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Extinction Rebellion: Klima-Aktivisten campen in Berlin – Kritik für Aktionen

Sie wollen die Energiewende und den Klimawandel: "Extinction Rebellion" sind in Berlin unterwegs. Zwischen zwei Ministerien haben sie ihre Zelte aufgestellt. Das Camp plant für mehrere Tage  ...
Protest von Extinction Rebellion: Mit einer ironischen Demonstration der Superreichen ziehen die Aktivist:innen durch Berlin.Bild: watson / siems
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Klimaaktivisten campen in Berlin – wie eine Rebellion die Welt retten soll

14.04.2023, 16:3514.04.2023, 16:54
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Lebt wohl, Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg. Auf dass es sich auf dem nächsten Planeten besser leben lässt. Das Chaos, das ihr auf der Erde zurücklasst, ist auch wirklich nicht mehr zumutbar. Jedenfalls nicht, wenn man es nicht sofort in die Hand nimmt, finden die Aktivist:innen, die für mehrere Tage ihre Zelte in der Berliner Innenstadt aufgestellt haben.

Extinction Rebellion: Aktivisten sorgen in Berlin für Aufruhr

Es ist Donnerstag, 13 Uhr. Diverse Superreiche verabschieden sich in diesem Moment von der Erde. "Planet B, here we come!", lautet die Message, die sie in Form eines großen Banners in ihren Händen halten, während sie durch die Berliner Straßen ziehen. Hinter den Masken der Superreichen befinden sich die Köpfe der Klimabewegung Extinction Rebellion.

Seit die Bewegung 2018 ins Leben gerufen wurde, sorgt sie regelmäßig für Aufregung. Durch verschiedene Protest-Aktionen will sie vor allem eines erreichen: das Bewusstsein für die Klimakrise wecken, um somit schneller gegen diese vorgehen zu können.

Ganz konkret geht es ihnen dabei um folgende Ziele:

  • Die Regierung soll den Klima-Notstand anerkennen und somit auch die Gesellschaft.
  • Sie soll die nötigen Sofort-Maßnahmen treffen.
  • Die Demokratie soll um einen Rat erweitert werden, der über mögliche Lösungen für die Klimakrise entscheiden soll.

Auch wenn die Bewegung immer wieder mit der Letzten Generation in Verbindung gebracht wird, agieren beide Organisationen unabhängig voneinander, grenzen sich teils klar voneinander ab. Sie verfolgen lediglich das gleiche große Ziel, und sorgen dafür mit jeweiligen Protest-Aktionen für Wirbel. Und Kritik.

Sie wollen die Energiewende und den Klimawandel: "Extinction Rebellion" sind in Berlin unterwegs. Zwischen zwei Ministerien haben sie ihre Zelte aufgestellt. Das Camp plant für mehrere Tage  ...
"Extinction Rebellion" steht auf ihren Flaggen, von denen hier eine an einer Kunstinstallation angebracht ist.Bild: watson / Siems

Protest-Aktionen wirbeln Berlin auf

Mia Sommer ist Aktivistin von Extinction Rebellion. Wie etwa 500 weitere Menschen befindet sie sich heute in dem Camp, das direkt neben den Ministerien für Verkehr sowie Wirtschaft und Klimaschutz aufgestellt ist. Die Stimmung wirkt friedlich, jedoch aufgeweckt. Überall herrscht reger Austausch.

Für Mia steht außer Frage, dass der Klimaprotest nötig ist. Die bessere Frage lautet vielmehr: Welche Protest-Form ist wann die richtige? Für das Wochenende ist daher ein striktes Programm mit verschiedenen Protest-Aktionen geplant – und zwar in ganz Berlin. Mia erklärt:

"Die ironische Demonstration ist zum Beispiel fast wie ein Theaterstück. Die Leute werden aus der Rolle der Superreichen sprechen. Wie toll es ist, dass sie sich jetzt von dem Planeten verabschieden und andere Planeten bevölkern können. Und dass sie das Chaos, das sie hier verursacht haben, einfach hinter sich lassen können."

Die Demo, von der sie spricht, ist allerdings eine der harmloseren Varianten: Nur wenig später wird die "Berliner Morgenpost" davon berichten, wie Aktivist:innen in das Hotel Adlon eindringen, um ein Transparent aus den Fenstern der oberen Stockwerke zu entrollen und bengalische Feuer zu zünden.

"Das wirklich Extreme wäre, blind in die Klimakatastrophe zu rutschen, sodass Milliarden Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren."
Mia Sommer, Aktivistin von Extinction Rebellion

Zuvor hatten bereits Mitglieder von Extinction Rebellion und der Letzten Generation mehrere Gebäude der Stadt mit schwarzer Farbe beschmiert, darunter die FDP-Bundesgeschäftsstelle sowie der deutsche Coca-Cola-Sitz. Mia findet das nicht extrem:

"Ich stehe dazu, dass Klimaschutz unbedingt notwendig und nicht zu verhandeln ist, vergleichbar mit anderen Grundrechten, die wir haben", so die Aktivistin. "Das wirklich Extreme wäre, blind in die Klimakatastrophe zu rutschen, sodass Milliarden Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren. Wenn die Regierung da also versagt, muss es eben Proteste geben."

Doch das sehen wohl viele Menschen anders.

Sie wollen die Energiewende und den Klimawandel: "Extinction Rebellion" sind in Berlin unterwegs. Zwischen zwei Ministerien haben sie ihre Zelte aufgestellt. Das Camp plant für mehrere Tage  ...
Mia Sommer ist Aktivistin von Extinction Rebellion.bild: watson / siems

Klima-Aktivisten ernten oft massive Kritik für Protestformen

Während vor wenigen Jahren noch ein Konsens zu spüren war und die Mehrheit der Gesellschaft sich stark für den Klimaschutz aussprach, scheint sich hier mittlerweile viel geändert zu haben: Die Klimaschutz-Bewegungen wurden immer lauter – aber ebenso die Gegenstimmen.

