Es ist noch gar nicht allzu lange her, da galt Deutschland noch als "Luchsland", wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einst schrieb: In nahezu allen Wäldern waren damals Luchse unterwegs, bis Mitte des 19. Jahrhunderts das letzte Tier erschossen wurde. Mittlerweile sind die großen Katzen mit den Pinselohren zumindest in einigen wenigen Regionen Deutschlands wieder beheimatet – rund 135 Tiere leben derzeit vor allem im Harz, in Baden-Württemberg und der bayerischen-böhmischen-österreichischen Grenzregion.
Das kommt auch dem Wald und unseren Ökosystemen zugute: Denn als Jäger von Rehen und Hirschen tragen Luchse wesentlich zum ökologischen Gleichgewicht der Wälder bei. Und das ist seit Jahren gestört: Fast in allen deutschen Wäldern sind die Bestände von Hirschen und Rehen zu hoch. Aufgrund des Klimawandels leiden die Wälder so doppelt: Zum einen stören und schädigen Schädlinge, Hitze und Trockenheit den Baumwuchs. Zum anderen fressen die vielen Rehe und Hirsche die Knospen. Die Folge: Der Wald hat durch das Ungleichgewicht kaum eine Chance, nachzuwachsen.
Vor allem in Thüringen hat man sich aus diesem Grund vorgenommen, mehr dafür zu tun, dass die Luchse wieder heimisch in den Wäldern werden. Ein Artenschutzprojekt der Naturschutzorganisation BUND, des WWF sowie acht weiteren Partnern sieht daher vor, in den kommenden vier Jahren jährlich bis zu fünf Luchse auszuwildern. Das teilten das Thüringer Umweltministerium und die Projektpartner mit.
Derzeit gehen Expert:innen von vier standorttreuen Luchsen in Thüringen aus, mit mindestens drei Jungtieren.
Gefördert wird das Luchs-Artenschutzprojekt vom Land, wie das Umweltministerium mitteilte. Dabei gehe es um einen stabilen Kernbestand der Tiere im Thüringer Wald. Auch Förster:innen und Jäger:innen würden bei der Beobachtung ausgewilderter Tiere helfen. Die Luchse, die im Wald ausgewildert werden sollen, stammen aus einer Aufzuchtstation sowie von zwei rumänischen Partnerorganisationen.
Finanziell unterstützt wird das Projekt der Luchs-Auswilderung über einen Zeitraum von vier Jahren mit 2,9 Millionen Euro. 2024 sollen davon 880.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Ein Fünftel dieser Summe stammt aus dem Thüringer Landeshaushalt, die übrigen 80 Prozent aus einem von der EU kofinanzierten Programm. Koordiniert wird das Projekt vom BUND Thüringen, der sich seit Jahren für den Erhalt des Luchses im Freistaat einsetzt.
Kathrin Samson vom WWF glaubt, dass sich die Zukunft der Luchse in Deutschland in Thüringen entscheide: "Wir brauchen die Wälder dort als Verbindungskorridor zwischen den Luchspopulationen im Harz und im Bayerischen Wald", erklärte die Naturschützerin.
Neben den Tieren aus der Aufzuchtstation sollen ihr zufolge innerhalb der nächsten vier Jahre auch etwa zehn Luchse als Wildfänge aus den rumänischen Karpaten in den Thüringer Wald umgesiedelt werden.
(Mit Material der dpa)