Jürgen Klopp wird den FC Liverpool am Ende dieser Saison nach dann knapp neun Jahren verlassen. Über das Ende der Ära informierten der Trainer und sein Verein am Freitagmittag in einem ausführlichen Interview, das die Engländer auf ihren Kanälen publiziert haben.
In knapp 25 Minuten erklärt Klopp den Fans dabei seine Entscheidung. "Mir geht die Energie aus", betont er wiederholt. Sie sei die Quelle seiner Arbeit, ohne geht es für ihn nicht: "Jetzt geht es mir gut. Aber ich weiß, dass ich den Job nicht immer und immer wieder machen kann."
Der 56-Jährige vergleicht sich dabei auf seine gewohnt humorvolle Art mit einem Sportwagen. "Nicht der beste, aber ein ziemlicher guter Wagen. 290 km/h sind noch drin, aber ich bin der einzige, der sieht, dass der Tank leer geht. In dem Fall muss ich an die Tankstelle."
Was Klopp damit sagen will: Er braucht eine Auszeit. Oder womöglich gar einen endgültigen Rückzug aus dem Fußball? "Wenn du mich jetzt fragst, ob ich jemals wieder trainieren werde, würde ich nein sagen. Aber ich kenne mich natürlich, ich kann nicht einfach nur herumsitzen", sagt Klopp, der sich momentan nicht auf seine langfristige Zukunft festlegen möchte.
Klar sind für ihn aber zwei Dinge. "Ich will nicht warten, bis ich zu alt bin, um ein normales Leben zu leben. Ich muss das jetzt zumindest mal versuchen", betont er seinen bevorstehenden Rückzug aus dem Fußball und legt dabei deutlich nach: "Einen Klub oder eine Nationalmannschaft werde ich mindestens ein Jahr nicht trainieren, das ist ausgeschlossen."
Sollte Klopp nach seiner Auszeit dennoch zurückkehren, schließt er ein Ziel partout aus: "Ich werde in England niemals einen anderen Verein als Liverpool trainieren. Meine Liebe für diesen Verein, mein Respekt für die Menschen hier ist zu groß. Ich könnte nicht einmal eine Sekunde darüber nachdenken."
An Optionen dürfte es ihm trotzdem nicht mangeln. In Madrid, Barcelona, Mailand, Turin oder Paris dürfte der Name Klopp überall zumindest mal kurz diskutiert werden. Ob der Deutsche bei einem dieser Topklubs anheuern will, darf in Anbetracht deren wankelmütiger Umfelder aber bezweifelt werden. So erscheinen vor allem drei Stationen logisch.
Schon vor seiner Amtszeit in Dortmund gewann Klopp deutschlandweit Sympathien. Zunächst als Erfolgscoach von Underdog-Klub Mainz, noch stärker aber als TV-Experte beim ZDF. Zwischen 2005 und 2008 führte er die Zusehenden verständlich und humorvoll durch die taktischen Ansätze bei WM und EM.
Als künftiger Bundestrainer war er damals noch nicht im Gespräch, sehr wohl aber in den Jahren danach. Gerade im Zuge des Ausscheidens von Joachim Löw wurde der Liverpool-Trainer beim DFB gehandelt, ebenso nach dem Aus von Hansi Flick.
Klopp aber blieb dem englischen Klub treu. "Ich habe es schon öfter gesagt: Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass ich irgendwann mal Bundestrainer werde. Aber es muss passen. Und das hat es bisher nicht", erklärte er damals gegenüber der "Sport Bild".
Ob es diesmal passt, bleibt abzuwarten. Julian Nagelsmanns Vertrag beim DFB endet nach der Heim-EM. Sollte er verlängern, dürfte er mindestens noch die WM 2026 mitnehmen wollen. Sollte er gehen, sucht der DFB hingegen schon im Sommer 2024 einen neuen Nationaltrainer. Womöglich findet sich ja eine Übergangslösung, Rudi Völler etwa hat mit dieser Rolle bereits Erfahrung.
Der Abschied aus Liverpool sorgt bei den LFC-Fans für emotionale Reaktionen. Der Menschenfänger Klopp hat die Leute auch in England für sich gewonnen, die Reds führte er aus dem Mittelfeld der Premier League zudem wieder in die Weltspitze. Eine vergleichbare Entwicklung brachte er zuvor bereits dem BVB.
2008 übernahm Klopp die Dortmunder, die nach der Beinahe-Insolvenz ihrer glorreichen Vergangenheit nachtrauerten. Mit einer neuen, begeisternden Art von Fußball holte er zwei Meisterschaften, einmal den DFB-Pokal. Den Traditionsklub führte er zudem ins Finale der Champions League.
So sehr sich die Dortmunder anschließend mit großen Transfers oder namhaften Trainern auch mühten, derart erfolgreich und mitreißend wie unter Klopp traten sie nach dessen Abgang nicht mehr auf.
In Anbetracht der zahlreichen Rückholaktionen, die der BVB auf dem Rasen getätigt hat, erscheint es nicht abwegig, einen solchen Versuch auch auf der Trainerbank zu wagen. Zumal Edin Terzić dort keinesfalls sicher im Sattel sitzt. Fraglich ist ob der anhaltenden Kritik am Dortmund-Coach aber, ob er sich bis zum Sommer 2025 halten kann.
Geboren ist Klopp in Stuttgart, seine Wurzeln liegen aber woanders: in Mainz. Elf Jahre lang spielte der frühere Innenverteidiger für die Nullfünfer, direkt nach seinem Karriereende übernahm er die Mannschaft als Cheftrainer. Und wie: Er führte Mainz zum erstmaligen Bundesliga-Aufstieg, mittlerweile ist der FSV aus dem Oberhaus nicht mehr wegzudenken.
Der 56-Jährige indes hat sich selbst nie komplett aus Mainz weggedacht. Im Ortsbezirk Gonsenheim besitzen er und seine Frau noch immer ein Haus, spätestens nach seiner Trainerkarriere wollen sie dort wieder einziehen.
Womöglich lässt sich dies aber auch vereinen. Die Mainzer haben in den vergangenen Jahren zwar stets die Klasse gehalten, ihre über viele Jahre prägende Identität scheint ihnen aber etwas abhandengekommen zu sein. So war etwa der Zuschauerandrang schon mal größer.
Klopp könnte hier gewiss helfen und wäre auch nicht der erste Rückkehrer. Christian Heidel kehrte nach seinem Intermezzo beim FC Schalke als Sportvorstand zurück, Ex-Coach Martin Schmidt ist mittlerweile Sportdirektor.
Klar wäre in diesem Fall aber, dass Titelhamster Klopp sich in Mainz mit anderen Ambitionen beschäftigen müsste als dies in Liverpool sowie Dortmund der Fall war.