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FC Bayern: Was Thomas Tuchel aus dem Pokal-Aus für das BVB-Spiel lernen muss

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Die Bayern-Stars um Mathys Tel (l.) und Leroy Sané stellen sich nach dem Pokal-Aus gegen Saarbrücken den eigenen Fans.Bild: Imago Images / Fussball-News Saarland
Analyse

FC Bayern: Was Thomas Tuchel aus dem Pokal-Aus für das BVB-Spiel lernen muss

02.11.2023, 16:5402.11.2023, 17:14
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Regungslos reagierte Thomas Tuchel auf die Begrüßung von Saarbrückens Pressesprecher zur Pressekonferenz nach der 1:2-Niederlage im Pokal. Als sich der Vereinsvertreter dann direkt an den Bayern-Coach wandte, ihm die ersten Worte überlassen wollte und nach einer Erklärung für das "Unmögliche" fragte, reagierte Tuchel schmallippig. Er antwortete lediglich: "Fußball", drehte sich kurz weg und gab dann etwas gefasster die Erklärung für das Pokal-Aus.

Die kleine, aber doch sehr bedeutende Szene zeigt, wie es wohl um die Gefühlswelt des Bayern-Trainers und des ganzen Klubs steht: Schon wieder wird der Rekordmeister den Pokal nicht gewinnen. Schon wieder scheiden die Münchner in der 2. Runde aus, wie bereits zwei Mal in den vergangenen drei Jahren zuvor. Hießen die Gegner in den Jahren zuvor Freiburg (Viertelfinale) und Gladbach (2. Runde), war es nun, wie bereits 2020/21 ein unterklassiger Gegner. Damals Kiel als Zweitligist, jetzt Saarbrücken sogar aus der 3. Liga.

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Dabei fielen mehrere Dinge auf, die Thomas Tuchel in den Interviews und der Pressekonferenz nach Abpfiff ansprach. Die besondere Herausforderung für den 50-Jährigen: Bereits am Samstag spielt er mit seinem Klub gegen Borussia Dortmund. Verliert er dort auch, könnte es für den Coach ungemütlich werden. Deshalb wird Tuchel alles daran setzen, die Fehler seiner Spieler und seine eigenen in der kurzen Zeit auszumerzen.

FC Bayern: Harry Kane spielt (nicht) immer

Verwundert sahen viele Fußball-Fans während der zweiten Halbzeit, wie sich Bayerns-Topeinkauf und Torgarant Harry Kane in Saarbrücken warm machte. Am Ende wurde er nicht eingewechselt. Thomas Tuchel widersprach damit seinem eigenen Credo, das er kurz nach der Verpflichtung des englischen Nationalspielers ausgegeben hatte. Im Sommer hatte er noch zu einer möglichen Anpassungszeit von Kane gesagt: "Er trainiert mit uns und startet gegen Werder Bremen. Er spielt jedes Spiel, fertig aus."

Das tat er gegen Saarbrücken nicht, direkt verlor der FC Bayern. Fairerweise muss erwähnt werden, dass Kane auch in der 1. Runde gegen Preußen Münster (4:0) 90 Minuten auf der Bank gesessen hat. Damals zogen die Münchner aber souverän in die nächste Runde ein. Diesmal nicht. So muss sich Tuchel Kritik gefallen lassen. Seine Aussage, dass er bis zur Verlängerung mit einer Kane-Einwechslung warten wollte, kommt überheblich rüber.

Er traute den Saarbrückern einen weiteren Treffer beim Stand von 1:1 wohl nicht zu, bezahlte dafür Lehrgeld.

Für alle, die es mit den Bayern halten, gibt es eine gute Nachricht: Thomas Tuchel wird gegen den BVB am Samstag (18.30 Uhr) nicht noch einmal Kane über 90 Minuten auf der Bank lassen. Der Trainer ist sich selbst der enormen Rolle des deutschen Klassikers bewusst und weiß die Stärke von Dortmund einzuschätzen. Zumindest in der Hinsicht könnte es sogar ein Pluspunkt sein, dass Kane Pause hatte, da er nun erholt beim BVB spielen kann. Allerdings zu einem hohen Preis für die Bayern.

Bayern-Aufbauspiel passt unter Thomas Tuchel noch nicht

Am vergangenen Wochenende flog Joshua Kimmich nach einem unnötigen Dribbling im Aufbauspiel und dem anschließenden Foul vom Platz. Gegen Saarbrücken brachte Min-jae Kim den Drittligisten kurz vor dem Seitenwechsel wieder ins Spiel. Ein riskanter Pass auf Talent Frans Krätzig brachte den 20-Jährigen unter Druck, er verlor den Ball. Im Anschluss stellte sich Kim zusätzlich gegen Lukas Boeder nicht gut im Zweikampf an und ermöglichte so den Querpass auf den Torschützen Patrick Sontheimer.

