Mit dem steigenden Umweltbewusstsein der Deutschen und den fortschreitenden Klimawandel wird der Einkauf zahlreicher Kund:innen in dieser Hinsicht bewusster. Die Entscheidung für oder gegen ein Produkt wird also vom Umwelt-Image und von grünen Labeln beeinflusst. Doch nicht alle vermeintlich nachhaltige Artikel halten, was sie versprechen.
Ein Label ist nun genau aus diesem Grund in Verruf geraten. Es ziert zahlreiche Produkte. Ein Drogerie-Riese sieht sich deshalb dazu gezwungen, Konsequenzen zu ziehen.
Konkret geht es um das "klimaneutral"-Label. Es verspricht die angebliche Klimaneutralität eines Produktes, stand lange Zeit für Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Klimaschutzmaßnahmen. Bis vor Kurzem. Die Recherchen der Wochenzeitung "Die Zeit" und des britischen "Guardian" brachten anderes ans Licht: Demnach sind zahlreiche Waldschutz-Projekte zum Ausgleich von CO₂-Emissionen wirkungslos – ganz anders als propagiert.
Zwei Reporter:innen fanden etwa heraus, dass Unternehmen bei den derzeit in Deutschland verbreiteten Anbietern für "klimaneutral"-Label ClimatePartner und myclimate keinen Nachweis für ihren tatsächlichen CO₂-Ausstoß erbringen mussten. Dabei soll das Label die Emissionen durch Umweltprojekte ausgleichen. Der Verdacht liegt nahe, dass interessierte Betriebe einfach nur genügend für die Zertifikate hinblättern müssen.
Das Vertrauen ist angeknackst.
Nun hat der Drogeriemarkt-Chef Raoul Roßmann Konsequenzen angekündigt. Im Gespräch mit der "Zeit" verriet er, dass sein Unternehmen Rossmann künftig auf das "klimaneutral"-Label von Climate Partner verzichten wird. Im Drogeriemarkt gibt es zahlreiche Produkte der Eigenmarke mit dem Label. "Bislang war meine Haltung: Solange die Klimaschutzprojekte dahinter nicht infrage stehen, kann man mit der Kritik an den Labels auch umgehen. Aber nun frage ich mich: Welcher Kunde nimmt das noch als Mehrwert wahr?", sagt er.
Dafür hat sich der Konzern einen Zeitraum von einem Jahr gesetzt. So lange dauere es, bis alle Eigenmarken-Produkte mit dem Aufdruck über den Tresen gewandert sind. Das Geld, das eigentlich zur Kompensation der eigenen Emissionen gedacht war, soll anderweitig investiert werden. Das Budget von etwa einer Million Euro habe die Drogerie-Kette bisher aber nicht in Waldschutz-Projekte investiert, die durch die Recherche von "Zeit" und "Guardian" in die Kritik geraten waren. Das Unternehmen habe auf Windkraft gesetzt.
Nach Aussage des Rossmann-Chefs werde es noch etwa ein Jahr dauern, bis alle Eigenmarken-Produkte mit "klimaneutral"-Aufdruck aufgebraucht seien. Danach werde man das Geld, das man bislang in die Kompensation investiert habe, anders verwenden. "Es geht um ein Budget von einer Million Euro", so Roßmann.
Allerdings habe das "klimaneutral"-Label ohnehin keine große Auswirkung auf das Kaufverhalten der Kundschaft gezeigt. "Den meisten scheint das egal zu sein", sagte Geschäftsführer Roßmann in der "Zeit". Die Entscheidung, künftig darauf zu verzichten, sei deshalb bereits im Dezember des vergangenen Jahres gefallen, wie die "Lebensmittelzeitung" mit Berufung auf Roßmann schreibt.
In Sachen Umwelt will das Unternehmen nach eigenen Angaben künftig mehr in eigene Projekte investieren. Etwa Naturschutzprojekte, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
Climate Partner bedauert die Konsequenzen, die Rossmann nun gezogen hat. Gegenüber der "LZ" ließ die Organisation verlauten:
Climate Partner verteidigt also die eigene Label-Wirkung. Die Transparenz sei von zentraler Bedeutung. Die Organisation verweist auf mehrere Studien, die die positive Wirkung von Klima-Labels auf Kaufentscheidungen bestätigt hätten.
Climate Partner stand in der Vergangenheit häufiger in der Kritik. Das Label sei zu einfach zu bekommen, so das Ergebnis einer vorangegangenen Recherche der "Zeit". Auch Verbraucherschutzorganisationen wie die Deutsche Umwelthilfe oder Foodwatch bemängelten Climate Partner sowie mehrere Unternehmen wiederholt. Rossmann war in diesem Zusammenhang ebenfalls Zielscheibe der Kritik. Der Vorwurf an den Drogerie-Riesen und sieben weitere Unternehmen seinerzeit: irreführende Werbeaussagen zu angeblicher Klimaneutralität.
Übrigens ist Rossmann nicht der einzige Händler, der sich vom Label trennt. Zuvor hatte bereits dm angekündigt, auf das "klimaneutral"-Siegel zu verzichten.