Der Kampf gegen die Klimakrise – und vor allem für mehr Klimaschutz – ist aufreibend, anstrengend. Oftmals entmutigend. Und manchmal, wenn die Politik wieder einmal zeigt, dass sie den Ernst der Lage nicht begriffen hat, dann entweicht Anna Montura (Name von der Redaktion geändert) all ihre Kraft. Für einen kurzen Moment lang ist ihre Hoffnung verloren, schlägt um in Wut. Bis der Trotz und der Lebensmut wieder Überhand gewinnen.
Am Telefon erzählt Anna uns ihre Geschichte über ihre inneren und äußeren Kämpfe mit der Klimakrise – ein Protokoll.
"Es gibt Tage, an denen denke ich mir: Es ist alles schon zu spät. Vorbei. An diesen Tagen habe ich nur noch Angst um die Zukunft meiner Kinder und meiner Familie. Unsere Politik versagt da meiner Meinung nach unglaublich, auch kürzlich wieder mit der Taxonomie-Entscheidung. Da bekomme ich wirklich einen Kloß im Hals und werde so unfassbar traurig.
Das fühlt sich manchmal an, als würde ich um einen Menschen trauern, weil man da ja auch diese totale Machtlosigkeit verspürt. Ich bin ja doch nur ein kleiner Mensch, der nicht die ganze Welt bewegen kann. Und dann bin ich richtig traurig, weil es anscheinend so wenigen Menschen so zu gehen scheint, wie mir.
Deswegen gibt es mittlerweile wahrscheinlich auch so viele Aktivistinnen und Aktivsten, weil wir einander stärken und dadurch merken, dass wir eben doch nicht allein sind mit unseren Gefühlen. Das darf man nie vergessen – gerade dann nicht, wenn die Politik wieder einmal eine Entscheidung trifft, die einen verzweifeln lässt.
Ich glaube aber, dass ein Teil des Problems ist, dass die wenigsten tatsächlich verstanden haben, worum es wirklich geht bei der Klimakrise. Und wie ernst unsere Lage ist. Viele entwickeln vielleicht auch einen Schutzmechanismus, also eine Art Gleichgültigkeit oder resignieren, weil sie sich einfach extrem hilflos fühlen.
Wie gut man mit diesen ganzen Klimafolgen umgehen kann, hängt ja auch immer davon ab, wie man ganz generell als Person gestrickt ist, ob man resilient ist. Das spielt meiner Meinung nach eine ganz große Rolle. Bei allem Schlechten muss man ja immer auch versuchen, das Gute zu sehen. Wenn man das schafft, kann man, glaube ich, viel besser mit der Klimakrise und den vielen schlimmen Folgen, die aus ihr resultieren, umgehen. Dann kommt es nicht irgendwann zu dieser Egal-Haltung, wo man sich sagt: 'Macht jetzt auch keinen Unterschied mehr – ich fliege nach Hawaii.' Also, zumindest nicht in dem Maße.
Ich habe das schon auch, dass ich manchmal so frustriert bin, dass ich einfach zwei Tage Pause brauche. Dann lösche ich wirklich alle Nachrichten-Apps von meinem Handy und informiere mich gar nicht mehr. Ich versuche dann auch, nicht bei jeder Scheibe Brot, die ich esse, darüber nachzudenken, wie viel CO2 ich da wohl jetzt gerade esse. Normalerweise achte ich da total drauf. Stattdessen versuche ich, mich wieder auf das Positive zu besinnen – es gibt ja immer auch gute Nachrichten. Das hilft mir, neue Energie zu schöpfen.
Das mag jetzt lustig klingen, aber ich liebe die Natur und diese Welt einfach. Aufzugeben, kommt für mich deswegen einfach nicht in Frage.
Wir leben in der Nähe von München, in einem Ort, wo Statussymbole total wichtig sind und alle darauf gucken, was für ein Auto man fährt – am besten natürlich einen SUV. Deswegen ziehen wir jetzt demnächst um, weil das einfach super schwer ist hier für uns und wir in eine grünere Stadt wollten. Also geht es für uns nach Freiburg.
Ich glaube, wenn man sich so viel mit dem Klima auseinandersetzt und sich auch für den Planeten einsetzen möchte, dann muss man sich mit Menschen umgeben, die das auch möchten – sonst wird man auf Dauer unglücklich.
Ich hänge auch bald meinen Job als Krankenschwester an den Nagel und fange an, Waldwissenschaften zu studieren – weil ich mich dann auch endlich beruflich fürs Klima einsetzen kann. Als Privatperson ist es ja doch immer noch etwas schwieriger. Zumal man ja – leider – dazu sagen muss, dass Frauen oft nicht als seriöse Quelle wahrgenommen werden. Und das ist natürlich unfassbar frustrierend.
Deswegen war ich damals auch so erleichtert, als ich auf den Begriff 'Klimawut' gestoßen bin. Dieser Begriff fasst einfach alles in Worte, was in mir vorgeht: Es ist anstrengend, nicht über die Klimakrise zu sprechen. Es ist aber auch anstrengend, mit jemandem darüber zu sprechen, der einfach überhaupt keine Ahnung hat – da könnte ich mich echt so in Rage reden!
Die Leute fühlen sich sofort angegriffen und glauben, man möchte ihnen etwas wegnehmen, wenn man sie mal sanft darauf hinweist, dass es vielleicht nicht die beste Idee ist, dieses Jahr schon zum dritten Mal wegzufliegen. Und dann muss ich wieder die Einfühlsame sein, die verständnisvoll nickt und die Informationen nur häppchenweise und ganz schonend vermittelt. Aus Rücksicht auf sie.
Aber mittlerweile denke ich mir auch: Warum habt ihr kein Verständnis, kein Mitleid mit mir? Ich verlange doch gar nicht viel. Aber die Menschen verlangen von mir, dass ich immer ruhig und lieb und nett bleibe und Verständnis für sie zeige. Das Thema Klima- und Umweltschutz ist ja mittlerweile auch überall, aber die Leute interessieren sich einfach nicht dafür, schieben das von sich – sie allein können ja sowieso nichts ändern.
Die Kirsche auf der Sahnetorte ist immer noch, wenn man mit Menschen darüber reden muss, die die Klimakrise überhaupt nicht verstanden haben – und vor allem auch nicht verstehen wollen. Das ist das aller anstrengendste für mich.
Ich glaube, diese ganzen vielen Menschen, die sich tagtäglich dafür einsetzen, dass wir das 1,5 Grad-Ziel noch erreichen, sind alle total überanstrengt und stehen kurz vorm Burnout. Und ja, sie machen trotzdem weiter und ich bin fest davon überzeugt, dass sie das durchhalten werden. Weil sie wissen, wofür sie sich einsetzen. Die haben einen Pakt mit sich selbst gemacht, wie ich auch. Bis zum Schluss.
Ich werde niemals aufhören zu kämpfen, und wenn ich daran zugrunde gehe. Ich kämpfe – allein schon für meine Kinder."
* Name wurde geändert, ist der Redaktion aber bekannt