Inzwischen werden Protest-Aktionen – vor allem die der Letzten Generation – nicht mehr nur von der Gegenseite kritisiert, sondern auch vom WWF und zuletzt sogar von Fridays for Future. Zudem ist Ende März der Klima-Volksentscheid in Berlin gescheitert. Mit dem Klimawandel wandelt sich auch das Klima in der Gesellschaft.

"Ich finde es schade, dass sich Fridays for Future da entsolidarisiert haben."
Mia Sommer, Aktivistin von Extinction Rebellion
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"Klar, viele Menschen sind verärgert über die Aktionen", äußert sich Aktivistin Mia dazu. "Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass seitdem so viel über die Klimakrise geredet wurde wie selten zuvor. Selbst die, die keine Berührungspunkte damit haben, bekamen davon mit. Ich glaube, ohne Leute auch gegen uns aufzubringen, würde das nicht gehen."

Doch warum dann Kritik aus den eigenen Reihen?

Die genannten Äußerungen von Fridays for Future machen da stutzig. Im Konkreten lautet die Kritik: "Die Klimakrise braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen und die finden und erstreiten wir nur gemeinsam und nicht, indem wir Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen." Auch hierzu hat die Aktivistin von Extinction Rebellion eine Meinung:

"Es stimmt natürlich, dass wir gesamtgesellschaftliche Lösungen brauchen, aber dafür muss in der Gesamtgesellschaft erstmal eine Akzeptanz für das Problem bestehen. Und auch die Bereitschaft, nach einer Lösung zu suchen. Solange das nicht so ist, müssen wir sie weiter darauf aufmerksam machen, damit wir irgendwann an diesen Punkt kommen. Ich finde es schade, dass Fridays for Future sich da entsolidarisiert haben, während wir darauf setzen, dass unterschiedliche Aktionsformen unterschiedliche Menschen erreichen."
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Das Camp von Extinction Rebellion befindet sich neben zwei Berliner Ministerien.bild: watson / siems

Letzte Generation vs. Extinction Rebellion

Kritik wurde auch jetzt wieder laut, nachdem am Donnerstagmorgen die besagten Gebäude mit Farbe beschmiert wurden. Wie erwähnt: sowohl von Extinction Rebellion als auch von der Letzten Generation. Aber wenn sich die beiden Bewegungen voneinander abgrenzen, warum agieren sie dennoch zusammen?

Und worin unterscheiden sie sich überhaupt?

Laut eigener Aussage besteht ein wesentlicher Unterschied etwa darin, dass Extinction Rebellion unterschiedliche "Aktionslevel" hat. Das heißt, Leute haben jederzeit die Möglichkeit zu protestieren, ohne direkt in Polizei-Kontakt zu geraten. Bei der Letzten Generation sei dies nicht unbedingt gegeben.

"Nicht jeder, der was gegen die Klimakrise machen will, will sich auf die Straße kleben."
Mia Sommer, Aktivistin von Extinction Rebellion

"Wir machen generell auch viele Aktionen, die kreativer wirken", so die Aktivistin weiter, "und die ein lustiges Bild abgeben und gute Stimmung verbreiten. Unser Camp ist deshalb voller Kunstwerke. Ich würde es kreativen, bunten Ungehorsam nennen. Die Letzte Generation ist da anders."

Sie wollen die Energiewende und den Klimawandel: "Extinction Rebellion" sind in Berlin unterwegs. Zwischen zwei Ministerien haben sie ihre Zelte aufgestellt. Das Camp plant für mehrere Tage  ...
Plakate, Flaggen und gesellschaftskritische Kunstwerke zieren das Camp von Extinction Rebellion.bild: watson / siems

Überschneidungen gibt es dennoch:

"Es gibt Leute, die sich in mehreren Organisationen einsetzen. Teils, weil sie die Vielfalt an Protest-Formen wichtig finden. Teils, weil sie einfach mehr bewegen wollen. Außerdem überschneidet sich auch zum Teil deren und unsere Art von Aktivismus. Wegen solcher Berührungspunkte kommt es vor, dass wir auch zusammen auf der Straße sind."

Nicht zuletzt wegen der massiven Kritik gegenüber gewissen Protest-Formen betont die Bewegung, dass sie dennoch unabhängig voneinander agieren. Leute, denen das Thema wichtig ist, die jedoch verärgert von bestimmten Aktionen sind, sollen dadurch die Möglichkeit haben, sich auf andere Weise einzusetzen.

Weitere Aktionen geplant

Mia sagt: "Nicht jeder, der was gegen die Klimakrise machen will, will sich auf die Straße kleben." Sie findet es deshalb wichtig, auch niedrigschwelligen Aktivismus zu betreiben. Dieser wird nun in Berlin ebenso zu sehen sein, wie auch Aktionen, die erneut für mehr Aufsehen sorgen werden.

Schließlich hat die Letzte Generation bereits angekündigt: Nach der sogenannten "Frühlingsrebellion" – dem Camp also von Extinction Rebellion – soll es in Berlin zum "Stillstand" kommen. Auch wenn Menschen also verärgert sein mögen, und auch wenn erst kürzlich der Klima-Volksentscheid gescheitert ist: Mit einem Rückgang der Aktionen ist aktuell nicht zu rechnen.

"Dass nicht genügend Leute dafür gestimmt haben, zeigt uns nur, dass es notwendig ist, auch weiterhin ins Gespräch über die Klimakrise zu gehen", erklärt die Aktivistin. "Deswegen sind wir hier in der Öffentlichkeit, im Zentrum von Berlin."

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