigen Reisende in meinem fiktiven Szenario teurer aus. Das allgemeine Ticket kostet 115,99 Euro, die beiden Teiltickets 125,98 Euro.
Köln-Stuttgart im Test
Alle guten Dinge sind drei, wie auch hier in meinem Selbsttest. Denn das so oft genannte Beispiel Berlin-München kommt bei einer Splittung des Tickets in Halle (Saale) tatsächlich günstiger raus. Zwar "nur" von 149,99 Euro auf 139,29 Euro, aber immerhin.
Berlin-München im Test
Ticket Splitting: ein nüchternes Fazit
Lange Rede, kurzer Sinn: Vor allem, wenn Reisende wenig flexibel im Reisedatum und der -uhrzeit sind, gibt es wenig Spielraum. Eine manuelle Suche ist mit viel Geduld und Glück verbunden.
Der Grund dafür liegt in der komplexen und teilweise schwer nachvollziehbaren Preisstruktur der Deutschen Bahn. Bestimmte Streckenabschnitte sind häufig in Sparpreisaktionen enthalten oder besonders günstig kalkuliert. Durch die Kombination solcher Teilabschnitte lässt sich der Gesamtpreis deutlich senken. Dafür braucht es aber manchmal etwas Zeit.
Dazu muss ich sagen: Diese paar Euro sind mir meine Nerven wert, auf das Rumgesuche habe ich persönlich keine Lust. Was ich aber sehr begrüßen würde: "Better Bahn".
Im Prototyp funktioniert die App so, dass Nutzer:innen den Link zu ihrer gewünschten Bahnverbindung aus der DB-App oder -Website in "Better Bahn" einfügen und daraufhin angezeigt bekommen, welche Teilstrecken günstiger buchbar sein könnten – die eigentliche Buchung erfolgt dennoch weiterhin über die DB-Seite.
Ob das passiert, bleibt fraglich. Bis dahin muss ich wohl weiterhin auf meinen Feierabend-Drink am Freitag "verzichten". Aber was tut man nicht alles für die Liebe!