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Special Olympics: Wie die Doku "All Inclusive" Inklusion greifbar macht

Torhüterin Mary Stella nimmt für Kenia an den Special Olympics in Berlin teil.
Torhüterin Mary Stella nimmt für Kenia an den Special Olympics in Berlin teil.bild: Kloos & Co. Medien / Ishmael Azeli
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Special Olympics: Wie die Doku "All Inclusive" Inklusion greifbar macht

12.06.2023, 08:29
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Für Timo, Toivo, Uyangaa und Mary Stella erfüllt sich am kommenden Samstag im Berliner Olympiastadion ein Lebenstraum. Sie werden ihre Heimatländer Deutschland, Finnland, die Mongolei und Kenia bei den Special Olympics in Berlin vertreten.

Von wie vielen Höhen und Tiefen der Weg dahin in den vergangenen vier Jahren inmitten der Corona-Pandemie für die Athleten mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen war, zeigt die neue Dokumentation "All Inclusive" von Thorsten Ernst, Tobias Lickes, Malte Nieschalk und Gordon Volk eindrucksvoll. Vier Jahre begleitete das Filmteam die Sportler:innen in ihren Heimatländern bei Siegen, Niederlagen und in ganz privaten Momenten.

Und eine Sache wird bei dem Film, der auch im Kino zu sehen ist, besonders deutlich: Das Thema Inklusion ist nirgendwo auf der Welt im Alltag eine Selbstverständlichkeit.

"Wir haben von vielen Athleten gehört, dass die Weltspiele ein wahnsinnig tolles Event sind und sie sich über die Präsenz in den Medien freuen. Aber danach geht die Kurve wieder ganz steil nach unten und nichts hat sich geändert. Vorher ist es ein Randthema und danach auch wieder", sagt Autor Malte Nieschalk im Gespräch im watson.

Special Olympics: Energie bei Wettkämpfen "irre"

Die Voraussetzungen für die vier Athlet:innen aus den ganz unterschiedlichen Ecken der Welt könnten kaum diverser sein und doch stehen sie stellvertretend für alle 7000 Sportler:innen aus 190 Ländern, die ab Sonntag in Berlin bei den Special Olympics antreten.

Denn der Sport gibt ihnen Lebensfreude, Selbstvertrauen und lässt sie neue Freundschaften knüpfen. "Was einem dort an positiver Energie entgegenschlägt, ist irre", sagt Filmautor Gordon Volk im Gespräch mit watson. "Gerade, wenn man sich vor Augen führt, dass das Menschen sind, die oft diskriminiert, benachteiligt und zurückgewiesen werden."

Hindernisse, die sich vor allem im Alltag für die vier immer wieder bemerkbar machen. Dort haben sie fast alle die gleichen Probleme – egal, ob Deutschland, Finnland, Kenia oder die Mongolei.

"Was die Gesetze angeht, sind wir eigentlich sehr fortschrittlich. Aber wenn es an die Umsetzung geht, mangelt es. Man kann sagen, dass man in Sachen Inklusion noch lang nicht so weit ist, wie man vielleicht glauben mag", sagt Gordon Volk.

Dokumentation "All Inclusive": Autoren sprechen über Probleme

Und so litten vor allem die Athlet:innen während der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. "Besonders Menschen mit Behinderung sind dann auch wieder ganz hinten in der Kette", beobachtete Gordon Volk. Die Vereinsamung der Menschen mit Einschränkung, die auch gleichzeitig meist eine Risikogruppe darstellten, sei während der Dreharbeiten eine große Herausforderung gewesen. Besonders, da die vier Athlet:innen auf der ganzen Welt verteilt waren.

Doch genau dadurch ergab sich für die Autoren auch noch eine weitere große Hürde: die Sprachbarriere.

"Es kommt auf jeden einzelnen Menschen an, der sich zu diesem Thema Gedanken macht und etwas dazu beiträgt."
Film-Autor Gordon Volk
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Von der Vorbereitung bis zu den eigentlichen Drehs hätte es laut der beiden Autoren immer mal wieder Verständigungsprobleme gegeben. Doch gerade bei dieser Dokumentation kam es auf eine klare und vertrauensvolle Kommunikation an. "Das ist total wichtig, wenn man realistische Szenen zeigen möchte und um einen Draht aufzubauen, um zu merken, wenn sie auf bestimmte Dinge keinen Bock haben", erklären sie.

Daher arbeiteten sie in Finnland und der Mongolei mit zusätzlichen Co-Regisseuren aus dem jeweiligen Land, die für eine gewisse Vertrautheit am Set sorgten. Zudem hielten sie per Videocalls dauerhaft Kontakt mit den Athlet:innen.

Inklusion in der Gesellschaft lange nicht selbstverständlich

Doch, dass die Verständigung manchmal ein Problem war, merkt man in der eineinhalbstündigen Dokumentation selten. Über die Dauer des Films baut sich eine starke Nähe und Vertrautheit zu den Protagonist:innen auf.

Was wohl noch viel wichtiger ist: Man nimmt häufig gar nicht wahr, dass sie beeinträchtigt sind. "Keiner ist normal, jeder hat seine Themen", bringt es Toivos Segel-Teamkollege Roope in einem Gespräch auf den Punkt.

Denn laut des Autorenduos können "Menschen mit Behinderung der Gesellschaft eigentlich viel mehr zurückgeben, als die Gesellschaft vermutet." Für die Zukunft sei das der optimale Ansatzpunkt, den die Gesellschaft und auch Behörden viel mehr forcieren müssten. "Damit Menschen mit Behinderung nicht immer als Bittsteller auftreten und Antrag um Antrag ausfüllen müssen, sondern dass man es schafft, das umzudrehen."

Gordon Volk resümiert zudem, dass es im Endeffekt egal ist, was sich Regierungen ausdenken, wenn wir es nicht mit Leben füllen: "Es kommt auf jeden einzelnen Menschen an, der sich zu diesem Thema Gedanken macht und etwas dazu beiträgt."

So erhoffen sich die Filme-Macher, dass ihre Doku und vor allem die Special Olympics für einen gewissen Push sorgen, damit sich mehr Sportvereine für einen inklusiven Sport engagieren.

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