Seltsam, dass kaum etwas so viel Streit verursachen kann, wie die Ernährung anderer. "Ist das nicht ungesund?" "Und so teuer!" – diese Vorurteile hat vermutlich jede:r schon einmal gehört, der vegan isst. Klar wird dann mit den Augen gerollt. Aber ist am Ende vielleicht etwas dran an all den Sprüchen?
Pünktlich zum Veganuary, in eben jenem Monat, in dem auch Neulinge in die Debatte rutschen könnten, haben wir für dich typische Klischees über Veganer:innen zusammengetragen und eingeordnet.
Dieses Vorurteil hält sich auch deshalb so hartnäckig, weil es sich nicht pauschal widerlegen lässt. Wer einfach auf tierische Lebensmittel verzichtet, konsumiert tatsächlich deutlich weniger Eiweiß, Vitamin A, Vitamin B1, Vitamin B12, Eisen, Kalzium, Zink und Omega-3-Fettsäuren.
Der Mangel dieser sogenannten kritischen Stoffe ist schädlich für den Stoffwechsel, Hormonhaushalt, Haare, Knochen, Zähne und das Immunsystem. Aber: Veganer:innen können vieler dieser Defizite durch Nüsse, Linsen, Sesam, Tofu, Kichererbsen, Pilze und Hülsenfrüchte ersetzen. Was fehlt, kann auch als Nahrungsergänzungsmittel supplementiert werden (häufig Vitamin D und Vitamin B12), wie die Tierschutzorganisation Peta erklärt.
Im Umkehrschluss konsumieren Veganer:innen allerdings auch sehr viel weniger andere schädliche Stoffe, die sich im Zuge der Massentierhaltung in tierische Produkte einschleichen, zum Beispiel Antibiotika, Hormone und Schwermetalle, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Zudem mehren sich Studien, dass eine vegane Ernährung förderlich für die Gesundheit ist.
Die Stanford University hat gerade erst eine Zwillings-Studie durchgeführt, in der 22 eineiige Zwillingspaare auf ihren Gesundheitszustand untersucht wurden, nachdem einer sich vegan, der andere konventionell ernährte. Das Forscher:innenteam überprüfte ihre Gesundheitswerte am Anfang der Studie und final nach zwei Monaten.
Das Ergebnis? Die Personen, die auf Fleisch verzichteten, verfügten über gesunkene Cholesterin- und Insulinwerte sowie ein niedrigeres Körpergewicht. Faktoren, die zu einem gesünderen Herz-Kreislauf-System beitragen. Um einen solchen Effekt zu erzielen, würde es jedoch reichen, größtenteils vegan zu leben, schlossen die Forscher:innen.
Ein Ratschlag, dem sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung anschließt. Sie empfiehlt höchstens (!) 300 bis 600 Gramm Fleisch die Woche zu essen. Im Schnitt wird in Deutschland aber gut das Doppelte pro Person konsumiert (1kg/Woche), was das Risiko von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Darmkrebs erhöht.
Jein. Wie bei jeder Ernährung gilt auch bei der veganen: Wer mehr isst, als er verbraucht, nimmt zu. Und auch in veganen Süßigkeiten, Nüssen oder Hummus schlummern jede Menge Kalorien.
Wer sich vegan, aber nicht ausgewogen ernährt, kann also durchaus viel Zucker und Fett im Körper ansammeln, wie der übergewichtige Veganer und US-Blogger Michael Ofei erzählt. Er sagt, er fühlt sich besonders unter Druck, weil sein Körper als lebender Beweis herangezogen würde, dass veganes Essen eben doch ungesund sei (was Unsinn ist, siehe Punkt 1).
Übergewicht und Veganismus schließt sich also nicht aus. Aber: Im Durchschnitt sind Veganer:innen schlanker als die Allgemeinbevölkerung. Sie haben einen deutlich niedrigeren BMI im Vergleich zu Fleischesser:innen (mehrere Studien gibt es hier).
Das liegt allerdings nicht am Verzicht auf Tierisches allein. Forscher:innen vermuten, dass sich Veganer:innen auch intensiver mit Fragen der Gesundheit und Ernährung auseinandersetzen, bewusster essen und im Schnitt jüngeren Alters sind.
Kurzfristig? Ja. Langfristig? Nein. Lebensgewohnheiten umzustellen ist immer kompliziert, besonders wenn die Mehrheitsgesellschaft es anders handhabt. Doch nach ein paar Wochen Umstellung ist auch vegane Ernährung reine Routine.
Um diese Umstellung leichter zu machen, gibt die Organisation "Veganuary" ein paar Tipps, die helfen, sich im veganen Leben einzufinden. Einige Beispiele:
Dieses Thema ist extrem umstritten, auch weil die Studienlage dazu noch relativ dünn ist. Es gibt zahlreiche Blogger:innen und auch Tierschutzorganisationen (zB. Peta), die kein Problem in einer ausgewogenen, veganen Ernährung in der Schwangerschaft sehen und entsprechende Sorgen für Vorurteile und Unwissen halten.
Gleichzeitig rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und das Netzwerk "Gesund ins Leben" davon ab. Der Bundesverband der Frauenärzte warnt Veganerinnen auf ihrer Website ebenfalls deutlich:
Dabei berufen sie sich auf den Kinderarzt Prof. Stefan Eber, der erklärte: "Bei den Babys von vegan lebenden Müttern sehen wir immer wieder leichte Beeinträchtigungen der Gehirnfunktion, aber in seltenen Fällen auch sehr schwere Schädigungen." Auch weitere Mängel (Jod, Docosahexaensäure) könnten in der Schwangerschaft und in der Stillzeit zum Problem werden, sagte er.
Kurzum: Wer schwanger wird und vegan bleiben möchte, sollte regelmäßig seine Blutwerte checken lassen (auf Vitamin B12, Vitamin D, Jod, Eisen, Docosahexaensäure, Folsäure und auch Zink-Werte) und sich mit Arzt oder Ärztin darüber austauschen, ob etwaige Mängel substituiert werden müssen.
Gleich mehrere Studien kommen zu dem – für einige Veganer:innen vielleicht irritierendem – Schluss: Nein. Ganz im Gegenteil. Vegane Lebensmittel sollen im direkten Vergleich sogar günstiger sein als tierische Produkte.
Sowohl eine Studie in Oxford, als auch eine des Forschungsinstituts für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) kam 2021 im direkten Vergleich zu diesem Schluss. Gemüse, Obst und Getreide kosten meist weniger als Ei, Fisch oder Fleisch, dadurch sparen Veganer:innen langfristig Geld. Das Vorurteil, dass vegane Ernährung Wohlstandskindern vorbehalten sein muss, wäre damit widerlegt.
Der Grund, warum der "teure" Eindruck sich so hartnäckig hält, ist ein anderer: Vegane Fertigprodukte kosten oft deutlich mehr als ihr konventionelles Äquivalent, weil sie weniger Abnehmer:innen haben und daher in geringerer Stückzahl produziert werden. Teurer sind also vor allem vegane Convenient-Produkte. Wer selbst kocht, spart hingegen Bares.