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FC Liverpool: Wie der Klub mit Florian Wirtz eine Ära prägen will

Liverpool, England, 4th August 2025. Florian Wirtz of Liverpool during the Liverpool vs Athletic Bilbao Pre Season Friendly match at Anfield, Liverpool. Picture credit should read: Cody Froggatt / Spo ...
Florian Wirtz soll das neue Aushängeschild des FC Liverpool werden.Bild: www.imago-images.de / imago images
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Der FC Liverpool will mit Bundesliga-Power eine Ära prägen

Der FC Liverpool beendete die vergangene Saison als englischer Meister. Auf diesem Erfolg wollen sich die Klubbosse aber nicht ausruhen, greifen in diesem Sommer daher so richtig an.
15.08.2025, 07:5915.08.2025, 07:59
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In den vergangenen zehn Jahren haben sich so einige Vereine um den Titel als ausgabenfreudigster Klub der Welt bemüht. Chelsea und Manchester City eiferten förmlich um die Wette, wer mehr verprassen kann. Zwischen 2014 und 2024 investierten die beiden englischen Topklubs über zwei Milliarden Euro in neue Spieler. Manchester United und PSG waren ihnen in dieser Zeit dicht auf den Fersen.

Mit Ausgaben in Höhe von 1,27 Milliarden Euro war der FC Liverpool in dieser Phase zwar auch kein Kind von Traurigkeit, beobachtete das Treiben der Rich Kids aber doch aus sicherer Distanz. Neun Vereine investierten mehr, elf Klubs hatten ein höheres Transferminus.

Den millionenschweren Zugängen von Alisson Becker (72 Millionen Euro), Virgil van Dijk (85 Millionen Euro) und Darwin Núñez (85 Millionen Euro) zum Trotz schwang stets eine Klopp'sche Bescheidenheit mit. Aber Jürgen Klopp ist weg und mit ihm auch Liverpools Zurückhaltung auf dem Transfermarkt.

Denn kein Verein hat in diesem Sommer bisher so viel Geld in seinen Kader gebuttert wie die Reds. Gut 294 Millionen Euro hat der LFC bisher in neue Profis investiert, damit 97 Millionen Euro mehr für Transfers ausgegeben als eingenommen. Beide Werte könnten noch deutlich weiter nach oben schießen, Ausgabenkrösus sind die Reds in diesem Sommer aber auch jetzt schon.

Aber woher rührt eigentlich diese plötzliche Investitionswut des englischen Traditionsklubs, zumal ausgerechnet nach einer so erfolgreichen Debütsaison von Arne Slot? Der Niederländer führte Liverpool in der vergangenen Spielzeit immerhin zum Triumph in der Premier League. Ist die Quote an ehemaligen Bundesliga-Profis dabei reiner Zufall? Und woher kommt überhaupt das ganze Geld für die Stars?

Liverpool machte Florian Wirtz zum Rekordzugang

Aber der Reihe nach. Wer sind überhaupt diese ominösen, teuren Superstars, die sich der FC Liverpool in diesem Sommer gegönnt hat? Bisher stehen sechs Neuzugänge auf der Habenseite, ein Name überstrahlt dabei alles: Florian Wirtz.

London, England, 10th August 2025. Florian Wirtz of Liverpool during the Crystal Palace vs Liverpool FA Community Shield match at Wembley Stadium, London. Picture credit should read: Paul Terry / Spor ...
Starboy: Florian Wirtz.Bild: IMAGO images / Sportimage

Der DFB-Star ist für 125 Millionen Euro aus Leverkusen gekommen und damit der teuerste Zugang der Premier-League-Geschichte. Er soll die Vakanz auf der Zehn füllen, die seit Jahren besteht. Wirtz bringt zudem Kumpel Jeremie Frimpong mit, der 40 Millionen Euro gekostet hat und den zu Real Madrid abgewanderten Trent Alexander-Arnold ersetzen soll.

Auf der linken Abwehrseite haben die Reds knapp 47 Millionen Euro in Milos Kerkez investiert, der Ungar ist aus Bournemouth gekommen. Er soll Routinier Andrew Robertson Beine machen. Für das Tor kommen Kerkez' Landsmann Ármin Pécsi (1,8 Millionen Euro Ablöse) und Freddi Woodmann (ablösefrei) dazu. Neu im Team ist auch Giorgi Mamardashvili, der in der Vorsaison noch an Valencia verliehen war.

Im Sturm baut Liverpool indes komplett um: Hugo Ekitiké ist für 95 Millionen Euro aus Frankfurt gekommen. Dazu halten sich Wechselgerüchte um Newcastles Alexander Isak, als Jungprofi einst beim BVB, hartnäckig. Der Schwede würde noch mehr als Wirtz kosten – falls Newcastle im Poker denn nachgibt.

Liverpool hat Offensivduo für 153 Millionen Euro verkauft

In der Offensive gibt es aber durchaus Bedarf. In Diogo Jota hat Liverpool Anfang Juli auf tragische Weise einen Leistungsträger verloren. Mit Luis Díaz wurde ein anderer für 70 Millionen Euro an den FC Bayern verkauft. Darwin Núñez wiederum wurde nie zu einem, der Sturm-Flop konnte trotzdem für 53 Millionen Euro nach Saudi-Arabien verkauft werden.

