In unserer kapitalistischen Gesellschaft ist man es eigentlich gewohnt, dass sich jeder nimmt, so viel er kann – vor allem von Personen, die in gewissen Machtpositionen sitzen. Dass Gewinne freiwillig im großen Stil auf Bürger:innen umverteilt werden, ist auf jeden Fall eher ungewöhnlich.
Genau das will der guyanische Präsident Mohamed Irfaan Ali (seit 2020 im Amt) nun aber machen. Laut Berichten von unter anderem "Guardian" soll jede Person, die einen gültigen guyanischen Pass besitzt und über 18 Jahre alt ist, einmaligen Anspruch auf 100.000 guyanische Dollar (etwa 440 Euro) haben.
Grund dafür ist das Ölgeschäft des Landes, das seit 2019 boomt. Die Regierung erklärte, dass sie den "irrsinnigen" Ölreichtum des Landes verteilen wolle.
Der US-amerikanische Ölgigant ExxonMobil hat 2015 vor der Küste Guyanas Ressourcen von mehr als 11 Milliarden Barrel Öläquivalent gefunden – die nun die guyanischen Staatskassen klingen lassen.
Die Ölproduktion des Landes hat wesentlich zum Wirtschaftswachstum des Karibikstaates beigetragen. Im Jahr 2022 wuchs das BIP Guyanas um 62,3 Prozent, was das höchste reale BIP-Wachstum der Welt in diesem Jahr darstellte, schreibt "Guardian".
Ursprünglich war geplant, jedem Haushalt 200.000 guyanische Dollar zur Verfügung zu stellen. Daraufhin äußerten jedoch einige Bürger:innen Sorge darüber, dass vor allem jüngere Menschen, die noch keinen eigenen Haushalt gegründet haben, leer ausgehen könnten.
Auf diese Bedenken reagierte der Präsident und seine Regierung mit der Anpassung auf 100.000 guyanische Dollar pro Person. Die Zuschüsse sind Teil des Bestrebens der Regierung, sicherzustellen, dass die Bevölkerung Guyanas von dem neu entdeckten Ölreichtum des Landes profitiert.
Bislang hat Alis Regierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die das verfügbare Einkommen der Bevölkerung erhöhen werden, darunter die Abschaffung von mehr als 200 Steuern und Gebühren. Auch im Ausland lebende Guyaner haben Anspruch auf die Bargeldbeihilfe, sofern sie im Besitz eines Personalausweises oder Reisepasses sind und für die Registrierung nach Guyana reisen können.
Der Zuschuss kann nur persönlich abgeholt werden. Vizepräsident Bharrat Jagdeo kündigte kürzlich an, dass für den Erhalt des Zuschusses kein Wohnsitz erforderlich ist.
Anfang dieses Monats kündigte Präsident Ali außerdem an, dass er die Studiengebühren an der Universität von Guyana und an allen staatlichen und technischen Einrichtungen ab Januar 2025 abschaffen wird.