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Junge Fußballfans in der Coronakrise: "Habe den Eindruck, dass sich jeder zurückzieht"

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Das Berliner Olympiastadion wird wohl auch beim DFB-Pokalfinale im Mai noch leer bleiben.Bild: Tim Rehbein/RHR-FOTO / Tim Rehbein/RHR-FOTO
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Junge Fußballfans in der Coronakrise: "Habe den Eindruck, dass sich jeder zurückzieht"

10.01.2021, 21:1511.01.2021, 16:54
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Mit der Verlängerung des Lockdowns werden auch Fußballfans noch für einige Monate aus den Stadien ausgeschlossen sein. Während bei den Vereinen Geldsorgen entstehen, können die ausbleibenden Stadionbesuche gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Fanszene große Probleme verursachen.

Thomas Jelinski vom Fanprojekt Berlin bringt es gegenüber watson so auf den Punkt:

"Eine Gruppe, die zum Fußball geht, definiert sich immer über ihre einzelnen Aufgaben, die jeder hat. Das betrifft nicht nur den Spieltag. Es läuft in der Woche weiter, man bespricht sich, plant, organisiert. Und der Mehrheit fehlt genau das und das brauchen sie einfach wieder. Dafür gibt es keinen Ersatz."

Auch für ihn selbst sei es aktuell schwer, mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Kontakt zu kommen, erklärt der Sozialarbeiter.

Ansprechpartner in allen Lebenslagen

Deutschlandweit gibt es 68 Fanprojekte an 61 Standorten. Sie verstehen sich als Anlaufstelle vor allem für Fußballfans zwischen 14 und 27 Jahren. Die Mitarbeiter der Projekte stehen den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die meist schon in kleinen Gruppen, Fanclubs oder Ultragruppierungen organisiert sind, bei Spielen und unter der Woche als Ansprechpartner zur Verfügung. Dabei geht es nicht nur um Probleme vor und während der Spiele, sondern auch um Konflikte in der Schule, der Arbeit und der Familie. Zudem begleiten die Mitarbeiter der Fanprojekte die Fangruppen bei Auswärtsfahrten, um einen möglichst konfliktfreien Ablauf zu gewährleisten.
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"Bei uns steht die Beziehungsarbeit im Vordergrund, aber das geht nur, wenn wir den persönlichen Kontakt haben, aber der fällt aktuell weg", erklärt Jelinski. Besonders bei Heimspielen sei es üblich, sich weit vor dem Spiel auf dem Parkplatz vor dem Stadion zu treffen, um ins Gespräch zu kommen. "Man hat die Gespräche mit den Leuten gesucht, bei denen man wusste, dass es nötig war – oder die von sich aus über Probleme reden wollten."

Laut Jelinski ist es jetzt, während der Corona-Pandemie, aber viel wahrscheinlicher, dass Jugendliche mit ihren Problemen einfach übersehen werden. "Wir haben jetzt auch keine Kontaktliste mit 1000 Leuten und telefonieren die alle ab. Da sind wir darauf angewiesen, dass auch mal Kumpels sagen: 'Hey, dem geht es nicht so gut‘."

Um den Kontakt zu den jungen Fußballfans nicht zu verlieren, hätten die Fanprojekte auch zeitweise versucht, die Jugendlichen in Online-Meetings zusammenzubringen. "Aber das hat überhaupt nicht funktioniert", sagt Jelinski und ergänzt: "Ich habe den Eindruck, dass sich jeder in seinen Bereich zurückzieht und dort eigene Probleme hat."

Gespräche mit Spielern bringen nichts

Auch Gesprächsrunden mit Spielern zu organisieren ist laut dem 58-Jährigen nicht zielführend. Jelinski fragt mit Blick auf Spieler, die oft den Verein wechseln: "Was soll ein Legionär denn für Botschaften haben?" Er ergänzt: "Da hätten wir vor 20 Jahren drüber reden können." Solche Gespräche könnten nur dann sinnvoll sein, "wenn man einen tollen Spieler hat, der von allen akzeptiert und respektiert wird. Aber so ist der Spieler nächstes Jahr oder in zwei Jahren weg. Er kennt die Stadt nicht einmal richtig und hat gar keine Bindung."

Der Kontakt zwischen der jungen, aktiven Fanszene und dem Verein sei aktuell auch nur minimal. "Das Interesse am Austausch ist eher gering, denn worüber soll man reden? Klar gibt es spezifische Themen, aber nichts, was die ganze Fangemeinschaft interessiert: Wie zum Beispiel: Was können wir im Block oder bei Auswärtsfahrten verbessern?"

Daher sei es für die Fanprojekte wichtig, auch weiterhin für die Jugendlichen als Ansprechpartner präsent zu sein. "Allein wenn wir äußern, dass wir für sie da sind, wird es wahrgenommen", sagt der Sozialpädagoge. Denn während der Lockerungen im Sommer habe man gemerkt, dass die Fanszenen sehr dankbar für jedes Angebot sind, das über das eigentliche Fußballspiel hinausgeht. Vorträge, Lesungen und Workshops, sagt Jelinski, hätten die jungen Fans intensiv besucht.

(lgr)

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