Bisher haben die Nachrichten rund um das Sturmtief "Zoltan" größtenteils Wut, Entsetzen und Chaos ausgelöst. Der Zugverkehr war am Freitag vor Weihnachten wie gelähmt, Hochwasser überspülte mehrere Straßen in Hamburg und bei den meisten Deutschen herrschte noch mehr Weihnachtsstress als ohnehin schon.
Auch auf dem Weg nach Sylt fielen durch die heftigen Wetterbedingungen zum Wochenende mehrere Fährverbindungen aus. Doch eine Nachricht von der bekannten Nordseeinsel erweicht jetzt vor allem die Herzen von Tierliebhaber:innen.
Bereits am Donnerstagnachmittag entdeckte ein Spaziergänger am Sylter Weststrand eine ungewöhnliche Meeresschildkröte. Er meldete das Tier, das wenig später von Expert:innen der Schutzstation Wattenmeer und den "Sylter Seehundjägern" als Unechte Karettschildkröte identifiziert wurde.
Das Tier war offenbar durch den Nordweststurm ans Ufer gespült worden. Wegen der niedrigen Temperaturen war die Schildkröte völlig unterkühlt, die Tierschützer:innen beschrieben ihren Zustand als außerordentlich geschwächt. Auch eine Verletzung am Schnabel wurde festgestellt.
Normalerweise ist die Unechte Karettschildkröte in tropischen und subtropischen Meeren heimisch. Dort herrschen für gewöhnlich zwischen 20 und 30 Grad Wassertemperatur – in der Nordsee sind es aktuell unter zehn Grad Celsius. Normalerweise ziehen die in die Nordsee gewanderte Tiere vor dem Winter rechtzeitig in Richtung Südwesten.
Die Karettschildkröte vom Westerstrand wurde zur Weiterversorgung ins Sylt-Aquarium im Zentrum der Insel gebracht. In Absprache mit dem zuständigen Landesamt soll das Tier hier zunächst langsam an wärmere Wassertemperaturen gewöhnt werden, um einen Schock zu vermeiden.
Die Unechte Karettschildkröte wird auf der Roten Liste als gefährdete Art genannt, auch die Europäische Union (EU) stuft sie als geschützt ein. Vielerorts wurden in diesen Zusammenhang extra Meeresschutzgebiete eingerichtet, in denen keine Schifffahrt erlaubt ist.
Die Meeresschildkröten gelangen mitunter ungewollt durch den Golfstrom in die Nordsee. Durch die globale Erderwärmung beginnen zudem immer mehr Schildkröten, sich am Mittelmeer anzusiedeln, da auch dort zunehmend die benötigten Temperaturen erreicht werden.
Eine weitere Karettschildkröte wurde erst vor knapp einem Monat an einem belgischen Strand angespült. Sie wurde ebenfalls in einem Aquarium wieder an ihre gewohnten Bedingungen herangeführt und gilt nun als Star des dortigen Sea Life Centers.
"Wir hoffen, dass sie sich von den Strapazen wieder erholt", erklärt auch Dennis Schaper, Leiter der Sylter Schutzstation Wattenmeer gegenüber der "Hamburger Morgenpost". Auf Norderney war erst vor Kurzem eine Grüne Meeresschildkröte angespült worden, die in der Nordsee nicht überlebt hatte. Diesem Schicksal dürfte das liebevoll "Caretta" genannte Tier von Sylt nun gerade so entkommen sein.