Viele kennen dich noch als "Jessica"mit rot-schwarzem Haar aus "Berlin – Tag & Nacht". Das ist fünf Jahre her. Damals nanntest du dich noch Chameen Loca, heute nutzt du deinen echten Namen. Seitdem hat sich nicht nur dein Look geändert, du bist auch schon lange vegan. Wie kam es zum Wandel?
Chameen von Klepacki: Angefangen hat es damit, dass ich schon immer unglaublichen Respekt vor Veganern hatte, bei BTN waren damals einige bereits vegan. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, auf Käse ganz zu verzichten und habe erstmal den vegetarischen Weg versucht. Bis ich einmal zu Besuch auf einem Milchviehbetrieb war – wo ich gesehen habe, was eigentlich passiert, damit Menschen Milch trinken können.
Was ist dort passiert?
Das Schlimmste, was ich da erlebt habe, war, dass eine gebärende Kuh halbtot auf dem Boden lag, weil das Kalb feststeckte. Sie hat die Augen vor Schmerzen verdreht, doch den Bauern hat das nicht interessiert. Den Tierarzt zu rufen sei zu teuer, hat er gesagt, und wenn das Tier eingeschläfert werden muss, kann man das Fleisch nicht mehr verwerten. Wir haben dann richtig Druck gemacht, sodass der Tierarzt doch noch kam.
Hat der Tierarzt helfen können?
Er war genauso schlimm. Er hat ihr in die Euter getreten, damit sie aufsteht, um ans Kalb zu kommen – aber sie konnte gar nicht mehr aufstehen. Dann hat er einen Elektroschocker geholt – es war ein schrecklicher Anblick!
Was hast du gemacht?
Ich bin unter Tränen weggerannt und habe die Kuh noch ewig schreien hören. Da war für mich klar: Ich möchte kein Teil mehr von diesem System sein. Auch, dass die Kälbchen direkt nach der Geburt von den Müttern getrennt werden, dass sie im Gebäude nebenan schreien und die Mütter nicht zu ihnen können, ist heftig. Viele Kälber dort waren krank, hatten Durchfall und haben nur mit Pulver verdünnte Milch bekommen.
Und das auf einem Milchhof in Deutschland.
Viele denken, in Deutschland geht es den Tieren nicht so schlecht, weil hier ja Tierschutzgesetze herrschen. Aber auch in Deutschland existieren Unternehmen, die Tiere quälen und in ihrem eigenen Dreck leben lassen.
Verbindest du dein veganes Leben direkt mit Tierschutz?
In erster Linie bin ich wegen der Tiere vegan geworden und daraus hat sich eine richtige Lebenseinstellung entwickelt. Jeder, der vegan wird, bestätigt das: Es fängt mit der veganen Ernährung an, aber je tiefer man sich damit beschäftigt, desto mehr merkt man, dass damit viel mehr verbunden ist. Tierschutz habe ich immer schon betrieben, besonders für Hunde und Katzen. Aber es geht dann auch weiter mit Gnadenhöfen für gerettete Schweine und Nutztiere. Das ist mein Traum: Ich hätte gerne einen Gnadenhof, wo ich alle Tiere rette und wo sie dann ihr Leben verbringen dürfen.
Auch jetzt teilst du dein Zuhause mit Tieren. Wie viele Haustiere wohnen bei dir?
Neun! Fünf Katzen, drei Hunde und aktuell noch eine Pflegekatze.
Auf Tiktok sprichst du öfter drüber, dass vegan sein mehr als nur Ernährung sei. Worauf achtest du da?
Ich achte auf die Sachen, die ich konsumiere, also auch bei Kosmetik und Klamotten – ich bringe jetzt meine eigene nachhaltige Modelinie "Chamakam" auf den Markt. Auch auf meine mentale Gesundheit achte ich dadurch inzwischen mehr, weil ich eine ganz andere Wahrnehmung habe: Wir alle sind nur Gäste auf der Erde und weder Tiere noch die Natur sind für uns, sondern mit uns da.
Welche körperlichen Veränderungen hast du bei deiner Ernährungsumstellung bemerkt?
