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WWF-Bericht: Menschen vernichteten fast 70 Prozent der Wirbeltier-Bestände

SAN FRANCISCO - JUNE 05: Hasani, a six month-old Western Lowland Gorilla, yawns as he plays in the gorilla exhibit during his first public viewing at the San Francisco Zoo June 5, 2009 in San Francisc ...
Der Bestand der Flachlandgorillas ist um 69 Prozent zurückgegangen.Bild: Getty Images North America / Justin Sullivan
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WWF-Bericht: Menschen haben fast 70 Prozent der Wirbeltier-Bestände vernichtet

13.10.2022, 13:35
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Die Menschheit hat nach Angaben der Umweltorganisation WWF in den vergangenen Jahrzehnten fast 70 Prozent aller bekannten Wirbeltier-Bestände vernichtet. Die Ursachen für dieses massive Artensterben seien "allesamt menschengemacht", heißt es im Living-Planet-Report, den der WWF am Donnerstag in Berlin veröffentlichte. Die Menschheit zerstöre damit ihre eigene Lebensgrundlage "mit dem Presslufthammer" und heize die "Zwillingskrise" aus Artensterben und Klimawandel weiter an.

Der geschäftsführende Vorstand des WWF Deutschland, Christoph Heinrich, hob hervor, dass Gesundheit, Wirtschaft und die gesamte Existenz der Menschheit von der Natur abhingen. Die Natur sei "wie ein Turm, in dem jeder Baustein eine Tier- oder Pflanzenart darstellt". "Je mehr Steine aus dem Turm herausgeschlagen werden, sprich je mehr Arten aussterben, umso instabiler wird er", führte Heinrich aus.

Hotspot des Artensterbens:
Süd- und Zentralamerika

Der WWF veröffentlicht den Living-Planet-Report seit 1998, er erscheint alle zwei Jahre. Für die neueste Ausgabe werteten Experten der Umweltorganisation zusammen mit der Zoologischen Gesellschaft London mehr als 31.000 Bestände von mehr als 5200 Arten von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien aus. Am stärksten von der Artenkrise betroffen sind demnach Süßwasserarten. Ihre Bestände gingen seit 1970 im Durchschnitt um 83 Prozent zurück.

"Artenkrise und Klimakrise sind schicksalhaft miteinander verknüpft."
WWF-Bericht

Als geografischen Hotspot des Artensterbens nennt der Bericht Süd- und Zentralamerika. Dort schrumpften die untersuchten Tierbestände demnach um durchschnittlich 94 Prozent.

Außer der Zerstörung von Lebensräumen und Umweltverschmutzung sei die Klimakrise mit Auswirkungen wie zunehmenden Hitzewellen und der Versauerung der Meere einer der Hauptgründe der Artenkrise, heißt es in dem Report. Andererseits habe eine veränderte Artenzusammensetzung auch Auswirkungen auf das Erdklima, etwa weil absterbende Wälder weniger klimaschädliches CO2 speichern könnten. "Artenkrise und Klimakrise sind schicksalhaft miteinander verknüpft", warnt der WWF-Bericht.

Weltnaturkonferenz als Chance,
Artensterben zu stoppen

Als Beispiele für besonders stark gefährdete Tierarten nennt der WWF den Westlichen Flachlandgorilla: Sein Bestand im Nki-Nationalpark in Kamerun sei allein in den Jahren 2005 bis 2019 um 69 Prozent zurückgegangen. In Brasilien ging die Zahl der Amazonasdelfine zwischen 1994 und 2016 um 67 Prozent zurück. In Europa litt die Feldlerche besonders unter Umweltveränderungen: Ihr Bestand verkleinerte sich von 1980 bis 2019 um 56 Prozent.

Als Chance, das Artensterben zu stoppen, nannte der WWF die Weltnaturkonferenz. Bei dem Treffen im Dezember im kanadischen Montréal soll ein globales Abkommen zum Erhalt der biologischen Vielfalt ausgehandelt werden. Der WWF rief die Bundesregierung auf, sich dort "für ambitionierte Ziele für unsere Natur einzusetzen und die internationale Biodiversitätsfinanzierung Deutschlands bis 2025 auf mindestens zwei Milliarden Euro im Jahr zu erhöhen".

Dass das Artensterben gestoppt werden kann, zeigen laut WWF etwa die wachsenden Bestände von Seeadlern in Norddeutschland. Gab es 1945 in Schleswig-Holstein nur ein Revierpaar, seien es 2010 immerhin 57 gewesen. Der Bestand der Kegelrobben in der Ostsee sei allein von 2013 bis 2019 um 139 Prozent gestiegen. In Nepal wuchs der Tigerbestand dem Bericht zufolge von 121 Exemplaren im Jahr 2009 um 91 Prozent auf 235 Tiger 2018.

Frankreich und Russland planen gemeinsame Sache bei Atomenergie

Während andere aussteigen, steigt Frankreich voll ein ins Atomgeschäft. Derzeit betreibt das europäische Land 56 aktive Reaktoren, weitere sind in Planung. Zu Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine musste sich Frankreich daher weniger den Kopf zerbrechen, wie es sich vom russischen Gas losreißt. Anders als etwa Deutschland.

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