Auch die Abgänge von Jarell Quansah (35 Millionen Euro) sowie Caoimhín Kelleher (15 Millionen Euro) spülten nennenswerte Ablösesummen in die Kassen. Harvey Elliott könnte gar noch 50 Millionen Euro einbringen. Zugleich erhöht es den Bedarf, die Breite des Kaders trotz der ohnehin schon hohen Investitionen zu erhöhen.

Isak ist dabei das eine große Transferziel für die Offensive. Die Defensive wiederum soll Italien-Talent Giovanni Leoni aufwerten, er spielt momentan noch in Parma. Aus dem eigenen Nachwuchs rückt zudem der erst 16-jährige Linksaußen Rio Ngumoha auf. Er spielte sich während der Vorbereitung in den Vordergrund.

Das Alter der Liverpool-Neuzugänge sticht heraus

Bemerkenswert an der LFC-Transferstrategie ist, dass der Klub nicht nur Qualität kauft, sondern diese auch noch in jungen Jahren daherkommt. Keiner der Neuzugänge ist älter als 24. Das gilt auch für Mamardashvili, der perspektivisch Alisson Becker beerben soll.

Das Ziel der Transferoffensive ist also klar: Liverpool investiert nicht nur in die Gegenwart, sondern auch in die Zukunft. Die Reds wollen eine Ära prägen.

Das Timing ist gut, befindet sich Manchester City doch im Umbruch. Arsenal, Chelsea und Manchester United sind von den großen Zeiten zudem alle mehr oder weniger weit entfernt.

Parallelen zur Bundesliga: Liverpools Wettbewerbsvorteil

Auf dem Papier spricht vieles dafür, dass die Sommerzugänge den Reds tatsächlich helfen, ihren Status als englische Nummer eins zu unterstreichen. Ekitiké passt als geradliniger Konterstürmer etwa perfekt ins System. Auch der Vorwärtsdrang von Frimpong ist wie gemacht für den LFC. Und Wirtz funktioniert mit seiner Spielintelligenz ohnehin in jeder Mannschaft.

Dabei fällt aber natürlich auf, wie hoch die Quote an Bundesliga-Zugängen ist. Das ist kein Zufall, denn Liverpools Faible für die Bundesliga hat sich über die vergangenen Jahre entwickelt.

Klopp ist gewiss das strahlendste Beispiel, doch die Reds importierten mit Erfolg noch wesentlich häufiger aus Deutschland: Roberto Firmino, Joel Matip, Ibrahima Konaté, Dominik Szoboszlai oder Wataru Endō leisteten und leisten ganze Arbeit.

In England heißt es, dass die Bundesliga der Premier League in puncto Spieltempo, Intensität und Pressing am nächsten kommt. All jene Aspekte sind gerade in Liverpool besonders wichtig. Spielern aus der Bundesliga fällt die Eingewöhnung beim LFC entsprechend weniger schwer. Im hektischen Fußballgeschäft, in dem Zeit Geld entspricht, ist das ein echter Wettbewerbsvorteil.

Liverpool ist finanziell bestens aufgestellt

Von Vorteil ist es freilich auch, mal eben annähernd 300 Millionen Euro für neue Spieler ausgeben zu können. Woher all das Geld kommt? Einerseits spielt Liverpool in der finanziell potentesten Fußballliga der Welt, hat in dieser dank des Titelgewinns zuletzt sogar ordentlich abkassiert.

Noch wichtiger aber ist, wie das Portal "Liverpool Echo" mit Verweis auf das PSR, sozusagen das nationale Financial Fairplay, vorrechnet: Die Reds haben sich in den vergangenen Jahren auf dem Transfermarkt zurückgehalten. Zumindest für englische Verhältnisse.

In der Vorsaison stand etwa ein kleines Transferplus, dazu erzielten die Reds mit ihrem gesamten Geschäftsgebaren zwei Spielzeiten in Folge Rekordeinnahmen. Nicht zuletzt das erfolgreiche Abschneiden in der Champions-League-Ligaphase (erster Platz) sowie der neue Deal mit Ausstatter Adidas verbesserten die finanzielle Situation jüngst weiter.

Das Polster ist bequem genug, um einen Isak-Deal in diesem Sommer zu finanzieren. Laut "Liverpool Echo" ist es aber auch komfortabel genug, um in den nächsten Jahren weiter kräftig in den Kader zu investieren.

Die Reds, so scheint es, haben den richtigen Moment abgepasst. Doch Fußball wird am Ende des Tages immer noch auf dem Platz entschieden. Zum Saisonauftakt im Community Shield mussten sie sich im Elfmeterschießen Crystal Palace geschlagen geben. Noch darf die Konkurrenz also hoffen, dass dieser sportlich wie finanziell potente Riese ins Straucheln geraten kann, bevor die Ära wirklich beginnt.

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