Ein CO2-Endlager tief unter der Erde, das all unsere Emissionen aus der Luft zieht, speichert und somit unsere Probleme durch die Erderhitzung in Luft auflöst? Klingt nach der perfekten Lösung und dem "Weiter so", auf das insbesondere die Unternehmen gewartet haben, die von dem fossilen Zeitalter profitieren.
Der Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat dieser Technologie nun zugestimmt und eine sogenannte "Carbon-Management-Strategie" vorgelegt, die CCS, also das industrielle Abtrennen und unterirdische Speichern des Treibhausgases CO2, vor den Küsten Deutschlands möglich macht.
Diese Entscheidung ist nicht falsch.
Schon der Weltklimarat IPCC hatte im dritten Teil seines Sachstandsberichts zur globalen Erwärmung 2022 deutlich gemacht, dass es nicht nur schnellstmöglich effiziente Klimaschutzmaßnahmen brauche, um den CO2-Ausstoß zu senken. Zeitgleich brauche es zudem "negative CO2-Emissionen", also die Möglichkeit, der Luft CO2 zu entziehen – etwa durch Aufforstung, aber auch durch technologische Systeme wie Carbon Capture and Storage (CCS).
Wäre da nicht ein großes "Aber". Denn auch wenn CCS in einigen Branchen notwendig ist, um die Emissionen auf null zu bringen, wie beispielsweise in der Zementindustrie, kann CCS schnell zur Scheinlösung werden.
Der Grund: Statt die Industrie tatsächlich emissionsfrei zu machen, wägen sich Unternehmen und Industriezweige in Sicherheit, ganz nach dem Motto: Die Technik wird es schon richten.
Doch dem ist nicht so, denn die Speicherung von CO2-Emissionen ist teuer und nicht in der Größenordnung möglich, wie es zur Bewältigung der Klimakrise notwendig wäre.
Laut dem Experten Klaus Wallmann vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel könnten lediglich fünf Prozent der jetzigen Emissionen in Deutschland mithilfe von CCS gespeichert werden, mehr als 90 Prozent müssten hingegen anderweitig eingespart werden. Etwa durch die Umstellung auf erneuerbare Energien, eine Transformation der Wirtschaft, aber auch durch Energiesparen, eine Ernährungsumstellung und weitere Maßnahmen.
Das bedeutet auch, dass Emissionen im Energiebereich anderweitig vermieden werden müssten, nicht mithilfe von CCS. Aus diesem Grund müssen etwa Erdgaskraftwerke schnellstmöglich auf emissionsfreien Wasserstoff umgestellt werden.
Dass Habeck CCS jetzt aber auch im Energiebereich ermöglichen will, setzt nicht nur die Glaubwürdigkeit der Grünen aufs Spiel, die erst kürzlich beim UN-Klimagipfel erklärt hatten, CCS im Energiebereich auszuschließen. Es sorgt auch unter Klima- und Umweltschützer:innen für Entsetzen.
Sasha Müller-Kraenner, Geschäftsführer und Executive Director der Deutschen Umwelthilfe, kritisiert etwa auf Twitter: "Die von Robert Habeck vorgeschlagene CO2-Abscheidung ist ein Booster für die Gasindustrie und blockiert den Klimaschutz."
Ähnlich formuliert das auch die Linken-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Carola Rackete. Gegenüber der "Augsburger Allemeinen" erklärte sie: "Habeck will die Nordsee in ein riesiges CO2-Endlager verwandeln und massenweise Fracking-Gas importieren."
Nina Scheer, die klimapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Für den Klimaschutz bei der Energiegewinnung haben wir die Erneuerbaren."
Die Message der Kritiker:innen ist eindeutig: Um die Pariser Klimaziele und eine damit einhergehende Transformation der Wirtschaft zu erreichen, ist es laut Kritiker:innen von enormer Wichtigkeit, effiziente Klimaschutzmaßnahmen nicht weiter durch Scheinlösungen hinauszuzögern.