Ein kühler Morgen in den Highlands: Nebel liegt über den Kiefern, der Boden glitzert vom Tau. Plötzlich raschelt es am Waldrand. Ein kräftiger Körper huscht durch das Gras, ein buschiger Schwanz mit dunklen Ringen verschwindet im Unterholz.
Für einen Moment scheint es, als sei man einer Hauskatze begegnet – doch dieser Eindruck täuscht. Es ist eine schottische Wildkatze, im Volksmund auch "Highland Tiger" genannt.
Wer diese niedlichen Tierchen in der Wildbahn trifft, kann sich glücklich schätzen, denn sie gelten als äußerst selten. Doch ein Projekt in Schottland wirkt dem erfolgreich entgegen.
Noch vor wenigen Jahren galt die Wildkatze in Schottland praktisch als ausgestorben. Die Bestände waren durch Lebensraumverlust, Verfolgung und vor allem durch Paarungen mit Haus- und Streunerkatzen so stark zurückgegangen, dass kaum noch Wildkatzen existierten.
Für Großbritannien, wo der "Highland Tiger" nach dem Verschwinden des Luchses im Mittelalter die letzte einheimische Katzenart ist, war das ein dramatischer Verlust. Umso bedeutender war es, als das Projekt "Saving Wildcats" 2023 im Cairngorms-Nationalpark seine Arbeit aufnahm, um diese zu schützen. Im Highland Wildlife Park wurden Tiere erst gezüchtet und dann sorgfältig auf ein Leben in der Wildnis vorbereitet. 19 Katzen wurden in einem ersten Schritt ausgewildert, 2024 folgten neun weitere.
Schon im Sommer darauf bestätigten Kamerafallen das erste Wunder: Mehrere Weibchen hatten Junge bekommen. Inzwischen sind es über 30 Jungtiere in mindestens fünf Würfen, wie "Rewilding Europe" berichtete. Die Tiere scheinen sich in ihrer neuen Heimat offenbar hervorragend zurechtzufinden.
Die Wildkatze ist scheu, vor allem dämmerungs- und nachtaktiv. Die Tiere wiegen zwischen drei und sieben Kilogramm und erreichen in freier Wildbahn ein Alter von rund sieben Jahren.
Ihre Reviere sind unterschiedlich groß – bei Weibchen oft nur ein bis zwei Quadratkilometer, bei Männchen bis zu 20. Sie gelten als Einzelgänger:innen, Begegnungen finden fast ausschließlich während der Paarungszeit statt.
Dafür bieten die weitläufigen Highlands ideale Bedingungen für das Comeback der "Highland Tiger", denn besonders wohl fühlen sie sich in einer abwechslungsreichen Landschaft aus Wald, Moor und Farmland, die genügend Deckung und Beute bietet. Zu ihrem Speiseplan gehören Kaninchen, Hasen, Mäuse und Vögel, gelegentlich auch Fische oder Frösche. All sie sind in dem schottischen Hochland in Massen verfügbar.
Dabei übernimmt die Wildkatze eine wichtige Rolle im ökologischen Kreislauf. Sie hält die Bestände von Kleinsäugern im Gleichgewicht und sorgt damit für stabile Ökosysteme.