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Jugendklimakonferenz in Glasgow: "Es muss endlich was passieren"

Der UN-Jugend-Delegierte Joshua Steib aus München erarbeitet gemeinsam mit 500 jungen Menschen aus den 197 Staaten, die das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet haben, ein Positionspapier für die Staat ...
Der UN-Jugend-Delegierte Joshua Steib aus München erarbeitet gemeinsam mit 500 jungen Menschen aus den 197 Staaten, die das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet haben, ein Positionspapier für die Staats- und Regierungschefs, die auf dem COP26 in Glasgow zusammenkommen.Privat
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UN-Jugend-Delegierter berichtet von der Jugendklimakonferenz: "Es muss endlich was passieren"

31.10.2021, 14:0901.11.2021, 10:46
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Ab diesem Sonntag richtet sich die Aufmerksamkeit von überall auf der Welt nach Glasgow: Dort nämlich kommen die Staats- und Regierungschefs zur 26. Weltklimakonferenz zusammen, um über die Begrenzung der Erderwärmung zu verhandeln. Doch während die G20-Staats- und Regierungschefs noch in Rom diskutieren, hat der Jugendklimagipfel (Conference of Youth, kurz COY16) längst begonnen.

Joshua Steib, 18 Jahre alt, ist schon seit Mittwochabend in Glasgow. Er ist UN-Jugend-Delegierter aus Deutschland und diskutiert und arbeitet gemeinsam mit 500 jungen Menschen aus den 197 Staaten, die das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet haben, an einem Global Youth Statement – einem Positionspapier, "das hoffentlich von den Staats- und Regierungschefs auf dem COP26 aufgenommen und integriert wird".

Joshua Steib: "Klimabildung ist ein so wichtiges Thema"

Dass das Klima zu Steibs Herzensthema wurde, war eigentlich eher Zufall. Vor drei Jahren war er im Bundesfinale des Schülerwettbewerbs Jugend debattiert, "und da ging es immer wieder um Klimathemen, was ich super spannend fand", erzählt er im Gespräch mit watson. Er fing an, sich mehr mit der Thematik auseinanderzusetzen, wurde schließlich Jugendbotschafter an der Evangelischen Akademie Tutzing, wo er ehrenamtlich Umweltseminare organisierte. Diskutierte mit Experten und absolvierte Trainings und Workshops an der Young Leaders Akademie. "Klimabildung ist ein so wichtiges Thema", sagt er. Zum einen, weil das Thema Politikverdrossenheit unter Jugendlichen noch immer eine große Rolle spiele. Zum anderen, weil es, wenn sich junge Leute schon für Klimaforschung und -politik interessierten, es nicht an strukturellen Problemen scheitern dürfe.

Joshua Steib liest eine Zusammenfassung aller Klima-Ziele und Forderungen der vietnamesischen Jugend.
Joshua Steib liest eine Zusammenfassung aller Klima-Ziele und Forderungen der vietnamesischen Jugend. privat

Für eine bessere Klimabildung setzt Steib sich auch im Rahmen des Jugendklimagipfels ein. "Es kann nicht sein, dass das Thema Klimawandel nur dann in der Schule behandelt wird, wenn die Lehrer gerade mal eine freie Stunde haben – Klimabildung muss Teil der Schulbildung werden", betont er. Aber nicht nur das: In dem Positionspapier, dass die Jugend-Delegierten an die Staats- und Regierungschefs geben wollen, stehen auch viele weitere Forderungen. So wollen sie etwa, dass die Staaten mehr Geld für Klimaschutzmaßnahmen im Globalen Süden aufbringen. "Ich habe Leute kennengelernt, die erzählen so krasse Geschichten – deren Zuhause wird weggespült, wenn der Meeresspiegel weiter ansteigt und die haben quasi gar kein Geld, um sich dagegen zu wappnen", sagt Steib. Eine weitere Forderung: Der Handel mit Globalen CO2-Zertifikaten – "das ist das effektivste Mittel um den CO2-Ausstoß zu reduzieren", so Steib.

