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Orca-Attacken im Mittelmeer: Experte erklärt Wal-Verhalten

RUSSIA, SAKHALIN REGION - JULY 30, 2025: A killer whale hunts Steller sea lions in the Sea of Okhotsk off Tyuleny Island. Yuri Smityuk/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 83006166
Orcas bringen immer wieder Schiffe im Mittelmeer in Bedrängnis. Bild: Yuri Smityuk / imago images
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Nach Orca-Attacken: Experte stellt These anhand von Wal-Geräuschen auf

In den vergangenen Jahren häufen sich Berichte über ungewöhnliches Verhalten von Orcas im Mittelmeerraum. Immer wieder bringen sie Boote in Bedrängnis. Über die Gründe wird viel spekuliert. Ein Wissenschaftler stellt eine These auf, die einige überraschen dürfte.
22.09.2025, 17:1622.09.2025, 17:16

Rund 24.000 Pfund (etwa 27.000 Euro) Schaden und wahrscheinlich ein Schock fürs Leben: Das ist die Bilanz des Yacht-Ausflugs von Heath Samples. "Es war furchtbar. Wir dachten: Was würden sie mit uns machen, wenn sie uns ins Wasser werfen?", erinnert er sich an den Vorfall von 2022. Damals brachte eine Gruppe Orcas die Bootsgäste an der spanischen Küste in Bedrängnis.

Am Ende ging die Situation zwar glimpflich aus, aber erst vergangene Woche mussten wieder vier Menschen gerettet werden, nachdem ihr Boot vor der portugiesischen Küste von Orcas angegriffen wurde. Das berichtet "Independent".

Seit Mai 2020 sind laut der International Whaling Commission mindestens 673 Vorfälle dokumentiert, in denen Schwertwale Boote angriffen. Über die Gründe wird immer wieder diskutiert.

Orca-Wale und die Frage nach den beschädigten Schiffen

Im Fall eines Orca-Weibchens etwa wurde spekuliert, dass ein Zusammenstoß mit einem Boot womöglich heftige Konsequenzen für ihr Verhalten gegenüber Booten hatte. Seitdem nimmt sie diese wohl als Bedrohung wahr und zeigt sich aggressiv. Da Orcas sehr soziale und lernfähige Tiere sind, könnte sich das Verhalten in der Gruppe verbreitet haben.

Eine weitere These geht davon aus, dass die Tiere die Boote gar nicht angreifen, sondern nur mit ihnen spielen. Ähnlich wie Delfine sind auch Orcas durchaus neugierige Meeressäuger.

"Wenn die Tiere an das Schiff heranschwimmen, nähern sie sich sanft dem Ruder; sie erkunden die Umgebung", erklärt Javier Almunia gegenüber "Independent". Der Wissenschaftler arbeitet bei der Loro Parque Foundation, einem Forschungsinstitut auf den Kanarischen Inseln.

"Wenn ein vier Tonnen schweres Tier mit einem Segelboot spielt, haben die Menschen an Bord den Eindruck, angegriffen zu werden", erklärt Almunia. Doch wenn man die Bewegungen unter Wasser betrachte, erscheine das Verhalten vielmehr spielerisch.

Orcas: Forschung zu Dialekten könnte neue Erkenntnisse liefern

Um seine These zu untermauern, will der Wissenschaftler die Geräusche weiter untersuchen, die Wale von sich geben. "Manchmal stößt der Orca einen 'freudigen Ruf' aus, wenn er seine Thunfischjagd beendet hat. Sobald er den Thunfisch erlegt hat, teilen sie das Futter – es ist eine spielerische Interaktion", erläutert Almunia.

Wenn man nun feststelle, dass die Wale bei ihren Begegnungen mit Booten ähnliche Laute von sich geben, könnte das helfen zu klären, ob es sich um spielerisches oder aggressives Verhalten handele.

Orca-Wale kommunizieren mithilfe individuell entwickelter Laute, die auch als Dialekte bezeichnet werden. Jede Gruppe hat in der Regel ein eigenes unverwechselbares Laut-Repertoire, der von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Almunia und sein Team zeichnen die Laute der Schwertwale bereits jetzt mithilfe von Bojen in der Meerenge von Gibraltar auf. Zusätzlich wollen sie versuchen, Video-Kameras und Geräte zur Tonaufnahme an einige Tiere anzubringen, um weitere Forschungsdaten zu sammeln.

Ein weiterer Orca-Experte unterstützt die These von Almunia. "Nach drei Jahren Arbeit mit diesen Killerwalen habe ich das Gefühl, es ist ein Spiel. Für sie ist das Meer stinklangweilig", sagt Renaud de Stephanis. Ähnlich wie beim Menschen würden auch Wal-Kinder spielen wollen.

"Sie haben Schildkröten, sie haben Holz, Plastik und jetzt haben sie auch Boote. Für sie ist es kein Angriff, sondern ein Spiel, und das ist alles", meint de Stephanis.

Er empfiehlt Urlauber:innen, mit ihren Booten in Küstennähe zu bleiben. Nachdem Spanien diese Empfehlung 2022 ausgegeben hatte, seien die Interaktionen zwischen Orcas und Booten um 80 Prozent zurückgegangen.

Und ein weiterer Punkt, der Fans von Bootausflügen beruhigen dürfte: Es gibt bisher keinen belegten Fall, dass ein frei lebender Orca ein Boot gezielt zum Kentern brachte, um die Menschen zu fressen.

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