Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Fridays for Future fordern sozial gerechten Kohleausstieg in der Lausitz

Klimaprotest - Demo fuer früheren Kohleausstieg in der Lausitz DEU/Deutschland/Brandenburg/Welzow 25.06.2023, Klimademo in Welzow in der brandenburgischen Lausitz, Klimaktivisten demonstrieren in Wel ...
Die Aktivist:innen gehen für eine klimafreundliche Zukunft auf die Straße.bild: IMAGO / Andreas Franke
Gastbeitrag

Fridays for Future fordern sozial gerechten Kohleausstieg in der Lausitz

30.06.2023, 12:29
Ladina Soubeyrand, Gastautorin
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Der Kohleausstieg in der Lausitz vor 2038 ist ein maximal dringendes Thema. Gegenteilig dazu scheinen Bund und Länder sich kaum um zukunftsfähige Pläne für die Energiebranche zu bemühen, doch die Zeit dafür ist abgelaufen. Je länger zukunftsfähige Entscheidungen in der Schwebe bleiben, desto mehr Unsicherheit und Vakuum entsteht um die 1,5-Grad-Grenze und die Zukunft der Lausitz.

Zum Pariser Klimaschutzabkommen hat sich die Bundesregierung bekannt. Doch eine Zusicherung, ganz viel Hoffnung und ebenso viel Konjunktiv reichen nicht aus, um eine existentielle Krise zu bekämpfen. Und auch zu Maßnahmen, die mit der Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze einhergehen, hat sich die Regierung verpflichtet. Doch auch acht Jahre nach Paris werden derartige Konzepte noch immer nicht vorgelegt. Auch nicht nach dem kurzen Hoffnungsschimmer der letzten Bundestagswahl – es bleibt ein Vakuum.

Leuchtend rot haben wir sie alle in Erinnerung, die Plakate, mit denen Olaf Scholz sich als "Klimakanzler" bewarb.

Olaf Scholz ist "Klimacancler" statt "Klimakanzler"

"Klimacancler" ist im Angesicht der aktuellen Ereignisse, insbesondere auch bezüglich des Kohleausstiegs in der Lausitz wohl der treffendere Ausdruck. Anstatt dass sich die Bundesregierung zusammen mit der brandenburgischen und sächsischen Landesregierung zur Ergreifung effizienter Maßnahmen bekennt, ist bei der Ministerpräsident:innenkonferenz Ost der Kohleausstieg kaum ein Thema. Und Olaf Scholz schweigt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hingegen scheint mit den Ministerpräsidenten hinter verschlossenen Türen zu verhandeln.

Ladina Soubeyrand (19) ist Klimaaktivistin aus der Lausitz und setzt sich für einen sozialgerechten Kohleausstieg ein.
Ladina Soubeyrand (19) ist Klimaaktivistin aus der Lausitz und setzt sich für einen sozialgerechten Kohleausstieg ein.bild: fridays for future

Wasser, kein Wasser, kein Wasserstoff?

Die Konsequenzen der Klimakrise sind schon jetzt überdeutlich in der Lausitz zu spüren. Die Lausitz leidet unter einem enormen Verdunstungsproblem, was mit den Tagebauseen zusammenhängt.

Oft wird argumentiert, dass die Spree, die sich vor allem aus dem abgepumpten Grundwasser des Braunkohlebergbaus speist, zukünftig von Wassermangel betroffen sein wird und der Kohleausstieg, damit eine akute Gefahr darstellt. Das Ende der Kohle wird also als Gefahr dargestellt. Dabei ist die viel größere Gefahr jedwede Verzögerung des Kohleausstiegs.

Die Folgerung, dass die Spree einen Wassermangel erleiden wird, ist jedoch vorschnell und lässt außer Acht, dass der Braunkohletagebau den Grundwasserspiegel durch exzessives Abpumpen massiv abgesenkt hat. Das "geborgte" Wasser muss zurück in den Boden, damit der Fluss sich aus natürlichem Grundwasser speisen kann. Bis das jedoch geschehen ist, bleibt die Wasserknappheit eine Problematik, die ihren Endpunkt noch nicht erreicht hat. Es wird deutlich, dass es ohne durchdachte Konzepte nicht funktionieren wird.

Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Fixierung auf Wasserstoff bringt Probleme für junge Generation mit sich

Aber zurück zur Lausitz. Zu der bekennt man sich alternativ auch gern als Wasserstoffregion der Zukunft. Doch die Zukunft, von der hierbei gesprochen wird, bleibt ein vages Konstrukt.

Die Energieverstromung mit Wasserstoff ist weder auf dem technologischen Stand, als dass sie auf Knopfdruck einsatzbereit wäre, noch existiert die notwendige Infrastruktur.

"Die Kohleverstromung bis 2038 wird die 1,5-Grad-Grenze von Paris reißen."

Durch die Fokussierung auf Technologien, die noch nicht die erforderliche Tragweite haben, entsteht nicht nur ein energetisches, sondern auch ein gesellschaftliches Vakuum, welches (wieder einmal) die jungen Menschen der Lausitz übergeht und eine Technologie befeuern will, die aktuell weder Berufs- noch Zukunftsperspektiven bietet.

Nur erneuerbare Energien mit den notwendigen Speicherkapazitäten können, mit dem aktuellen Wissen und der Infrastruktur, den Strukturwandel handfest gestalten.

Unhaltbar, unwirtschaftlich, unehrlich

Ein Konzept ist per definitionem ein handfester, klarer Plan, das ein Vorhaben umreißt. Es scheint logisch, dass das Konzept für ein zukunftstragendes Vorhaben nicht auf Technologien von vorgestern beruhen darf.

Die Kohleverstromung bis 2038 wird die 1,5-Grad-Grenze von Paris reißen. Das Abkommen von 2015, dessen Einhaltung die Klimabewegung vor dem Bundesgerichtshof eingeklagt – und Recht erhalten hat, ist eine Zusicherung. Ein Kohleausstieg im Jahr 2038, der diese lebensrettende Grenze in Gefahr bringt, ist somit absolut unhaltbar.

Ab 2030 ist die Energieverstromung mit Kohle aufgrund der erhöhten CO₂-Bepreisung überdies unwirtschaftlich, wie eine neue Studie der Europa-Universität Flensburg und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung benennt. Die Kohleverstromung ist also nicht nur katastrophal für die Verstärkung der Klimakrise, sondern auch keine wirtschaftliche Zukunftsperspektive.

Was hierbei gegeneinander ausgespielt wird, sind Arbeitsplätze und Klimaschutz – doch wie können zukunftssichere Arbeitsplätze in einer Branche existieren, die früher oder später ihr Ende finden wird?

Junge Menschen verlassen die Lausitz in Scharen, da ihre Zukunft auf dem Vakuum eines Kohleausstiegs zu fußen scheint, in dessen gesamter Debatte die Angst vor dem plötzlichen Aus geschürt wurde, anstatt sich zu überlegen, eben diesen Ausstieg zu gestalten, solange noch Zeit dafür ist. Die sozialste Lösung, die, die Menschen mitnimmt, muss auch die klimafreundlichste Lösung werden.

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Laut Rainer Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, wolle man mit dem vorgezogenen Kohleausstieg warten, bis man sieht, wie sich die Krise entwickelt.

Auf was für eine Krise will Haseloff warten? Sie ist längst da, wie ich kürzlich mit mehr als 1000 Menschen gesehen habe. Gemeinsam standen wir am Rande des Tagebaus Welzow, die Größe dieser Katastrophengrube ist schier erschlagend. Das Wasser scheint nicht zu reichen.

Das 1,5-Grad-Ziel können wir so nicht einhalten. Viele Möglichkeiten, bleiben uns nicht. Wir können nur handeln. Jetzt.

Essbare Drohnen sollen Elektroschrott-Problem reduzieren

Das Leben ist im 21. Jahrhundert so technologisiert wie nie zuvor. Ob in der Medizin, in der Bildung oder im Konsum – überall unterstützen uns digitale Tools auf verschiedenste Weise im Alltag. Laut Statistischem Bundesamt benötigen 80 Prozent der Erwerbstätigen hierzulande mittlerweile Computer, um ihrer Arbeit nachzugehen.

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