Straßen stellen einen großen Eingriff in die heimische Flora und Fauna dar. Laut dem Bund Naturschutz ist die "Zerschneidung" der Landschaft durch das rund 630.000 Kilometer umfassende Straßennetz eines der größten Probleme für den Umweltschutz in Deutschland.
Um den von den asphaltierten Verkehrswegen betroffenen Tierarten einen Fortbestand in ihrem Lebensraum zu sichern, können sogenannte Querungshilfen förderlich sein. Neben Wildunterführungen, Amphibientunneln und Dachsröhren kommen dafür auch Grünbrücken zum Einsatz.
Das sind bepflanzte Brücken, die den Tieren eine sichere Überquerung von Autobahnen und Bundesstraßen gewährleisten sollen. In Deutschland gibt es 87 dieser Überführungen (Stand 2022). Eine davon steht an der Autobahn A21 in Schleswig-Holstein.
Bis die Tiere die Überquerung annahmen, dauerte es eine Weile. Die Haselmaus mied die Grünbrücke Kiebitzholm nördlich von Bad Segeberg bislang strikt – doch nun wurde die seltene Tierart dort erstmals gesichtet.
Wie die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein mitteilt, sei das kleine Lebewesen bei einem Kontrollgang entdeckt worden. Für die Naturschützer:innen ist das "eine kleine Sensation". Denn in fünf Jahren des regelmäßigen "Monitorings" der Grünbrücke konnte die Haselmaus bislang nie beobachtet werden.
Bei diesen Kontrollgängen prüften Biologen-Teams mehrmals im Jahr, ob und wie die Grünbrücken über den Autobahnen A21, A7, A20 und A24 von den Tieren angenommen werden, die es ohne die Querungshilfen niemals lebend über die Straße schaffen würden, wie die Organisation erklärt.
"Bislang 'traute' sich das störungssensible und in Schleswig-Holstein im schlechten Erhaltungszustand befindliche Tier höchstens in die Nähe des Bauwerks", heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. Die Gehölze auf der Brücke hätte die Maus bislang nicht überzeugt.
Unter anderem für die Haselmaus – laut der Stiftung die größte Diva der seltenen und komplizierten Waldarten – habe ein Expertenteam in den vergangenen zwanzig Jahren den Lebensraum um die Autobahn verbessert. So seien im Umfeld der Grünbrücke rund 20 Hektar Naturwald und in der Agrarlandschaft drumherum rund vier Kilometer Knicks optimiert worden.
"All diese Maßnahmen brauchen einige Zeit, denn erst vielfältige Wälder, dicht gewachsene Knicks und insektenreiche Gebüsche erfüllen alle Lebensraum-Ansprüche der kleinen, streng geschützten und in Schleswig-Holstein stark bedrohten Haselmaus", wird Tierökologe Björn Schulz in der Mitteilung zitiert.
Bis die Maus auf der Grünbrücke nachgewiesen werden konnte, habe es fast 18 Jahre gedauert. Die Tierart sei ebenfalls auf der A20-Grünbrücke bei Strukdorf gesichtet worden.
"Es beweist, dass die Wiedervernetzung von Lebensräumen auch über Straßen hinweg funktionieren kann und wir mithilfe von Korridoren Verbindungen von einem Lebensraum zum nächsten schaffen können", sagt Schulz. Nur so sei ein genetischer Austausch möglich und das Überleben vieler stark bedrohter und selten gewordener Tiere gesichert.