Kurz nach Abpfiff hatte Tuchel bereits das Gegentor analysiert, gab Kim die Schuld für einen zu risikohaften Pass auf Krätzig und anschließend mangelhaftes Zweikampfverhalten. Das Tor könnte aber auch exemplarisch für die aktuelle Spielweise seines Teams stehen. "Wir spielen zu häufig in den Druck rein." Am "Sky"-Mikrofon führte er sogar aus: "Wir nehmen in Situationen immer noch Risiko, in denen wir Leute anspielen, die mit dem Rücken zum Feld spielen und kompletten Druck haben."

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Thomas Tuchel benannte nach dem Pokal-Aus klar, welche Fehler er gesehen hat.Bild: Imago Images / Fussball-News Saarland

Sich unter hohem Druck zu behaupten, ist gerade im Mittelfeld und mit dem Rücken zum gegnerischen Tor schwer, wird die Bayern aber sicherlich auch im Topspiel gegen Dortmund erwarten.

Neben dem Aufbauspiel scheinen die Bayern-Profis aber auch nach rund acht Monaten unter Tuchel noch nicht alle Vorgaben ihres Trainers umzusetzen. Er kritisierte, dass nach seinem Empfinden zu oft "longline", also an der Seitenauslinie entlang, gespielt werde und zu wenig "diagonal". Durch die fehlenden Seitenwechsel kommt die Hintermannschaft des Gegners nicht in Bewegung und kann sehr einfach kompakt stehen.

Vor allem Quantität fehlt im Bayern-Kader

An beiden Dinge, die in Saarbrücken nicht gut liefen, wird Tuchel vor dem BVB-Spiel am Samstag arbeiten können: Kane wird in einem der wichtigsten Bundesliga-Spiele von Beginn an spielen und auch die Spielweise im Aufbau kann er seinen Profis noch einmal ins Gedächtnis rufen. Er muss hoffen, dass sie seine Anweisungen besser umsetzen. Eine andere Sache kann er so kurzfristig aber nicht beeinflussen: die Kaderqualität und -quantität.

Es ist ein leidiges Thema bei den Bayern. Im Sommer hatte es, besonders von Tuchel angestoßen, die Dauerdiskussion gegeben, ob der Bayern-Kader für die hohen Ansprüche der Münchner ausreicht. Es soll sogar zum Streit zwischen dem Trainer und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß gekommen sein. Zuletzt hatte der langjährige Bayern-Boss gesagt, dass die öffentlichen Äußerungen Tuchels "unklug" seien.

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Thomas Tuchel und Uli Hoeneß haben sich nach dem Kader-Zoff wieder ausgesprochen.Bild: dpa / David Inderlied

Mittlerweile scheint die Meinungsverschiedenheit beigelegt. Die Quantität fehlt trotzdem im Bayern-Kader. Mit Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano fehlen zwei nominelle Stamminnenverteidiger, dazu kommt Abwehr-Talent Tarek Buchmann. In der Innenverteidigung hat Tuchel gegen den BVB eigentlich nur Kim zur Verfügung. Im defensiven Mittelfeld fehlt Kimmich gesperrt, Leon Goretzka ist nach seinem Mittelhandbruch mindestens fraglich. Auch hier wird die Personaldecke dünn.

"Wir müssen eine Lösung finden, um gegen Dortmund bestehen zu können."
Thomas Tuchel richtet nach dem Pokal-Aus gegen Saarbrücken den Blick auch vor aufs Topspiel.

Trotzdem hat sich Tuchel nach der Saarbrücken-Pleite nicht zu einer neuerlichen Forderung nach Zugängen hinreißen lassen. Als er zur Verletzung von Matthijs de Ligt befragt wurde und welche Konsequenzen das für die Startaufstellung für das Dortmund-Spiel habe, antwortete er klar: "Wir müssen eine Lösung finden, um gegen Dortmund bestehen zu können. Wir haben zwei Tage, um uns vorzubereiten."

Zur dünnen Personaldecke fügte er außerdem an, dass es nun "nicht der Moment" sei, "Vorwürfe zu machen, und auf gar keinen Fall öffentlich". Gerade der letzte Zusatz macht aber auch klar, dass sich Tuchel jetzt in seinen Forderungen bestätigt fühlt. Öffentlich wird er die Forderung nach Neuzugängen wohl bis zum Wintertransferfenster meiden. Intern jedoch kann er den Bossen nun genau aufzeigen, woran es gelegen hat und dass er sich schon vor dem Pokal-Aus dieser Schwächen in der Kaderplanung bewusst war.

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Jamal Musiala ist im Februar gerade einmal 21 Jahre alt geworden, seine Titelsammlung aber kann sich schon jetzt sehen lassen. Dort finden sich bereits vier Deutsche Meisterschaften, die letzte sicherte er 2023 mit seinem Siegtor gegen den 1. FC Köln höchstpersönlich.

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