Die Zahl der Luchse in Deutschland steigt – aber nur sehr langsam. Am Ende des Monitoringjahres 2019/2020 wurden 32 Luchsweibchen mit 59 Jungtieren gezählt, wie das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn mitteilte. Die Zahl der ausgewachsenen Luchse lag zwischen 125 und 135. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden 84 bis 88 Luchse und 27 Weibchen mit Nachwuchs registriert.
Das BfN berief sich bei den Luchszählungen auf neue Erhebungen der Bundesländer. Die 32 Luchsweibchen mit 59 Jungtieren im ersten Lebensjahr wurden demnach in Bayern (13), Hessen (eines), Niedersachsen (zehn), Rheinland-Pfalz (zwei), Sachsen-Anhalt (fünf) und Thüringen (eines) erspäht. Die etwa schäferhundgroßen Raubtiere benötigten "möglichst unzerschnittene, waldreiche Lebensräume mit ausreichend Beutetieren wie Rehen", erklärte das Bundesamt. Sie bewohnten große Reviere und bräuchten darin ruhige Rückzugsorte.
BfN-Präsidentin Beate Jessel sprach angesichts der gestiegenen Zahlen von einem "deutlichen und erfreulichen Zuwachs". Jedoch sei die Zahl der Luchsweibchen mit Nachwuchs in Deutschland "immer noch zu gering, um von einem stabilen Bestand zu sprechen".
"Die deutschen Luchsbestände sind durch die Zerschneidung der Waldlebensräume, durch illegale Nachstellung und durch den Verkehr weiterhin stark gefährdet", mahnte die BfN-Präsidentin. "Der Erhalt der Tierart kann daher nicht als gesichert gelten."
Auch die Naturschutzorganisation WWF Deutschland nannte den Trend beim Luchsvorkommen erfreulich. "Zugleich wird allerdings deutlich: Der Luchs kehrt nur sehr langsam nach Deutschland zurück – obwohl er seit fast 50 Jahren wieder in Deutschland heimisch ist", erklärte der WWF-Wildexperte Moritz Klose. "Illegale Tötungen und die schlechte Vernetzung von Luchslebensräumen bleiben ein Problem."
Der Naturschutzbund Nabu kommentierte, trotz des leichten Anstiegs sei die Ausbreitung des Luchses immer noch gefährdet. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND erklärte: "Zum ersten Mal seit Jahren streifen deutlich mehr Luchse durch unsere Wälder – das ist ein gutes Zeichen". Doch eine Entwarnung sei es nicht. Das Pinselohr sei in Deutschland laut Roter Liste nach wie vor vom Aussterben bedroht, erklärte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock.
Dem BfN zufolge gibt es derzeit drei voneinander getrennte Luchsvorkommen in Deutschland: Das größte Vorkommen liegt im Harz und dessen Umfeld. Ein weiteres Vorkommen existiert in Ostbayern als Teil der größeren grenzüberschreitenden böhmisch-bayerisch-österreichischen Population. Das dritte Vorkommen besteht erst seit 2016 im Pfälzerwald und dessen näherer Umgebung.
(sb/dpa/afp)