Julian Nagelsmann wird nach 18 Monaten als Trainer des FC Bayern entlassen. Bild: AP / Martin Meissner
Analyse
Carlo Ancelotti, Niko Kovac, Hansi Flick und nun Julian Nagelsmann: Die Liste an Trainern beim FC Bayern, die nicht einmal zwei Jahre im Amt waren, ist um einen Namen länger geworden.
Doch es gibt einen Unterschied bei den Trainerwechseln: Flick verkündete seinen Abgang selbst am Sky-Mikrofon, Ancelotti und Kovac wurden ziemlich klar von den Bayern vor die Tür gesetzt. Bei Julian Nagelsmann ist der FC Bayern nun zu seinem Image des "FC Hollywood" aus den 90er und 2000er Jahren zurückgekehrt.
Denn während die Fußball-Welt am Donnerstagabend bereits über das feststehende Aus des Trainers berichtet hatte, wusste der Betroffene davon noch nichts. Nagelsmann war im Skiurlaub in Österreich, wurde vom "kicker" mit den Informationen konfrontiert und erklärte, nichts vom Klub gehört zu haben.
Von Vereinsseite war bis zum Freitagmittag zu diesem Thema weiterhin nichts zu vernehmen. "Das Verhalten der Bayern-Bosse wirkt erratisch und beschädigt die Marke FC Bayern", kritisiert Markenexperte Christopher Spall im Gespräch mit watson.
Globale Marken wie der FC Bayern würden vor allem davon leben, dass sie berechenbar sind und so Seriosität ausstrahlen. "Das aktuelle Verhalten verkörpert jedoch das Gegenteil und zerstört Vertrauen", sagt Spall weiter.
Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update!
Hier findest du unseren
Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne
hier auch auf Instagram.
Bayern-Bosse gaben Nagelsmann seit Monaten Jobgarantie
Denn noch vor wenigen Wochen haben die Bayern-Bosse immer wieder öffentlich deutlich gemacht, dass sie hinter ihrem Trainer stehen und das Projekt mit ihm langfristig angelegt sei.
Schließlich holten sie Nagelsmann vor rund 18 Monaten für die Rekordablösesumme von 25 Millionen Euro von RB Leipzig nach München und statteten ihn mit einem Fünfjahresvertrag aus. Der 35-Jährige sollte in München eine Ära prägen.
Die Bayern-Bosse Herbert Hainer, Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn gaben Nagelsmann eigentlich eine Job-Garantie.Bild: IMAGO/ActionPictures
Selbst ein Aus im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris hätte die Jobsicherheit nicht erschüttert, wie Vorstandsboss Oliver Kahn noch vor dem Rückspiel betonte.
Sportvorstand Hasan Salihamidžić polterte noch im Februar: "Es nervt mich! Es ärgert mich! Alle Diskussionen sind unnötig. Ich wünsche mir, dass man unseren Trainer in Ruhe arbeiten lässt!"
Und noch am Montag beteuerte Präsident Herbert Hainer im "kicker": "Wir planen mit ihm langfristig, haben das mit einem Fünfjahresvertrag dokumentiert, weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen." Und fügte hinzu: "Die Trainer-Diskussion zwischendurch kam von außen, die haben nicht wir vom Zaun gebrochen."
FC Bayern agiert plötzlich wie Chelsea oder Paris Saint-Germain
Statt Aufbau folgte nun der Einsturz. "Die Frage wird sein, wie langfristig und wie nachhaltig ist das Management des FC Bayern noch?", zweifelt Markenexperte Spall am Einschätzungsvermögen der Bayern-Bosse Hainer, Kahn und Salihamidžić.
"Es erinnert mich an Verhältnisse, die wir sonst von kurzfristig motivierten Entscheidungen von Klubs wie Chelsea London und Paris Saint-Germain kennen." Ausgerechnet die Vereine, bei dem Nagelsmann-Nachfolger Thomas Tuchel zuvor entlassen wurde.
Dass der FC Bayern nun zu solchen kurzfristigen Entscheidungen neigt, wirkt auf den ersten Blick befremdlich.
Markenexperte Christopher Spall kritisiert das Vorgehen der Bayern-Bosse.Bild: spall.macht.marke / spall.macht.marke
"Über die Entscheidung lacht man in Liverpool oder Freiburg. Diese Klubs haben über Jahre hinweg eine klare Philosophie und den Menschen wird Zeit gegeben, zu wachsen. Genau diese Erwartung durfte man vor 18 Monaten auch bei seiner Verpflichtung haben."
Schließlich sei das aufgrund des jungen Alters zwar eine mutige Entscheidung des Klubs gewesen, dennoch passte sie genau in die DNA: "Langfristiges, überlegtes Management", definiert Marken-Experte Spall die Maxime, die unter den ehemaligen Vereinsbossen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge galt. Das sei mit dieser Entscheidung nun nicht mehr der Fall:
"Diese DNA des FC Bayern wird mit Füßen getreten und die Markenreputation nachhaltig beschädigt."
FC Bayern: Nagelsmann-Entlassung sorgt für Ratlosigkeit
Gerade unter Hoeneß und Rummenigge hätte der Verein langfristige Strategien gehabt und im Duell mit den finanzstarken Klubs aus England und Spanien immer auf das eigene Festgeldkonto verwiesen. Dadurch waren in regelmäßigen Abständen teure, aber sinnvolle Spielertransfers möglich. Der Klub verschuldete sich nie und neigte auch nicht zu unbedachten Handlungen, die für eine finanzielle Schieflage gesorgt hätten. "Hoeneß' Festgeldkonto war Symbol dieser langfristig motivierten Grundhaltung", sagt der Markenexperte.
Laut "Sky"-Informationen sei Nagelsmann vor allem an der Inkonstanz des Teams, die seit Rückrundenstart zehn Punkte auf Borussia Dortmund eingebüßt hat, und der mangelnden Entwicklung der Spieler gescheitert. Zudem soll die Bosse sein Skiurlaub trotz der 1:2-Niederlage gegen Leverkusen verwundert haben.
"Wenn die Entscheidung kurzfristig, sportlich motiviert ist, dann ist es genau das kurzfristige Management, das man immer in der Ära Hoeneß/Rummenigge an den Klubs aus Manchester und Madrid kritisiert hat. Es werden die Wege eingeschlagen, über die man sich ansonsten mit Blick auf das eigene Festgeldkonto lustig gemacht hat", rechnet Spall mit den aktuellen Bossen ab.
"Die Entscheidung lässt Fans, die Konkurrenz und Nagelsman selbst fragend zurück."
Noch sechs Rennen, dann ist die bisher längste Formel-1-Saison der Geschichte mit insgesamt 24 Grand Prix offiziell beendet. Und zum ersten Mal seit drei Jahren ist es im Kampf um den WM-Titel so spannend wie lang nicht.