
Darfst wiederkommen: So etwas in der Art dürfte Julian Nagelsmann (l.) Jamie Leweling (r.) ins Ohr geflüstert haben.Bild: dpa / Sven Hoppe
Analyse
Der Start in die Länderspielpause verlief aus Sicht von Julian Nagelsmann denkbar unglücklich, gingen beim DFB-Team doch reihenweise Absagen ein. Wichtige Spieler wie Jamal Musiala, Niclas Füllkrug oder Kai Havertz standen dem Bundestrainer nicht zur Verfügung, auf dem Platz aber war von den Ausfällen nicht viel zu sehen.
Denn sowohl in Bosnien und Herzegowina als auch gegen die Niederlande bot die deutsche Nationalmannschaft eine dominante Vorstellung, erspielte sich somit zwei hochverdiente Siege. Der Lohn ist der erstmalige Einzug in das Viertelfinale der Nations League.
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Nicht minder wichtig ist nach Meinung von ZDF-Experte Christoph Kramer das, was die Mannschaft mit ihren Auftritten auf den Rängen, unter den Fans ausgelöst hat: "Nach den schwächeren Jahren ist es wichtig, die Euphorie im Anschluss an die Heim-EM weiterzutragen. Das ist gelungen, das ist ein super Fazit für den Oktober."
Das ist auch deshalb so bemerkenswert, weil gerade beim 1:0-Erfolg über die Niederlande am Montagabend nicht mehr viel von der Mannschaft übrig geblieben war, die im Juli noch so knapp an Spanien gescheitert war. Einzig Maximilian Mittelstädt, Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich und Florian Wirtz hatten bei der Heim-EM schon eine tragende Rolle gespielt.
Um sie herum hat sich vieles neu sortiert. Es gab Neulinge, Rückkehrer und Spieler, die von der Bank in die erste Elf gerückt sind. "Alle haben ein gutes Spiel gemacht", stellte Nagelsmann nach dem Triumph über Oranje zu Recht fest. Es lässt sich auch auf das Spiel in Zenica übertragen. Und doch gibt es drei Akteure, die besonders herausstechen.
Der Neue: Jamie Leweling
Es liest sich wie eine dieser Geschichten, über die so gerne gesagt wird, dass sie nur der Fußball schreibt. Leweling war im Oktober eigentlich noch gar nicht für den DFB-Kader vorgesehen, dann aber sagte Musiala ab. Der VfB-Profi rückte nach und ... musste zunächst einmal 90 Minuten auf der Bank sitzen.

Erstes Mal dabei, erstes Mal Startelf, erstes Tor: Jamie Leweling erlebte einen Traumeinstand.Bild: dpa / Sven Hoppe
In Zenica durfte er nur zuschauen, in München aber fiel dann kurzfristig sein Klubkollege Deniz Undav aus. Lewelig katapultierte es plötzlich in die Startelf, in der er keinerlei Nervosität zeigte. Nach nicht einmal zwei Minuten traf er, sein Tor aber wurde wegen Abseits einkassiert. Im zweiten Durchgang dann hatte der Schiedsrichter nichts mehr einzuwenden, als der 23-Jährige das Leder in den rechten Winkel schweißte.
"Er hat viele Situationen, mit Druck im Rücken, mit viel Körperlichkeit gelöst, hat uns genau die Energie gegeben, die wir brauchten. Er hat tatsächlich ein außergewöhnlich gutes Debüt gegeben", war Julian Nagelsmann voll des Lobes. Auch das ZDF-Experten-Duo Kramer und Per Mertesacker war sich einig: Leweling war der Mann des Abends. Ein echter Gewinner eben. Aber wen wundert es, der Mann trägt das W ja auch im Namen.
Der Alte: Oliver Baumann
Dass Baumann ein Torhüter von gehobenem Bundesliga-Format ist, dürfte den meisten Fußballfans schon seit Langem klar sein. Mit 467 Einsätzen im deutschen Oberhaus liegt er in der ewigen Liste der Rekordspieler schließlich schon auf Rang 22. Im DFB-Team aber war für ihn bis dato immer nur Platz auf der Bank – bis Montag.

Flog einmal spektakulär: Oliver Baumann.Bild: IMAGO images / Schüler
Im stolzen Alter von 34 Jahren und 134 Tagen wurde der Schlussmann gegen die Niederlande nämlich zum drittältesten DFB-Debütanten aller Zeiten. Alt sah er dabei aber keineswegs aus. "Die Note 1" gab ihm Nagelsmann nach Spielende. Der Bundestrainer lobte die Parade kurz vor Schluss gegen Dortmunds Donyell Malen, vor allem aber auch das sichere Spiel mit dem Ball am Fuß.
"In dieser Saison", sagte Nagelsmann, "ist Olli einen Tick stärker als Alex." Wenngleich in der nächsten Länderspielpause noch einmal ein Jobsharing zwischen Baumann und Alexander Nübel zu erwarten ist, so hat der Routinier nun doch klar Pluspunkte gesammelt.
Der Gescholtene: Nico Schlotterbeck
Nico Schlotterbeck und das DFB-Team – das war bis dato wahrlich keine Erfolgsgeschichte. Zu oft war sie von individuellen Aussetzern geprägt, von unglücklichen Auftritten. Ein Beispiel dafür war nicht zuletzt das Hinspiel gegen die Niederlande. Beim Rückspiel bekam der BVB-Verteidiger, der trotz durchwachsener Auftritte im Klub erneut nominiert wurde, nun erneut die Gelegenheit.

Überzeugte am Montag in Deutschlands Innenverteidigung: Nico Schlotterbeck.Bild: IMAGO images / Beautiful Sports
Nagelsmann berief den Linksfuß anstelle von Jonathan Tah in die Startelf. Der bedankte sich mit einer konzentrierten Leistung, lieferte gegen den wuchtigen Brian Brobbey genauso ab wie gegen die beweglicheren Xavi Simons oder Joshua Zirkzee.
Schlotterbeck streute zudem immer wieder linienbrechende Pässe in sein Spiel ein. In dieser Form kann er ein echter Herausforderer für Tah sein und darf sich somit ebenfalls als Gewinner fühlen.
Es sind ereignisreiche Tage beim BVB. Am Sonntag traf mit Niko Kovač der neue Cheftrainer ein. Nach leichten Problemen bei der Anreise stand der gebürtige Berliner bei Borussia Dortmund noch am selben Tag ein erstes Mal auf dem Trainingsplatz und leitete seine neue Mannschaft direkt an.