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BVB: Bleibt das Trauma? Die Dortmund-Baustellen vor dem Bundesliga-Start

BVB-Trainer Edin Terzić zeigt sich nach der verspielten Meisterschaft im eigenen Stadion enttäuscht.
BVB-Trainer Edin Terzić zeigt sich nach der verspielten Meisterschaft im eigenen Stadion enttäuscht.Bild: Imago Images / Moritz Müller
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Trauma oder Steh-auf-Moment? Die BVB-Baustellen vor dem Bundesliga-Start

18.08.2023, 12:4219.08.2023, 15:36
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Gerade mal 85 Tage ist es her, dass der BVB am Boden lag. In letzter Sekunde verspielten Trainer Edin Terzić und seine Mannschaft Ende Mai die Meisterschaft. In der Woche zuvor wurde Dortmund feiersicher gemacht. Parkverbotsschilder wurden aufgestellt, der legendäre Borsigplatz vorbereitet für die erste Meisterfeier seit elf Jahren. Am Ende alles umsonst.

Trotzdem sorgten die BVB-Fans nach Abpfiff für Gänsehaut-Stimmung, versuchten ihre Helden durch Gesänge aufzumuntern. Für Marco Reus steht rückblickend fest, dass dieser Moment ein "geiler Startschuss für die neue Saison" sei, wie er im vereinseigenen Podcast erzählt. Vielmehr sieht er das größere Ganze: "Was wir erreicht haben: Die Gemeinschaft mit den Fans. Das ist ein großer Pluspunkt. Wir hatten alle dasselbe Gefühl, dass es einen Schulterschluss gibt."

BVB-Weg gegen das Meisterschafts-Trauma

Damit gibt Reus schon die Antwort auf eine Frage, die über der kommenden BVB-Saison schwebt. Traumatisiert die Enttäuschung der verlorenen Last-Minute-Meisterschaft die Dortmunder oder setzt sie ungeahnte Kräfte inklusive einer Jetzt-erst-recht-Stimmung frei?

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Edin Terzić hat da seinen eigenen kleinen Trick, wie er mit dieser Fragestellung umgeht. Im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF verriet er kurz vor dem neuen Bundesliga-Start: "Wir haben uns vorgenommen, dass es in der nächsten Woche nicht losgeht, sondern dass es in der nächsten Woche weitergeht." Denn: Im Jahr 2023 ist die Borussia das erfolgreichste Team in der Bundesliga, holte 46 von 57 möglichen Zählern.

Wenn Terzić mit seinem Team also diesen Schnitt auch im zweiten Halbjahr 2023 hält, werden die Dortmunder mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tabelle der Bundesliga anführen. Dass seine Spieler da voll mitziehen, hat der 40-Jährige in der Sommerpause überprüft: "In jedem Telefonat hat mir jeder einzelne Spieler vermittelt, dass er es kaum erwarten kann, noch mal einen neuen Versuch zu starten."

BVB-Transfers entpuppten sich bisher als Volltreffer

Auf einen seiner prägenden Spieler der letzten Jahre muss Terzić allerdings verzichten: Der englische Nationalspieler Jude Bellingham wechselte nach insgesamt drei Jahren in Dortmund für über 100 Millionen Euro zu Real Madrid, soll da zum Gesicht der nächsten erfolgreichen Generation werden.

Neben dem Bellingham-Abgang schmerzt sicher auch der Wechsel von Raphaël Guerreiro zum direkten Konkurrenten nach München. Davon abgesehen wurde durch die Wechsel von Ansgar Knauff, Mahmoud Dahoud, Felix Passlack und Nico Schulz der Kader ausgedünnt. Zusätzlich lief der Vertrag von Anthony Modeste aus.

Auch die Verpflichtungen von einigen neuen Spielern tütete Sportdirektor Sebastian Kehl bis zum Bundesliga-Start ein. Marcel Sabitzer, der sich in zwei Jahren bei den Bayern nicht durchsetzen konnte, kam für 19 Millionen Euro zum BVB. Er soll die Bellingham-Lücke füllen und zeigte bereits in der Vorbereitung, dass er dazu im Stande ist. Nach dem 3:2-Sieg gegen Manchester United während der USA-Reise bekam Sabitzer von seinem neuen Trainer ein großes Lob ab: "Genau das haben wir uns vorgestellt, bevor wir ihn verpflichtet haben. Jetzt geht es darum, dass wir das regelmäßig sehen."

Neben Sabitzer kam Ramy Bensebaini ablösefrei aus Gladbach, um die linke Abwehrseite zu verstärken. Dazu holte der BVB Felix Nmecha vom VfL Wolfsburg für 30 Millionen Euro. Es ist ein Transfer, der für viel Diskussionen gesorgt hatte. Nmecha stand bereits vor dem Wechsel nach Dortmund in der Kritik, weil er homophobe und transfeindliche Inhalte auf Instagram geteilt hatte. Die BVB-Fans liefen bei den ersten Gerüchten und bei der Bekanntgabe des Wechsels Sturm.