Mir geht es psychisch, aber auch gesundheitlich viel besser. Zu meinen nicht-veganen Zeiten war ich viel anfälliger, hatte mehr Magenprobleme. Durch meinen Lifestyle fühle ich mich mehr im Einklang mit meiner Umwelt, was sich auch psychosomatisch positiv auswirkt.
Fehlt dir heute manchmal dein Style von früher?
Den kann ich immer noch haben. Immer mehr Unternehmen machen vegane Produkte. Zum Beispiel Dr. Martens, die fand ich immer richtig cool, habe sie mir aber nie geholt, weil sie aus Leder sind. Aber jetzt gibt’s die auch in vegan – geht doch! Inzwischen sind viele Unternehmen auf den Vegan-Zug aufgesprungen, weil es sich für sie mit Sicherheit auch finanziell lohnt.
Wie versuchst du auf Tiktok, den Menschen zu zeigen, dass Veganismus auch Spaß machen kann?
Vor allem mit Kochvideos. Ich koche unglaublich gerne und poste viele Rezepte, da man sich ja automatisch mehr mit Ernährung auseinandersetzt, viel ausprobiert und Alternativen finden muss. Das ist dann zu meiner Leidenschaft geworden. Das Essen sieht immer mega aus und wenn die Leute das dann nachkochen, merken sie, dass vegan auch lecker geht. Damit habe ich unglaublich viele Leute inspiriert.
Gibt es aus der Community auch Kritik? Wie gehst du damit um?
Klar. Vor allem der Vorwurf: "Vegan sein, aber vegane Wurst essen. Warum braucht ihr Veganer immer Fleischalternativen?" Ich antworte dann, dass ich nicht vegan geworden bin wegen des Geschmacks, sondern aus ethischen Gründen. Und wenn es dann eine vegane Mortadella gibt, why not? Ein Wurst-Brötchen ist allgemein nicht gesund und vegan heißt auch nicht immer gleich gesund. Ich esse auch mal Fastfood, aber die Hauptsache für mich ist, dass es schmeckt und niemand dafür leiden musste. Es muss für mich nicht mal aussehen wie Fleisch.
Damit konterst du jedenfalls Sprüche wie "erstmal ein Schnitzel drauf!"
Mit solchen Sprüchen verteidigen sich nur Leute, die tief im Inneren wissen, dass es kacke ist, wie sie sich verhalten. Aber niemals Hass mit Hass bekämpfen. Mir ist ein respektvoller Umgang vor allem auf Social Media wichtig, wo ich oft live gehe. Hier trete ich nicht konfrontativ auf, sondern beantworte alle Fragen zu Veganismus, Nahrungsergänzungsmitteln, Vitaminen. Auch von Nicht-Veganern.
Welche Hoffnungen verbindest du mit dem Veganuary – kann die Challenge etwas an der Einstellung von Nicht-Veganer:innen ändern?
Ja, vollkommen. Ich kenne einige, die genau dadurch vegan geworden sind, weil sie gemerkt haben, dass vegan leben klappt. Und es wird ja auch immer leichter – die Supermärkte sind fast überfüllt von veganen Produkten.
Die aber nicht immer gleich gesund sind.
Das sind teilweise Ersatzprodukte, die man eigentlich gar nicht braucht. Anfangs war es leicht für mich, mich damit umzustellen, weil ich schnelle Fertiggerichte hatte. Aber gerade, wenn du dich vegan und gesund ernähren willst, kommst du nicht drumherum, viel selbst zu kochen. Das ist zumindest ein guter Einstieg für die Leute, die vegan mal ausprobieren wollen.
Was auch schon mal ein Anfang wäre.
Ja! Wenn man dann im Thema drin ist, hält man es, glaube ich, nicht lange aus, sich nicht noch mehr damit auseinanderzusetzen und mehr auf die gesunde Schiene zu gehen. Dann bleibt man nicht beim Fast Food hängen. Aber grundsätzlich bedeutet vegan zu werden ja nicht, dass du perfekt bist, sondern einfach nur dein Möglichstes machst, um hier als Gast einen guten Öko-Fußabdruck zu hinterlassen.