"Dass Frauen heute Männerspiele leiten, ist doch keine Schlagzeile mehr wert", hatte Bibiana Steinhaus-Webb bereits im Jahr 2011 in einem Interview erklärt. 2017 war sie die allererste Frau, die ein Spiel der Herren-Bundesliga pfeifen durfte. Auch auf internationaler Ebene leitete sie Spiele der Männer.
Schon vor mehr als zehn Jahren wies sie also auf die zahlreichen Kolleginnen hin, die auf Kreis- und Regionalebene den gleichen Job ausführten. Bis in die erste Bundesliga ist ihr aber bis heute keine gefolgt. Das könnte sich offenbar bald ändern.
Der Deutsche Fußball-Bund hat mit Knut Kircher seit diesem Sommer einen neuen Schiedsrichterchef, der bis zum Erreichen der Altersgrenze selbst zahlreiche Spiele pfiff. "Ich denke schon, dass bald die nächste Frau in der ersten Liga pfeifen wird", erklärte er nun gegenüber SWR Sport.
Dass das nicht nur aus der Luft gegriffen ist, unterstrich er anschließend auch direkt mit einer Personalie. "Wir haben Fabienne Michel in der 3. Liga. Sie macht dort wirklich einen sehr guten Job, deshalb hat sie deutliche Chancen, weiter nach oben zu kommen."
Fabienne Michel ist 30 Jahre alt, erst kürzlich wurde sie vom DFB zur "Schiedsrichterin des Jahres" gekürt. Die feierliche Verkündung erfolgte beim Supercup der Frauen im August in Dresden – einem weiteren Highlight in der schnelllebigen Karriere von Michel.
"Ich glaube, dass wir da gar nicht mehr so lange warten müssen bei der Entwicklung, die sie gerade nimmt", erklärte daher auch Kircher mit Blick auf den Aufstieg in die Bundesliga der Männer.
"Für mich ist jetzt erstmal das Ziel, noch weitere internationale Einsätze zu machen", betont Michel selbst im SWR mit Blick auf ihre Laufbahn in den Frauen-Wettbewerben. Seit 2022 ist sie Fifa-Schiedsrichterin, auch beim DFB-Pokal 2023 war sie als Unparteiische im Einsatz.
Den Beruf der Schiedsrichterin hat sie eigentlich "aus Zufall" ergriffen, wie sie erzählt. In ihrer Heimat in Rheinland-Pfalz kickte sie zunächst selbst, pfiff dann dort erste Spiele.
Mittlerweile sind ihre Ambitionen aber doch einigermaßen konkret. "Wenn ich jetzt schon in der dritten Liga bin, möchte ich auch früher oder später in der zweiten Liga ankommen", schmunzelt sie im Interview, angesprochen auf ihre Einsätze bei der Männer-Bundesliga.
Auch bei der Fifa versucht man sich mittlerweile zunehmend, mehr auf die Förderung von Frauen im Schiedsrichterwesen zu fokussieren. Erst vor wenigen Tagen wurde die Pionierin Steinhaus-Webb als "Leiterin der Frauenabteilung der Fifa-Schiedsrichtersubdivision" präsentiert.
"Mithilfe Bibianas herausragender Erfahrung als Wegbereiterin im Fußball und ihres tiefen Verständnisses der aktuellen Herausforderungen der Schiedsrichterinnen können wir die nächste Generation weiblicher Elite-Spieloffizieller ausbilden", erklärte Pierluigi Collina, Vorsitzender der Schiedsrichterkommission.