Die Klub-Bosse hingegen betonten mehrfach, dass sie mit Nmecha über die Werte gesprochen hätten, die die Borussia vertrete und der Spieler sich dazu bekannt habe. Angeblich soll der Vertrag des DFB-Stars sogar eine Social-Media-Klausel beinhalten. Leistet sich der 22-Jährige eine Verfehlung, droht eine Strafe in Millionenhöhe.

"Wir haben zwar zwölfmal zu null gespielt, mit insgesamt 44 aber zu viele Gegentore kassiert. Hier sollten wir uns steigern."

Im Gespräch mit watson hat Dazn-Moderator Alex Schlüter dazu gesagt, dass er hoffe, dass sich Nmecha tatsächlich Gedanken gemacht habe und das Thema "nicht nur in den Gesprächen abgenickt" habe. Zumindest ein Teil der Dortmund Fans gibt Nmecha wohl eine Chance. Bei der offiziellen Saisoneröffnung am 6. August wurde Nmecha im eigenen Stadion mit Applaus begrüßt. Im anschließenden Test gegen Ajax Amsterdam erzielte er zwei Tore. Pfiffe? Fehlanzeige.

Borussia Dortmund: Defensive als großes Problem

Abgesehen von umstrittenen Transfers haben die Dortmunder Verantwortlichen aber auch eine spielerische Schwäche aus der vergangenen Saison ausgemacht. "Wir haben zwar zwölfmal zu null gespielt, mit insgesamt 44 aber zu viele Gegentore kassiert. Hier sollten wir uns steigern", analysierte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in der "Sport Bild".

Dass die Dortmunder die Defensiv-Probleme allerdings noch nicht ganz unter Kontrolle haben, zeigte sich jüngst im DFB-Pokal gegen Regionalligist Schott Mainz. Gerade in der ersten Halbzeit war der BVB nach Standard-Situationen anfällig, ließ zwei Großchancen und ein Gegentor zu. Erst im zweiten Durchgang verbesserte sich die Spielanlage. Mahnend stellte Trainer Edin Terzić nach der Partie fest: "Darüber werden wir reden."

Neben den Problemen in der Abwehr könnten aber besonders zu Beginn der Rückrunde auch Probleme im Sturm auftreten. Dann wird Sébastien Haller für die Elfenbeinküste beim Afrika Cup (13. Januar bis 11. Februar) teilnehmen und könnte bis zu sechs Spiele fehlen.

Als Alternative hätte Terzić dann nur noch Sturmtalent Youssoufa Moukoko im Angriff zur Verfügung, was zumindest dem Trainer nicht reicht. Der möchte auf jeden Fall einen Angreifer, der Hallers Statur mit 1,91 Metern ähnelt. Aktuell lotet der BVB noch Optionen aus. So kursieren Namen wie der Ex-Mainz-Stürmer Jean-Philippe Mateta, Fábio Silva von Wolverhampton oder Toni Martínez vom FC Porto.

Barnet v Crystal Palace, Pre Season Friendly, The Hive Stadium, London, UK - 11th July 2023 Jean-Philippe Mateta of Crystal Palace. - Barnet v Crystal Palace, Pre Season Friendly, The Hive Stadium, Lo ...
Jean-Philippe Mateta (l.) spielte zweieinhalb Jahre für Mainz 05 bevor er zu Crystal Palace wechselte.Bild: Imago Images / Crystal Pix

Die große Schwierigkeit laut Sport1 ist es allerdings, der möglichen Neuverpflichtung klar zu machen, dass sie sich hinter Haller einreihen müsse. Gleichzeitig würden sich durch einen neuen Stürmer auch die Einsatzchancen von Eigengewächs Moukoko verringern. Denkt man an die zähen Verhandlungen zur Vertragsverlängerung, könnten dem BVB dann Unruhen drohen.

Unruhen, die der Verein eigentlich vermeiden will. Vor allem, nachdem der Schulterschluss mit den Fans am letzten Spieltag der vergangenen Saison gelang. Gerade für diese Aktion der Fans zeigte sich Terzić im "Aktuellen Sportstudio" zuletzt dankbar und kündigte an, dass diese Vereinsliebe keine Einbahnstraße sei: "Es bedeutet auch, dass wir dafür Verantwortung übernehmen müssen und mit guten Leistungen in der Zukunft zurückzahlen." Damit will die Borussia beim Liga-Auftakt gegen Köln am Samstagabend anfangen.

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