Die Temperaturen steigen, die Sonne kommt raus und auf einmal ist sie da: die Lust auf Erdbeeren. Denn Erdbeeren schmecken nach Sommer. Und den könnten wir nach dem kalten März und Dauerregen gut vertragen.
Aber kann man jetzt wirklich schon guten Gewissens Erdbeeren kaufen? Immerhin kommen sie zu dieser Zeit nicht aus dem regionalen Anbau, sondern zumeist aus Spanien.
Doch es gibt noch zahlreiche weitere Gründe, die aktuell noch gegen den Kauf von Erdbeeren sprechen.
Dass Erdbeeren, die im Frühling in den Supermarktregalen stehen, aus Spanien kommen, dürfte den meisten klar sein. Dass die meisten von ihnen aus der wasserarmen Provinz Huelva stammen, ist vermutlich weniger bekannt.
In Huelva werden die Erdbeeren in Monokulturen angebaut. Das bedeutet, dass im gesamten landwirtschaftlichen Gebiet nur Erdbeeren angebaut werden. Das ist ziemlich umweltschädlich, weil die Böden unter anderem an Nährstoffen verlieren und sich ihre Zusammensetzung verändert. Außerdem werden große Mengen Dünger und Wasser für die Züchtung der Erdbeeren verbraucht.
"Für die Herstellung eines Kilos Erdbeeren, benötigt man im Durchschnitt etwa 300 Liter Wasser – also zwei volle Badewannen", erklärt der WWF. Werden zu viele Erdbeeren in Gebieten angebaut, in denen Wasserknappheit herrscht, könne das katastrophale Auswirkungen haben, erklärt Johannes Schmiester, Wasserspezialist beim WWF Deutschland.
Diese zeigen sich beispielsweise in der Doñana, einem Feuchtgebiet im südspanischen Andalusien. In dem Nationalpark und UNESCO-Weltnaturerbe werden illegal Erdbeeren angebaut. Für ihre Bewässerung wird Grundwasser mithilfe illegaler Brunnen angezapft. Die dadurch entstehende Wasserknappheit kann das gesamte Ökosystem in Gefahr bringen.
Weil Erdbeeren aus Spanien einen langen Transportweg hinter sich haben, bis sie in den deutschen Supermärkten ankommen, haben sie eine ziemlich verheerende Klimabilanz. Das Product Carbon Footprint Pilotprojekt Deutschland hat errechnet, dass eine 500-Gramm-Schale spanischer Erdbeeren für den Ausstoß von gut 440 Gramm CO₂ verantwortlich ist. 140 Gramm entstehen allein durch den Transport.
Vor fünf Jahren hat das Verbrauchermagazin "Öko-Test" Früherdbeeren aus Spanien auf Schadstoffe getestet. Das Ergebnis war erschreckend: Nur drei der insgesamt 30 getesteten Erdbeer-Proben waren pestizidfrei.
In der Hälfte der untersuchten Erdbeeren steckten sogar besonders bedenkliche Pestizide. Sie stehen unter Verdacht, krebserregend oder schädlich für die Fortpflanzung zu sein. Fast alle Erdbeeren im Test stammten aus der trockenen spanischen Provinz Huelva.
Eine aktuelle Recherche des rbb zeigt, dass in Spanien trotz Lieferkettengesetz Arbeiter:innen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten. Der Stundenlohn liegt bei knapp vier Euro und die Arbeiter:innen werden dazu gezwungen, deutlich mehr zu arbeiten, als im Vertrag vereinbart wurde.
Ein Arbeiter berichtete der Tagesschau: "Wir arbeiten mehr. Bis zu 70 Stunden pro Woche. Bezahlt werden aber nur 40, von Montag bis Freitag. Samstage und Sonntage und Überstunden werden nicht abgerechnet." Die Arbeitsbedingungen in der südspanische Region Almería sind so schlecht, dass etwa 5000 Arbeiter:innen in Slums leben müssen. Fließendes Wasser gibt es dort nicht.
Erdbeeren werden nicht nur in Plastik verpackt verkauft, sondern auch in Treibhäusern gezüchtet, die mit Plastikfolien bedeckt sind. Die riesigen Mengen von Plastikmüll, die beim Erdbeeranbau entstehen, werden "Utopia" zufolge oft auf illegalen Müllhalden entsorgt.
Scheint die Sonne auf die Müllberge, zersetzt sich das Plastik. Das entstandene Mikroplastik ist nicht nur schädlich für die Umwelt, sondern kann sogar in unsere Nahrung gelangen. Im letzten Jahr wurde zum ersten Mal Mikroplastik in menschlichem Blut entdeckt. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind noch nicht vollends erforscht.
Doch welche Erdbeeren kann man guten Gewissens kaufen? Reicht ein Bio-Siegel aus?
Bio-Erdbeeren sind zwar überwiegend pestizidfrei, verbrauchen aber ebenfalls viel Wasser und erzeugen hohe Transportemissionen. Sie sind dementsprechend im Frühling ebenfalls keine gute Wahl.
Was zu tun ist, liegt also klar auf der Hand: warten. Die Haupterntezeit für Erdbeeren beginnt in Deutschland im Mai und reicht bis in den Juli hinein. In diesem Zeitraum sollte man Erdbeeren kaufen – nicht vorher.
Am besten für die Umwelt ist es, wenn ihr regionale Erdbeeren holt, die im Freiland gewachsen sind. Sie sind zwar teurer, das liegt allerdings daran, dass der Mindestlohn in Deutschland höher ist als in Spanien. Auch die höheren sozialen Standards sowie die Anforderungen an Umwelt- und Pflanzenschutz treiben die Preise für regionale Erdbeeren in die Höhe.
Wer es sich leisten kann, sollte trotz der hohen Preise zu den heimischen Früchten greifen. Denn mal ehrlich: Den typischen Erdbeergeschmack bringen euch die April-Erdbeeren aus Spanien sowieso nicht auf den Teller.