UN-Jugend-Delegierte entwickeln Forderungen und Lösungsvorschläge

Bei einer ersten Diskussion ihrer Forderungen für das Positionspapier am Donnerstag ging es vor allem um die Umsetzung ihrer Vorschläge: "Das ist mir relativ wichtig, weil Jugendliche oft darauf reduziert werden, dass sie schöne Forderungen haben, die aber alle unrealistisch sind, die man nicht finanzieren kann", sagt Steib. Also stellen sie sich die Frage: "Wie können wir die Sachen, die wir vorgeschlagen haben, auch tatsächlich umsetzen? Wir wollen in unserem Global Youth Statement nicht nur sagen, dass wir einen Kohleausstieg bis 2030 wollen, sondern auch, wie wir uns das Ganze vorstellen und wie das Ganze auch möglich ist, ohne einen Bürgerkrieg auszulösen."

Um den Menschen klarzumachen, wie wichtig die Bekämpfung des Klimawandels ist, um zu zeigen, wie viel günstiger es ist, in Klimaschutzmaßnahmen statt den Wiederaufbau durch Zerstörung zu investieren, gibt es zahlreiche Workshops, die Joshua Steib in den Tagen vor dem Start des COP26 besucht. So beispielsweise einen zum Thema Storytelling – wie entwickelt man seine Geschichte? "Und das wichtigste, worauf wir immer wieder zu sprechen gekommen sind: Wie schafft man es, von der Story auf das Problem zu kommen – und danach auf die Lösung. Ich sag jetzt mal fies nicht á la Greta Thunberg, die meckert, sondern dass man dann tatsächlich auch von der Story auf die Lösung kommt."

Nachdem die UN-Jugend-Delegierten, zu denen auch Joshua Steib gehört, schon drei Tage harte Arbeit hinter sich haben, startet der COP26 erst an diesem Sonntag.
Nachdem die UN-Jugend-Delegierten, zu denen auch Joshua Steib gehört, schon drei Tage harte Arbeit hinter sich haben, startet der COP26 erst an diesem Sonntag. privat

Gemeinsam mit den 500 weiteren UN-Jugend-Delegierten arbeitet Joshua Steib daran, ihre Geschichten über den Klimawandel zu erzählen – und Lösungen zu entwickeln um das Fortschreiten der Klimakrise aufzuhalten. "Wir jungen Leute müssen endlich gehört werden, es muss etwas passieren", sagt Steib. An diesem Sonntag haben sie die Chance dazu – dann überreichen sie Alok Sharma, dem Präsidenten der Weltklimakonferenz, ihr ausgearbeitetes Positionspapier: das Global Youth Statement. Und vielleicht, ganz vielleicht, greifen die Staats- und Regierungschefs ihre Forderungen mit auf. Steib gibt die Hoffnung nicht auf. Sie haben gerade erst angefangen.

G20-Beschlüsse im Hinblick auf Klimaziele ernüchternd

Allerdings sind die Beschlüsse des G20-Gipfels vom Sonntag ernüchternd: Die großen Wirtschaftsmächte haben sich zum Abschluss in Rom nicht auf eine ehrgeizige Erklärung zum Klimaschutz verständigen können. Wie aus dem ausgehandelten Text für das Kommuniqué hervorgeht, gibt es weiter kein klares Zieldatum für die wichtige Kohlendioxidneutralität und den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Das Dokument lag der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag vor. Statt des erhofften "starken Signals" zum Auftakt der Weltklimakonferenz (COP26) in Glasgow, herrschte Uneinigkeit.

Nur allgemein bekräftigt die G20, dass sie weiter den Zielen des Pariser Abkommens verpflichtet seien, die Erderwärmung "deutlich unter zwei Grad zu halten und Bemühungen zu verfolgen, sie auf 1,5 Grad zu begrenzen".

"Der G20-Gipfel hätte eine Steilvorlage für die UN-Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow werden müssen", sagte Klimaexperte Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Das ist nicht gelungen." Die G20 habe es versäumt, die Unzulänglichkeit ihrer Selbstverpflichtungen unter dem Pariser Abkommen anzuerkennen und sich zur "dringend notwendigen, sofortigen Nachbesserung" zu verpflichten.

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