Von einem traumhaften Start in den Sommer wollen viele dieses Jahr nicht sprechen. Ungeachtet des meteorologischen Sommerbeginns wechseln sich seit Tagen Sonne, Wolken und Regen ab. Am Mittwoch kam es in einigen Teilen Deutschlands sogar zu schweren Gewittern – mit teils schweren Folgen.
In Süddeutschland musste etwa eine Passagiermaschine, die eigentlich auf dem Weg nach Mailand war, eine ungeplante Landung einlegen. Das Flugzeug war aufgrund des Unwetters in schwere Turbulenzen geraten; dabei wurden sieben Fluggäste und ein Besatzungsmitglied verletzt.
Verletzte gab es im baden-württembergischen Ulm am Donnerstag unterdessen glücklicherweise nicht. Allerdings seien im Stadtteil Donaustetten die Dächer mehrerer Reihenhäuser abgedeckt worden, sodass diese nicht mehr bewohnbar seien, sagte ein Feuerwehrsprecher.
Die Feuerwehr gehe von einer "kleinen Windhose" aus, die durch zwei bis drei Straßenzüge gezogen sei. Sie berief sich auf Augenzeugenberichte. Daraufhin war in Medienberichten auch die Rede von einem Tornado.
Das wollte der Deutsche Wetterdienst in Stuttgart zunächst nicht bestätigen. "Wir gehen davon aus, dass es eher kein Tornado war", sagte ein Meteorologe am Donnerstagmorgen.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach hält es hingegen für möglich, dass ein Tornado in der Nacht zum Donnerstag über Ulm-Donaustetten zog. Ein zumindest kurzlebiger Tornado könne nicht ausgeschlossen werden, sagte DWD-Meteorologe Adrian Leyser Sturm.
"Einzig eine Schadensanalyse vor Ort kann Aufschluss darüber geben. Die Begutachtung und die abschließende Einschätzung wird wahrscheinlich in den nächsten Tagen erfolgen."
Nur eine Woche zuvor wurde über einen Tornado im hessischen Steinau berichtet. Auf Social Media findet sich dazu auch ein Video, auf dem man offenbar die Entstehung der Windhose beobachten kann.
Beim Bodenkontakt einer Trichterwolke spreche man von einem Tornado und das scheine auf dem Video der Fall zu sein, bestätigt der Meteorologe Tim Gotsch gegenüber dem Hessischen Rundfunk. Über Schäden durch die Windhose war bis Ende Mai nichts bekannt. Doch auch andernorts ist in den vergangenen Wochen immer wieder über mögliche Tornados berichtet worden.
Daher drängt sich die Frage auf: Nimmt ihre Anzahl tatsächlich immer weiter zu? Oder trügt der Eindruck? Watson hat dazu mit Andreas Fink gesprochen. Er ist Professor am Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie.
Er bestätigt, dass die Zahl der beobachteten Tornados in Deutschland in den vergangenen Jahren tatsächlich zugenommen hat. "Aber dieser Trend ist im Wesentlichen der verbesserten Beobachtung durch Posts in sozialen Netzwerken und dem technisch verbesserten Radarverbund des DWD zuzuschreiben", meint Fink.
Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) gibt es hierzulande im Schnitt jedes Jahr 45 Tornados. Die jährliche Bilanz würde teils stark schwanken, insgesamt könne man aber keinen Trend hin zu einer Zunahme der Tornado-Zahlen erkennen.
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 40 gezählt, 25 davon sollen über Land entstanden und gezogen sein. Der überwiegende Teil der Wirbel sei schwach gewesen.
Inwieweit sich die Klimakrise künftig auf die Entwicklung von Tornados auswirken wird, ist laut Fink schwer zu sagen, denn es gibt zwei gegensätzliche Effekte:
Tornados entstünden aus Superzellen, welche sich entwickeln, wenn sich der Wind mit der Höhe dreht und stärker wird. Das passiere aber nur bei einigermaßen großen, horizontalen Temperaturgegensätzen. "Welcher Effekt überwiegt, darüber herrscht derzeit keine Klarheit", betont Fink.
Von Verhältnissen wie in den USA sind wir in Deutschland in jedem Fall weit entfernt. "Tornados sind selten und betreffen eine sehr, sehr kleine Region", meint Fink. Hausbesitzer:innen sollten sich eher über präventive Maßnahmen gegen Hitze, Starkregen und in Flussnähe gegen Überschwemmungen Gedanken machen.
(mit Material von dpa)