Jahrhundertsommer ist jedes Jahr. Das macht die Nachricht natürlich nicht besser, ganz im Gegenteil, allerdings nutzt sich der Effekt ab. Wenn von noch nie dagewesenen Temperaturen berichtet wird, von einem Frühling, der bislang so trocken war wie zuletzt 1871, dann bleibt der Schreckmoment für viele mittlerweile aus.
Wie der Frosch im Kochtopf hat man sich an die Allgegenwärtigkeit der Klimakatastrophe gewöhnt. Von den sogenannten Jahrhunderthochwassern hat es in den vergangenen Jahren schließlich auch eine Handvoll gegeben.
So kann man auch in diesem Jahr wieder von einer "Hitzebombe" lesen, von dem "gefährlichsten Sommer seit Langem" und Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius. Aber stimmt das überhaupt? Lassen sich solche Szenarien seriös prognostizieren?
"Derlei Behauptungen zum Sommer 2025 in Deutschland sind nicht seriös und wissenschaftlich nicht gedeckt", sagt der Meteorologe und Klimaforscher Mojib Latif auf Anfrage von watson. Er lehrt am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der Klimakrise. Prognosen wolle er keine abgeben.
Auch Andreas Fink vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie kann den Alarmismus nicht teilen. Gegenüber watson sagt er, es lasse sich "derzeit nicht seriös vorhersagen", ob es in Deutschland einen Hitzesommer mit vielen Tagen jenseits der 30- oder gar der 40-Grad-Marke geben werde.
Allerdings, meint Fink, seien die Rahmenbedingungen für extreme Hitzewellen gegeben und die Wahrscheinlichkeit dieser erhöht. Laut den sogenannten Jahreszeitenvorhersagen bestehe eine Wahrscheinlichkeit von 70 bis 100 Prozent für einen zu warmen Sommer.
Das heiße, dass die Temperaturen für die Monate von Juni bis August "im obersten Drittel der Sommer der vergangenen Jahrzehnte liegen". Das überrasche nicht, schließlich seien die Ozeane um und die Atmosphäre über Europa, "in den letzten Jahren viel wärmer als in den vergangenen Jahrzehnten geworden".
Für den Sommer bedeutet das konkret: Wenn nun zufällig ein blockierendes Hoch über mehrere Tage im Sommer zustande käme, würden die Temperaturen mehr als 1 Grad Celsius höher sein als beispielsweise in den 1970 Jahren, meint Fink.
Wenn die derzeitige Trockenheit gleich bleibe, müsste man zusätzlich von 1 bis 2 Grad Celsius mehr ausgehen. "Dies lässt sich aber erst ein bis zwei Wochen vor so einem Ereignis seriös vorhersagen."
Sein Fazit: "Panikmache vor einem extremen Hitzesommer 2025 ist unangemessen, jedoch sollten die Behörden und jeder einzelne nicht unvorbereitet auf extreme Hitze sein."
Nicht in diesem Sommer und nicht in den folgenden, "denn irgendwann in naher Zukunft werden wir eine nie dagewesene Hitzewelle erleben, bei der auch Maximaltemperaturen von 45 Grad Celsius auftreten können".