Nachhaltigkeit
Interview

Deutsche Landwirtschaft: Landwirtin warnt – "massive monetäre Schäden"

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Junge Landwirt:innen in Deutschland wünschen sich nachhaltige Konzepte aus der Politik.Bild: IMAGO/Shotshop
Interview

Junge Landwirtin warnt: Klimawandel schafft "massive monetäre Schäden"

03.03.2025, 08:1503.03.2025, 08:15
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Viel wurde sich aufgeregt in den vergangenen Wochen deutschen Wahlkampfs. Es ging um Großstädte, Migration und Wohnungsmarkt, doch über einige Bereiche wurde kaum gesprochen – zum Beispiel über die deutsche Landwirtschaft.

Ein Wirtschaftszweig, der in Deutschland oft wenig Anerkennung bekommt, sich aber mit wechselhaften politischen Bestimmungen und dem Klimawandel herumschlagen muss. Besonders für junge Landwirt:innen ist das zuweilen frustrierend. Walburga Puff ist eine von ihnen.

Sie wuchs auf einem Hof in der nördlichen Oberpfalz auf. Nach dem Abitur studierte sie Landwirtschaft in Freising und sitzt inzwischen an ihrem Master der Agrarwissenschaften in Hohenheim. Sie ist Mitglied im Bund der Deutschen Landjugend und plant, später den Betrieb ihrer Familie zu übernehmen.

Watson sprachen mit der 23-Jährigen über den bereits sichtbaren Klimawandel, die Rolle der Konsument:innen und was die neue Regierung aus Sicht der deutschen Landwirtschaft tun muss.

Landesvorsitzende Bayerische Jungbauernschaft Walburga Puff
Walburga Puff ist Landesvorsitzende der Bayerischen JungbauernschaftBild: PR / Bayerische Jungbauernschaft

watson: Welche dringenden Themen müssten in der nächsten Regierungsperiode angegangen werden, aus Sicht der Landwirtschaft?

Walburga Puff: Wir würden uns alle wieder eine Marktstabilität wünschen und faire Preise, sodass wir wieder wettbewerbsfähig sind, innerhalb der EU, aber auch global. Wir brauchen Planungssicherheit. Momentan ist es so, dass sich Betriebe, wenn sie zum Beispiel einen neuen Stall bauen, nicht sicher sein können, ob die Maße des Stalls in fünf Jahren so noch konform sind – oder sie direkt neu bauen müssten.

Noch etwas?

Natürlich der allseits gewünschte Bürokratieabbau. Landwirt:innen verbringen inzwischen sehr viel Zeit im Büro und würden viel lieber bei den Tieren oder auf dem Feld ihre praktische Arbeit machen, um gute Produkte zu erzeugen. Zuletzt brauchen wir eine klare und nachhaltige Strategie, auch für die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel.

"Der Klimawandel ist das Thema, was uns in der Landwirtschaft in Zukunft auf jeden Fall betreffen wird."

Die "Zukunftskommission Landwirtschaft" hat mehrfach Leitlinien und Konzepte für nachhaltige Agrarpolitik erarbeitet, die von der Ampel-Regierung kaum aufgegriffen wurden. Ist das enttäuschend?

Ja, schon ein bisschen. Vor drei Jahren habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht, aber inzwischen denke ich, dass eine dreigliedrige Regierung Schwierigkeiten aufwirft, sobald es um Entscheidungen geht. Da müssen sich eben immer gleich drei Parteien einig werden.

Was hat die Ampel noch verpasst?

Es wurde uns Bürokratieabbau versprochen. Stattdessen haben wir jetzt oft neue Vorschriften, die uns das Leben schwerer machen.

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Wie war denn die Stimmung unter den Landwirt:innen in Bezug auf die Wahl? War man so gespalten wie der Rest der Gesellschaft?

Ich bekomme natürlich nur mein direktes Umfeld mit, aber ich glaube schon, dass sich die Landwirt:innen untereinander wahrscheinlich einiger waren als der Rest der Bevölkerung. Wir sind auf jeden Fall alle gespannt, wie es jetzt weitergeht.

Der Klimawandel scheint als politisches Thema nach hinten gerückt zu sein. Ist das ein Problem? Oder gibt es tatsächlich gerade "wichtigeres"?

Es gibt viele wichtige Herausforderungen, auch bezüglich der Wirtschaftskraft, wo Deutschland stark nachgelassen hat. Aber der Klimawandel ist das Thema, was uns in der Landwirtschaft in Zukunft auf jeden Fall betreffen wird, und darf daher nicht hintenüberfallen. Es wird wichtig bleiben, leider.

"Unsere Produkte sind gut und die Preise berechtigt."

Ist der Klimawandel in eurem Arbeitsalltag sichtbar?

Auf jeden Fall! Wir haben häufiger Dürrejahre als früher, und häufiger Extremniederschläge, die sogar zu Totalausfällen in der Ernte führen können. Es gibt zahlreiche Beispiele aus Bayern, aus ganz Deutschland eigentlich, wo komplette Getreidefelder durch Hagel im Sommer zerstört wurden. Das sind auch massive monetäre Schäden, die für die Landwirtschaft entstehen.

Was wünschst du dir von der neuen Regierung?

Auf jeden Fall langfristige Planung für uns, damit Junglandwirt:innen entscheiden können, wie es in der Zukunft auf ihren Höfen weitergeht. Wir brauchen zudem faire Marktbedingungen, damit wir mit anderen EU-Ländern – und auch global – konkurrieren können. Uns ist es einfach wichtig, dass die Politik versteht, dass die Landwirtschaft Teil der Lösung sein kann, um mit dem Klimawandel umzugehen. Die Politik und auch die Bevölkerung sollten sich der Wichtigkeit der deutschen Landwirtschaft bewusst werden.

Was würdest du dir von der Gesellschaft wünschen?

Ein besseres Verständnis für die Landwirtschaft. Bei uns ist nicht jedes Jahr gleich. Wir müssen jedes Jahr mit neuen Herausforderungen kämpfen: Wetterumschwünge, unstabile Marktbedingungen ... Wir kaufen teilweise teures Saatgut ein und bekommen dann am Ende der Ernte wenig für unser geerntetes Getreide zurück. Die Landwirt:innen könnten im Supermarkt und im Handel unterstützt werden, wenn die Bevölkerung eher heimisches Rindfleisch kauft als argentinisches; zur bayerischen Butter greift, statt zur irischen. Unsere Produkte sind gut und die Preise berechtigt. Dass das Bewusstsein und die Anerkennung dafür steigt, das liegt ganz, ganz vielen Landwirt:innen am Herzen.

Was gibt es noch Wichtiges aus Sicht der Landwirtschaft zu sagen?

Die Landwirtschaft steht in den kommenden Jahren vor einer Vielzahl von Herausforderungen, von der Klimakrise bis zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit. Wir sind inzwischen sehr abhängig vom Ausland. Es wäre wichtig, dass die Regierung uns nicht mehr "nur" als Produzent:innen von Nahrungsmitteln begreift, sondern auch erkennt, dass wir Teil der Lösung der gesellschaftlichen und ökologischen Probleme unseres Landes sein könnten.

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