Es war wohl eine der großen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts: sauberes Trinkwasser aus dem Hahn. Zwar wurden die ersten Kanalisationssysteme bereits Ende des 19. Jahrhunderts gebaut, doch dass Wasser einfach so aus einem Hahn gesprudelt kommt, könnte einen eigentlich heute noch in großes Staunen versetzen.
Diese dauerhafte Verfügbarkeit hat in Verbindung mit der Klimakrise in den vergangenen Jahren allerdings dazu geführt, dass Wasser in bestimmten Teilen der Erde immer knapper wird. Der US-Bundesstaat Kalifornien versucht nun mit einem neuen Projekt, der Wasserknappheit vor Ort etwas entgegenzusetzen.
Der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA kämpft seit 2012 gegen anhaltende Dürresommer, jedes Jahr wird die Bevölkerung zur Reduzierung ihres Wasserverbrauchs angehalten. Da der Staat an der Westküste aber auch bei Tourist:innen besonders beliebt ist, fehlt es vor allem in den Sommermonaten weiter an Trinkwasser.
Die örtliche Kontrollbehörde für Wasserressourcen hat in diesem Zusammenhang nun einen Plan verabschiedet, der die Nutzung von Abwasser für die Aufbereitung zu Trinkwasser vorsieht. Zuständige Wasserbetriebe sollen durch die jüngst verabschiedete Regelung erleichterten Zugriff auf das Abwasser bekommen.
"Die direkte Wiederverwendung von Trinkwasser ist eine wichtige Strategie für unseren Staat, um unsere Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und unsere Abhängigkeit von importiertem Wasser zu verringern", erklärt Laurel Firestone, die das neue Regulierungspaket mit unterzeichnet hat, gegenüber dem Sender CBS. Die Vorstandsmitglieder unterstrichen dabei die hohe Qualität des aufbereiteten Wassers.
Das recycelte Wasser wird demnach künftig verschiedene Filterprozesse durchlaufen, unter anderem erfolgt durch UV-Licht eine Desinfektion. Da auch das sogenannte Schwarzwasser aus kalifornischen Toiletten benutzt wird, durchläuft das Wasser mehrere Phasen zur Eliminierung von Krankheitserregern.
Bisher wird ein Großteil des Abwassers in Kalifornien für die Landwirtschaft genutzt. Der sonnenreiche Bundesstaat liefert rund 55 Prozent der Erträge für Obst, Gemüse und Nüssen der gesamten USA. Ein Großteil des Wassers ging in der Vergangenheit aber häufig verloren, da es durch die anhaltende Hitze versickerte oder direkt verdampfte.
Durch den neuen Aufbereitungsprozess soll künftig auch in trockenen Perioden Wasser für die Bevölkerung und die Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Laut Expert:innen könnte die Nutzung des Abwassers ein Plus von gut 15 Prozent in den Wasserspeichern der einzelnen Kommunen bedeuten.
Die Wiederverwendung von Abwasser gewinnt in den USA zunehmend an Popularität. Colorado hat bereits eine ähnliche Regulierung beschlossen, auch Florida und Arizona denken über entsprechende Schritte nach. In Deutschland wird laut der Bundesregierung ebenfalls 96 Prozent des Abwassers recycelt, allerdings gelangt es nach der Klärung zunächst erneut wieder in den natürlichen Wasserkreislauf.
Vor allem in den vergangenen drei Jahren hat sich die Lage in Kalifornien drastisch zugespitzt. Über die Sommermonate fällt hier mittlerweile praktisch kein Niederschlag mehr. Die Folge sind Waldbrände und enorme Einschränkungen auch in der Landwirtschaft.