Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Fridays for Future zu Kohleausstieg: Wegschauen in der Lausitz verschärft Krise

Tagebau Welzow-Süd DEU/Deutschland/Brandenburg/Welzow, 06.04.2023, Braunkohletagebau Welzow-Süd, Schaufelradbagger 1519 SRs 6300 im Vorschnitt am Rand des Tagebaus Welzow LEAG. *** Welzow Süd open  ...
Im Tagebau Welzow-Süd in Brandenburg werden bis zu 20 Millionen Tonnen Braunkohle im Jahr gefördert.bild: IMAGO / Andreas Franke
Gastbeitrag

Fridays for Future zum Kohleausstieg in der Lausitz: "Wir müssen Vorreiter sein"

05.05.2023, 13:09
Kiara Heizmann – Gastautorin
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Ich stehe am Rande der unendlichen Weiten eines Tagebaus. Es ist ruhig, heute ist kein Betrieb, dennoch sieht man in weiter Ferne die Maschinen stehen. Die nur darauf warten, wieder angeschaltet zu werden – und weitere Teile Land zu verschlingen, um an dreckige Kohle zu kommen.

So weit herausgezoomt kommt es einem ganz einfach vor: Damit Deutschland einen gerechten Beitrag zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze leisten kann, müssen wir jetzt konsequent aus der Kohleverstromung raus. Das bedeutet auch, dass in der Lausitz auf keinen Fall mehr als weitere 205 Millionen Tonnen Kohle verfeuert werden dürfen, wie eine Studie der Fossil-Exit-Forschungsgruppe erst kürzlich präsentierte.

Wegschauen befeuert Klima-Krise

Es ist Zeit, dass wir uns von fossilen Brennstoffen lösen und uns auf Erneuerbare Energien konzentrieren, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Wir müssen die CO₂-Emissionen extrem eindämmen, andernfalls können wir uns bald von einer Welt, wie wir sie heute kennen, verabschieden. Das alles ist keine Neuigkeit mehr – weder für uns noch für die Politiker:innen in Deutschland und der ganzen Welt.

"Durchs Wegschauen und Ignorieren lösen sich keine Probleme – im Gegenteil, sie verschärfen sich."

Und doch passiert seit Jahren wenig – zu wenig. Vielleicht ist es zu abstrakt und zu weit weg, sich die fatalen Folgen der Klimakrise vorzustellen und auch wirklich zu begreifen. Es lässt sich nicht bestreiten, wie beängstigend das Ausmaß der Krise in Form von Überschwemmungen, Hitzeperioden und Artensterben ist. Klar ist es einfacher, sie zu verdrängen und sich eine Welt vorzustellen, in der es dieses Problem nicht in diesem Ausmaß gäbe. Doch durchs Wegschauen und Ignorieren lösen sich keine Probleme – im Gegenteil, sie verschärfen sich.

Kiara Heizmann, 15 Jahre alt, ist Schülerin in Görlitz und engagiert sich bei Fridays for Future in der Lausitz für den Kohleausstieg.
Kiara Heizmann, 15 Jahre alt, ist Schülerin in Görlitz und engagiert sich bei Fridays for Future in der Lausitz für den Kohleausstieg.

Klimakrise ist größere Bedrohung als Kohleausstieg

Der Kohleausstieg ist nicht leicht, besonders für die Lausitz nicht – viele haben Angst, denn ihre Identität beruht zu großen Teilen auf der Kohle. Das ist kaum verwunderlich, denn Kohle war und ist Motor dieser Region. Und die Kohle wird weiterhin gefördert, von Politiker:innen, die an der fossilen Lobby hängen.

Fatal ist, dass die Kohlekonzerne und die daran hängende Politik den Menschen suggerieren, dass der Kohleausstieg eine größere Bedrohung ist als die Risiken der Klimakrise. Die Kohle sorgte für Arbeit und Wohlstand, nachdem ab 1966 Umsiedlungen stattgefunden hatten, um Braunkohle abzubauen und damit später fünf große Kraftwerke zu befeuern.

Lokaler wird kaum auf Chancen von Energiealternativen gezeigt

Warum sollte sie jetzt so schlecht sein? Die Antwort auf diese Frage liegt auf der Hand, denn was bringt uns die Kohle in einer Welt, die nicht mehr bewohnbar sein wird?

Dieses Bewusstsein scheint bei vielen jedoch noch nicht angekommen zu sein. Dass bei sauberer Energieerzeugung aus Wind, Sonne und Wasser sowohl neue Arbeitsplätze als auch ganze Wirtschaftszweige entstehen werden, scheint viele Menschen wenig zu interessieren; auch die Politiker:innen auf Landes- und Bundesebene geben sich wenig Mühe, zukunftsfähige Perspektiven aufzuzeigen und Menschen in Regionen wie der Lausitz Chancen zu bieten.

Stattdessen stecken sie weiterhin Gelder in Energieträger, die bald ohnehin nicht mehr wirtschaftlich sein werden und halten die Kohle künstlich am Leben, statt endlich nach vorne zu schauen und zu denken.

Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Solange der Profit hoch genug ist, scheint man alles andere vergessen und unsere Zukunft aufs Spiel setzen zu können – die Leute, die das entscheiden, werden die Folgen vermutlich sowieso nicht mehr mitbekommen. Das ist verantwortungslos und verkennt die Krisenrealitäten, die Menschen besonders im Globalen Süden bereits täglich erleben.

Deutschland soll Vorreiter werden – und seiner Verantwortung nachkommen

Natürlich ist mit dem Kohleausstieg der Lausitz nicht alles geschafft. Es ist klar, dass das nicht der einzige Motor der Erderhitzung ist und dass wir damit auf kurze Sicht nur Deutschland betrachten. Doch Deutschland trägt eine riesige Verantwortung in der Klimakrise und dass der Umbau zur Versorgung mit sauberen kostengünstigen Erneuerbaren allen Menschen langfristig hilft, ist längst keine Frage mehr.

"Wir müssen die Gelegenheit sehen, jetzt Vorreiter zu sein und nicht wieder zurückzubleiben."

Natürlich gibt es auch Menschen in der Gesellschaft, die – wie ich – von der Unverzichtbarkeit des Kohleausstiegs überzeugt sind. Menschen, die wissen, dass dieser nötige Wandel unabdingbar ist. Wir müssen die Gelegenheit sehen, jetzt Vorreiter zu sein und nicht wieder zurückzubleiben.

Das wird nicht leicht, aber umso wichtiger ist, dass Entscheidungsträger:innen gemeinsam mit den Menschen vor Ort endlich echte Lösungen finden und umsetzen. Die Sorgen der Bevölkerung dürfen nicht kleingeredet und ignoriert werden, sondern man muss sich bemühen, den Wandel gemeinsam gerecht zu gestalten und Chancen zu schaffen.

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Letztendlich kehre ich um, fahre mit dem Zug wieder nach Hause und gehe ins Bett. Übermorgen, am Sonntag, dem 07.05., komme ich das nächste Mal hierher, denn dann wird hier eine Demo stattfinden, bei der Fridays for Future gemeinsam mit einem Bündnis aus zahlreichen lokalen Akteuren für einen gerechten Wandel weg von der Kohle einstehen wird.

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